Agegrouper-Story Ironman Neuseeland (Teil 2): Die Prerace-Week in Taupo

von Markus Millfahrt für tri2b.com | 10.03.2009 um 17:45
Die letzte Tage vor einem Ironman sind immer etwas ganz Besonderes. Mit bestimmten Ritualen soll die Form für den Wettkampftag bestmöglich zugespitzt werden. Markus Millfahrt erzählt in seinem Blog wie ihm das fernab der Heimat gelungen ist..

Montag, 2. März
Habe mir mal einen freien Tag vom Training gegönnt. Muss ja auch mal sein. Damit es nicht nach faulenzen aussieht, wird es unter Triathleten auch Tapering genannt. War auf jeden Fall ein lässiger Tag im kleinen Örtchen Taupo. Shoppen, Lunch am See, rumhängen und ein Buch lesen. Abends hatte ich noch eine Klasse Unterhaltung mit Karin. Sie fotografiert gerne und hat mir noch ein paar Foto aus ihrem Urlaub aus Korea und Japan gezeigt. Wäre ja auch mal eine Reise wert.

 

Dienstag, 3. März - Geburtstag
Tagsüber bin ich mit meinem Zimmernachbar Patrick auf eine 60 Kilometer lange Besichtigungstour über die Wettkampfstrecke gefahren. Gar nicht so übel, was Patrick drauf hat; mit seinen 80 Kilogramm bei einer Körpergrösse von 1,63 cm sind die Maße seiner Waden und Oberschenkel wirklich imposant. Wenn es an eine Steigung geht, habe ich mit meinen 71 Kilogramm bei 1,83 Meter aber ein paar Vorteile. Auch wenn wir in einer anderen Altersklasse sind und ich eine andere Zielsetzung und andere Traingsmöglichkeiten als Patrick habe.

Patrick ist Student und arbeitet/studiert drei Tage die Woche, den Rest hat er Zeit zum trainieren. Er will sich in seiner Altersgruppe im August für Hawaii qualifizieren. Eine Silbermedaille über 200 Meter Schmetterling bei den nationalen Meisterschaften von Canada hat er ja schon gewonnen. Er hat später in 13:30 Stunden gefinisht und einen echt harten Sechs-Stunden-Marathon gehabt.

Ich bin eher in meinem Beruf verhaftet und versuche durch eine gute Zeit und Trainingsplanung meine Wettkampfergebnisse zu verbessern. Andere Dinge wie beispielsweise meine Freundin oder Familienausflüge in die Berge sollten meiner Meinung auch ihre Zeit finden.

Surprise, Surprise, mein Geburtstag. Einen Walnut and Banana-Cake (selbst gebacken) habe ich von Lucy bekommen. Die Kerzen darauf waren echt tricky, sind immer wieder angegangen. Den Rest vom Abend habe ich dann noch mit Karin auf der Couch verbracht. Sie stammt aus Suedkorea und lebt seit 13 Jahren in Neuseeland. Einfach eine tolle Frau, mit der ich mich super unterhalten kann.

Mittwoch, 4. März
Morgens sind wir zum Lake Taupo gefahren und sind um 8 Uhr schwimmen gegangen. War nicht schlecht, zumindest hat es sich nicht schlecht angefühlt, obwohl ich mit meinem anderthalb Jahr altem Orca Apex nicht so wirklich viel Spaß hatte. Er ist halt im Schritt gerissen und mit dem eindringenden Wasser ist es nicht so toll. Aber die Expo hatte ja schon geöffnet. Auf zum Blue Seventy-Stand, habe ich erst mal einen Helix im Pool ausprobiert. Dabei habe ich gerade noch ein paar Tipps für meine ausbaufähige Schwimmtechnik bekommen. Da Blue Seventy ein Sponsor von Dirk Bockel ist und er ein gutes Wort für mich eingelegt hat, habe ich von Guy (dem Geschäftsführer) ein richtig gutes Angebot bekommen. Super Wetsuit, passt. Und selbst Patrick hat einen gekauft, da jetzt schon feststand, dass man einen Wetsuit tragen muss. Ach ja die Wettkampfunterlagen haben wir auch gleich mal abgeholt.

Donnerstag, 5. März
Der letzte Ruhetag. Heute haben wir unsere Bikes und Wettkampfunterlagen in Form gebracht. Abends ging es zur Pasta Party. Es wurden noch ein paar einstimmende Bilder vor dem Rennen gezeigt. Die Spannung auf das Rennen wuchs mehr und mehr. Als Sportler Zeit zu haben und nicht seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, ist halt auch nicht immer das Optimale. Aber es gibt ja Karin. Mittlerweile übernachte ich bei ihr im Zimmer, Patrick schnarcht. Und wer würde nicht ein hübsches Mädel einem schnarchendem Kanadier vorziehen und wen interessiert schon der Aspekt Schlaf. Bei mir steht immer noch nicht fest, welche Kleidung ich tragen werde. Ist halt noch kein Wetter vorauszusehen.

Freitag, 6. März
Der letzte Tag vor dem Rennen. Mensch, heute schifft es aber aus allen Kübeln. Was willst du machen. Irgendwie sollten wir auch mal wieder einen Wechsel proben. Der letzte Triathlon war im Juli. Also nichts wie zum Strand und man beachte die anderen zahlreichen Athleten. Ich bin nach 20 Minunten Schwimmen gleich mal 40 Minuten im strömenden Regen Rad gefahren. Mir hat es nichts ausgemacht. Für Patrick war es nicht so gut. Das Race Briefing war um 9 Uhr und wir mussten uns ein bisschen sputen. Somit fiel der Test für ihn flach.

Den Rest vom Tag hatten wir dann nur noch mit dem hochlegen der Beine zu tun. Gegen 15 Uhr habe ich dann mein Rad in die Wechselzone gebracht. Wer jetzt aber an die Größe der Wechselzone von Frankfurt denkt, den muss ich eher enttäuschen. Es ist von der Professionalität und Größe eher mit dem Allgäu-Triathlon zu vergleichen. Wobei dieser Event auch von den freundlichen Leuten und der Herzlichkeit des Veranstaltungsortes lebt.

Raceday, 7. März
Aufstehen war um 4:35 Uhr. Respekt vor den Leuten, die täglich für ihre Trainingseinheiten so früh aufstehen. Anziehen, Sachen ins Auto und nichts wie zum Startbereich. Das Fahrrad in aller Ruhe mit allem Nötigen ausgestattet, meine Drinks angebracht. Ich nehme lieber meine gewohnte Brause. Die Brühe, die hier ausgeschenkt wird, ist ja wirklich nur im Notfall zu genießen. Dann die Zwischenverpflegung abgegeben – was ein riesiger Vorteil gegenüber Frankfurt ist.
Und dann runter zum Schwimmstart. Den Hacka der Maoris habe ich leider nicht live (dafür später auf Youtube) sehen können. Ich habe dann mal einen Kiwi gefragt, ob er mir helfen kann, meinen Wetsuit zu schließen. Fast hätte er es sogar geschafft. Eben nur fast, er stand oben ein bisschen offen. In der kurzen Zeit war es auch nicht mehr zu richten. Also nichts wie rein ins Wasser. Startschuss mit einer Kanone und los ging es.

Gefüllter Wetsuit
Immer schön Abstand von den Massen. Tritte und Schläge kann ich nicht gebrauchen. Auf der Hälfte der Strecke merke ich, wie sich der Wetsuit auf einmal mit Wasser füllt und es ziemlich kalt am Rücken wird. Hat der Suit sich doch tatsächlich schon jetzt geöffnet. Ein bisschen früh für meinen Geschmack. Wer es mal ausprobieren mag, ist ungefahr das Gefühl, als wenn würde man eine Einkaufstüte im Wasser hinter sich herziehen.

Also noch mehr Konzentration auf die Technik. Dafür hat die Orientierung ein bisschen auf der kerzengraden Strecke gelitten. Waren schon ein paar Zick Zacks drin. 1:30 Stunde stand auf der Uhr. Mensch, noch schnell die 15 Minuten der Profis abziehen. 1:15 ist doch ganz okay für die Umstände. 600 Meter zur Wechselzone sind nicht gerade wenig. Und ich auch schon ein paar Athleten überholen, wir sind ja nicht bei einem Samstagsspaziergang.

Immer locker bleiben
Ab aufs Rad und los ging es. Lief ja ganz gut und siehe da, die Strasse ist auch fertig geworden. Ist aber eher mit dem Kopfsteinpflaster von Deutschland zu vergleichen. Der Windschatten wird hier auch etwas anders gemessen, 7 Meter vom Vorderrad bis zum nächstem Vorderrad. Und ich habe mich die ganze Zeit über die kurzen Abstände und die Großzügigkeit der Wettkampfrichter gewundert. Ich habe zwar jeden Krempel vorher gefragt, dass hatte ich aber gerade nicht im Repertoire. Wenn die Wettkampfrichter denn mal eine Gruppe gesehen haben, sind sie auch gnadenlos dazwischen gegangen. Kann mir einer erzählen was er will, sechs bis sieben Meter hinter einem Vordermann fährt es sich angenehmer als im Wind. Auf den Rückweg nach Taupo, bergab, hatte ich die Möglichkeit, Kette rechts/rechts zu fahren. Irgenfwie wollte die Schaltung dann nicht mehr. Ich habe mich schon darauf eingestellt das Rennen mit zwei Gängen zu fahren. Irgendwann kannst du nur noch gelassen mit allem Umgehen. Siehe da, nach 10 Minuten ging die Schaltung wieder. Also, immer locker bleiben.

Zwischen Kilometer 90 und 140 war es denn vorbei. Ich war an der Reihe, ein paar Löcher zu zufahren. Gegen den Wind war die ganze Sache ganz schön anstrengend.
Ein Kiwi hat mich dann noch mal nach dem Führenden gefragt, Dirk Bockel war vorne. Sah wohl gut aus nach den Worten des Kiwis. Der war sich an diesem Zeitpunkt aber schon sicher, dass Cameron Brown ihn beim Laufen überholen würde, was sich auch bestätigte. Zurück habe ich dann wieder ein paar tüchtige Jungs gehabt, mit denen ich mich in der Rhythmusführung abwechseln konnte. Bei den Hügeln kann ich meistens ein paar Platzierungen gut machen und die Jungs mit den Scheibenrädern, Aerohelmen und Zeitfahrlenkern überholen. Am Ende der Radstrecke ist mir gerade noch ein Suv mit Bootsanhänger vor die Nase gefahren. Na, das war knapp. Nach 5:38 ging es in die Wechselzone.

Das gibt’s nur in Neuseeland
Rein in die Wechselzone. Siehe da, wer hilft mir beim Umzuziehen. Eine etwa 20 jährige Blondine. Das findest du auch nur in Neuseeland, ein Mädel im Männerzelt. Da ich eher Wert auf Komfort beim Laufen lege, bin ich es gewohnt mich komplett umzuziehen. Und eine Boxershorts trage ich nun auch nicht unter meiner Radhose. Sie hat sich dann auch umgedreht, als ich meine Kleider habe fallen lassen.

Rauf auf die Laufstrecke und rein in die Superstimmung. Die Strecke führt am See entlang, durch die Stadt und raus auf den Highway. Ein paar Hügel sind drin und man sollte schon ein paar Kilometer vorher gelaufen sein. Reinlaufen war gewöhnungsbedürftig. Nach etwa vier Kilometern hatte ich dann meinen Rhytmus. Immer schön an den Vordermann ansaugen und stehenlassen. Klappt doch ganz gut, die Form scheint ja ganz okay zu sein. Zumindest für meine Möglichkeiten.

An die Gels hier muss man sich auch erst mal gewöhnen. Sind halt noch die alten Power Bar-Dinger. Meiner Meinung nach fühlen die sich an wie Kleister im Mund. Egal, das Zeug muss rein. Bei Kilometer 17 habe noch Cameron (er war auf Km 34) gesehen. Sah noch ziemlich frisch aus. Auf Platz eins und ein gutes Tempo drauf. Cirka einen Kilometer dahinter habe ich dann Dirk erkannt. Kurz angefeuert und dann kam auch schon Jan Raphael. Ich dachte, Jan wäre größer, macht ja nichts, hat auch Vorteile, er ist auf jeden Fall auf einer guten Position und schnell unterwegs.

Vielleicht sollte ich mich mal verausgaben
Bei Kilometer 29 muss ich mal eine Geh- und Stretchpause für 500 Meter einlegen. Meinem Magen ging es nicht so gut. Ob es am Gel lag? Von dem Zeug habe ich ab da nichts mehr rein bekommen. Cola war jetzt die einzige Energiequelle. Was soll es, ich werde meinen Koerper schon wieder in Schwung bringen und die letzten Kilometer werde ich auch noch runterlaufen können. Geht doch, bis Kilometer 34, da läuft einer an mir vorbei und ich höre schon das Würgen auf mich zu rennen. Jetzt nichts wie vorbei, ja das Kotzen war dann hinter mir und ich musste es nicht mit ansehen. Nicht dran denken, sonst kommt mir die Brühe auch noch hoch. Hatte doch beim Radfahren schon einmal Mageninhalt aufstoßen müssen.

Die letzten Kilometer liefen dann super, 3:32 für den Marathon waren absolut in Ordnung. Von zwei Kiwis im Ziel bin ich bis zum Wiegen begleitet worden. 10:38 Stunden für das komplette Rennen, 46. in der Altersklasse und 221. insgesamt von etwa 1.300 Startern kann sich sehen lassen. Und ich hatte gleiche Gewicht, das ich auch zwei Tage vor dem Wettkampf (morgens) hatte. Vielleicht sollte ich mich mal verausgaben. Spaß beiseite, ist schon kein einfacher Ironman mit Wind und ein paar Höhenmetern beim Laufen.

Dirk habe ich dann auch noch im Ziel gesehen, er ist als Dritter rein gekommen, war ganz schön fertig. Dann gab’s ein bisschen was zu Futtern. Viel habe ich aber nicht rein bekommen. Karin konnte ich im Ziel nicht finden. Also zur Wechselzone, Rad und Wechselbeutel abgeholt und die drei Kilometer heimgeradelt. Meine Sachen sortiert und dann nichts wie unter die Dusche. In der Wechselzone habe ich keine gefunden.
In der Nacht habe ich dann auch nicht wirklich viel Schlaf bekommen können. Ist doch ein Phänomen, wenn man eine neue Freundin hat. Du schläfst kaum und bist trotzdem immer fit.

Neue Freundin, längerer Aufenthalt
Am nächsten Tag war dann die Abendveranstaltung mit der Preisverleihung und den Ehrungen. Das Herausragendste neben der Finisher-Rate von 98 Prozent und dem neuen Streckenrekord von Cameron war wohl, dass einer schon 25 von 25 Wettkämpfen gefinisht hat und das eine 60-Jährige Dame vor einem halben Jahr mit Schwimmen und Radfahren angefangen hat und ihren Ironman in 17:12 gefinisht hat. Alle Achtung, dass war wirklich ein langer Tag. Jeder Ironman kann halt seine ganz eigene interessante Geschichte schreiben.

Jetzt habe ich noch fünf Tage in Taupo. Meinen Aufenthalt habe ich hier wegen Karin noch etwas verlängert. Die Tage werde ich dann auch mit Besuchen von Thermalquellen, Saunas und Regenerationstrainings ausklingen lassen. Am 14. geht es zurück ins hoffentlich frühlingshafte Deutschland. Alles zusammen kann ich den Ironman Neuseeland jedem Interessierten empfehlen. Hier ist Sommer, wenn bei uns noch der Schnee liegt und die Kiwis sind richtig gelassen und super freundlich. Man muss halt ein ein Laecheln auflegen.

Für Karin (Studium in Pharmazie) versuche ich gerade eine Arbeitsstelle/Praktikum in Deutschland bei einer Pharmafirma oder anderweitig passendem Industrie zu organisieren. Sieht halt gerade in der Wirtschaft etwas mau aus. Falls jemand eine Idee oder Möglichkeit hat, bin ich da für jede Hilfe dankbar.

Wenn jemand Adressen haben möchte oder weitere Infos gebrauchen oder geben kann, dann kann er mich gerne unter: Markus.Millfahrt@gmx.de anmailen.