Challenge Fuerteventura: "I survived"

von Bernd-Uwe Gutknecht für tri2b.com | 01.05.2011 um 21:50
"Challenge Fuerteventura - I survived" steht auf den schwarzen Triathlon Finisher-Shirts, die wir nach 1,9 Kilometern Schwimmen, 93 Kilometern auf dem Rad und dem abschließenden Halb-Marathon im Ziel überreicht bekommen. Und hatte mir nicht auch Nicole Leder vor dem Wettkampf prophezeit: "Das wird ein Survival-Rennen"?

Dabei hatte sie vor allem die anspruchsvollen Strecken und den böigen Wind auf der Kanarischen Insel gemeint. Dass Fuerteventura aber immer für klimatische Überraschungen gut ist, wird mir spätestens am Wettkampfmorgen klar: Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker und zum ersten Mal in den vergangenen zwei Wochen, die ich hier trainierte, sind die Palmenwedel vor meinem Hotelzimmerfenster bewegungslos. Vor den bis zu 40km/h heftigen Böen hatten alle Athleten Angst gehabt. Und nun kein Windhauch, absolute Stille in der Playitas-Bucht!

Das Meer ist dementsprechend friedlich, Fuerteventura meint es bei der Challenge-Premiere also gut mit uns - noch! Knapp 200 Triathleten werfen sich um 8 Uhr in die spiegelglatte Wasseroberfläche, nach dem üblichen Hauen und Stechen bis zur ersten gelben Boje ist es ein angenehmer und dank der leichten Strömung auf dem Weg zurück zum Strand ein schneller Schwimm-Part. Im Sand stehen ein paar Dutzend Hotelgäste und feuern uns an. Die Helfer, die uns aus dem Wasser ziehen und den Weg zur Wechselzone weisen, sind die Kellner oder Rezeptionisten aus dem Hotel. Auch ein paar Gäste machen als Volunteers mit und freuen sich über ihre Gage: ein offizielles Challenge-Shirt!

Der Lauf auf rotem Teppich zu den Radständern ist lang genug, um das ausreichend geschluckte Salzwasser zu verdauen. Kurzer Blick auf die Uhr: oh, nur 30 Minuten, persönliche Bestzeit, dank der Strömung. Aufs Rad und sofort geht es bergauf. Flache Passagen gibt es auf Fuerteventura genauso wenige wie...Regentage, nämlich fast keine - dachte ich mir. Bis Kilometer 20: eine kleine, gelblich-graue Wolke zieht genau über uns hinweg und wirft zielgenau einen kräftigen Hagelschauer herab. Ich sehe keine drei Meter weit, bin durchnässt, die Eiskrümel kriechen hinten ins Radtrikot. Survival-Day Teil 1. Gut, dass es gleich 35 Kilometer lang bergauf geht und mir wohlig warm wird. Spätestens nach der 18-Prozent-Rampe sind auch die Füße wieder aufgetaut. Wer nicht auf Sekundenjagd ist, kann jetzt die herrlich wilde Lava-Landschaft genießen. Basaltgraue Felswände, dazwischen ockergelber und rötlicher Sand und ab und zu ein Kaktus. Unsere Zuschauer sind Schafe und Ziegen.

An den wenigen Kreuzungen sorgen Polizisten für einen reibungslosen Ablauf. Ich bedanke mich immer wieder bei ihnen: "grazias - de nada!" Schließlich wollen wir Triathleten ja wiederkommen. Ansonsten sind in dieser spärlich besiedelten Gegend kaum Menschen zu sehen. Nur in der einzigen größeren Ortschaft Pajara wartet eine große Menge: allerdings nicht auf verschwitzte und schwer atmende Sportler mit komischen Helmen auf seltsamen Fahrrädern, sondern am Kirchplatz auf ein Brautpaar!

Survival-day Teil 2 folgt auf der langen Abfahrt Richtung Playitas. Ich muss den Oberkörper voll gegen den Seitenwind legen, um nicht im Lavageröll zu landen. Und das bei 60 km/h. Da kriegt man schon mal Muffensausen. Nach fast 1.500 Höhenmetern auf der Panoramafahrt durch Vulkan-Canyons endlich der gewohnte Blick in die Playitas-Bucht. Und wieder überraschen mich die engagierten und professionell geschulten Helfer. Jeder Handgriff sitzt, keine Kinderkrankheiten bei der Premiere! Die Laufstrecke wurde so gewählt, dass die Teilnehmer auch jede Ecke des Playitas Ressorts kennenlernen, das als Hauptsponsor fungiert: Eine Runde über den Golfplatz, dann an der Strandpromenade entlang, an den exklusiven Villen vorbei und raus auf den rot geteerten Fahrradweg in die nächste Ortschaft Gran Tarajal. Ein hügeliger Kurs, der ungeschützt dem ziemlich stark auffrischenden Wind ausgesetzt ist. Am Wendepunkt im Yachthafen kann ich mir die Boote ganz genau anschauen, weil ich quasi auf der Stelle laufe: Survival-Day Teil 3!

Touristen in den Straßen-Cafes schlürfen Eis, ich würge mein letztes Gel runter. Der Endspurt, nochmals durch den Hotelpark, dann die letzten Meter auf dem roten Teppich ins Ziel. Knapp unter sechs Stunden, bei diesem Profil bin ich ganz glücklich über die Zeit. Mit Paella im Zielraum beginnen die vielen spanischen Starter jetzt ihre Fiesta. Und ich bedanke mich bei Nicole Leder für ihre treffliche Vorhersage eines Survival-Rennens".