DT Swiss ARC 1100 DICUT Scheibenrad im Praxistest

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 27.06.2022 um 17:54
Wumm, Wumm, Wumm … . Wer den dumpf wummernden Sound eines Carbon-Scheibenrads schon einmal gehört hat, der wird diesen so schnell nicht mehr vergessen. Eine Hinterradscheibe gilt seit jeher als die beste aerodynamische Laufradlösung – ganz egal ob Triathlon oder Einzelzeitfahren. Deshalb ist dieses Setup auch in den Profifeldern bei den allermeisten Triathlon-Rennen mit Windschattenverbot „state oft the art“. Wir haben die neue DT Swiss ARC 1100 DICUT Disc für Scheibenbremsen einem ausführlichen Praxistest unterzogen und sagen euch, ob der schwarze Carbon-Teller auch für ambitionierte Altersklassen-Triathletinnen und –Triathleten eine Empfehlung ist?

 

Das sagt DT Swiss über seine ARC 1100 DICUT Disc

Mit der ARC 1100 DICUT Disc hat der Schweizer Laufrad und Komponentenhersteller DT Swiss seine Aerolaufrad-Kollektion komplettiert. Wie bei den ARC 1100 und ARC 1400 Aerolaufrädern, die in den Felgenhöhen 50, 62 und 80 mm angeboten werden, lieferte Swissside die Expertise in Sachen Aerodynamik. Die in der Schweiz entwickelte und aufgebaute Scheibe wird allerdings nur noch für eine Scheibenbremsaufnahme produziert, da nur hier die Vorteile der breiteren Felge (20 mm Innenmaulweite) in Verbindung mit breiteren Reifen umsetzbar sind. So kann das auf 28 mm Tubeless-Reifen optimierte Scheibenrad mit niedrigerem Luftdruck gefahren werden, was zu einem geringeren Rollwiderstand und verbessertem Komfort führen soll. Grundsätzlich können Reifen zwischen 25 und 32 mm montiert werden (Tubeless und Clincher).

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Beim Material kommt nur das Beste zum Einsatz, was DT Swiss zu bieten hat. So dreht sich das Scheibenrad um eine DT Swiss 180er DICUT Nabe, mit Ratchet EXP Freilauf-System und superleichten SINC Keramiklagern, um eine maximale Haltbarkeit zu erzielen. Die Scheibe selbst besteht aus je acht gleichgroßen verklebten symmetrischen Carbonstücken. Das gewebte Carbon-Layup stärkt die Materialstruktur, während die ultraleichte eingesetzte Schaumstoffplatte die hohe Seiten- und Torsionssteifigkeit unterstützt.

Bei der Felge setzt DT Swiss auf eine Hakenkonstruktion, um bei der Reifenaufnahme maximale Sicherheit zu garantieren. Ein von der Felge springender Reifen bei einem nicht angepassten Luftdruck soll so sicher verhindert werden.

Schneller geht´s nicht!

Hinsichtlich der Aerodynamik verspricht DT Swiss eine Watteinsparnis von 1,8 Watt im Vergleich zum ansonsten besten Aerosetup mit 80 mm ARC 1100 DICUT Laufrädern (getestet auf einem Canyon Speedmax mit Conti GP 5000 TL 25c/28c bei 45 km/h). Der Aerovorteil gilt dabei sowohl für frontale und seitliche Anströmung. Bezahlen muss man dies mit nur knapp 100 g Mehrgewicht. Laut DT Swiss-Website liegt das Gewicht der Scheibe bei 1074 g. Bei unserer Test-Scheibe haben wir sogar nur 1035 g gemessen. Und im Vergleich zur Super 9-Disc der US-Konkurrenz Zipp konnte DT Swiss in seinen Tests ebenfalls einen leichten Aerovorteil herausmessen.

 

Unser Test:

Wir sind die DT Swiss Scheibe mit einem Scott Addict RC Pro gefahren und haben das Roadbike mit dem Syncros Creston IC SL Tri-Clip „Triathlon-tauglich“ gemacht (ein TT-Testbike mit Scheibenbremsen gab´s aufgrund von Lieferproblemen leider nicht). Die US-Amerikanerin Taylor Knibb fuhr übrigens im Vorjahr beim Collins Cup mit einem vergleichbaren Setup (Roadbike, TT-Aufsatz und Scheibe) die absolute Radbestzeit.

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Blicken wir zurück: Schon zu meiner aktiven Triathlon-Zeit gehörte ein Scheibenrad zur Setup-Option. Die Ultec Scheibe kam auch fast immer zum Einsatz, wenn nicht gerade „Monsterberge“ im Weg standen. Etwas nervig war allerdings das pfrimmelige Aufpumpen und beim Fahren war es vor allem mit der Seitensteifigkeit nicht allzu weit her. Außerdem hatte ich ehrlich gesagt etwas Respekt vor einem Plattfuß an der Scheibe. Deshalb verzichtete ich damals auch bei einigen Langdistanzen auf den Aerovorteil.

90iger Jahre Setup: Ultec 26 Zoll Scheibe  - © tri2b.com

Diese Punkte waren es deshalb auch, auf die beim Test ein besonderes Augenmerk gelegt wurde.

Pluspunkt: Einfache Reifenmontage!

Der Reihe nach: Die DT Swiss Scheibe kam „nagelneu“ ohne Reifen bei uns an. Aufgezogen wurde für die Testfahrten ein Conti GP 5000 Clincher in 28 mm. Die Montage ging easy ohne Reifenheber von der Hand. (Wir haben zum Test auch noch die Tubeless-Variante GP 5000 TL aufgezogen. Hier war für die Montage etwas Geschick und die Hilfe von Reifenhebern nötig).

Zum Aufpumpen mit der Standpumpe gibt es einen mitgelieferten Adapter. Dieser kann zur Sicherung auf das Ventil aufgeschraubt werden. Beim Aufpumpen selbst ist dann evtl. etwas Geduld gefragt, da über den Adapter das System nicht immer ganz dicht schließt und daher auch die Druckanzeige auf dem Manometer etwas ungenaue Werte liefern kann. Mit etwas Übung ist der „Fillup“ aber kein Problem und sollte auch im Rennbetrieb ohne zusätzlichen Adrenalinschub funktionieren. Wirklich elegant gelöst ist übrigens das Ventil-Cover, das aus einem Carbon-Plättchen besteht und mit einer 90-Grad-Drehung ohne Werkzeug geschlossen und geöffnet werden kann. Auf der Innenseite des Covers stehen zudem auch die maximal zugelassenen Luftdrücke.

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Ausprobiert haben wir auch die Demontage des Conti GP 5000 Clinchers. Dies gelang mit zwei Reifenhebern ohne Probleme beim ersten Versuch (der Conti GP 5000 TL konnte ebenso schnell aus dem Reifenbett gehoben werden, evtl. kann aber ein 3. Reifenheber nicht schaden). Zum Aufpumpen mit der Mini-Handpumpe bzw. CO2-Kartusche ist auch kein Ventiladapter nötig. Wichtig: Der Schlauch muss ein kurzes 40 mm Ventil haben, sonst wird’s schwer mit dem Aufpumpen! Mit diesem Reifensetup sollte also auch ein Reifenschaden genauso schnell wie bei einem Felgenlaufrad behebbar sein.

Spürbarer Komfort durch 28 mm-Reifen

Kommen wir zum Fahrbericht. Gleich bei der ersten Ausfahrt kamen die Statements der DT Swiss Ambassadors auf den Prüfstand, die allesamt der ARC 1100 DICUT Disc eine überragende Seitensteifigkeit attestieren. Harte Antritte oder All-Out im Wiegetritt. – ganz egal, es kam gefühlt auch bei uns die volle Power auf der Straße an. Mit den 28 mm-Reifen ist trotzdem der Dämpfungskomfort gegeben, insbesondere wenn man es sich traut beim Luftdruck etwas runterzugehen.

Kaum Mehrgewicht im Vergleich zu hohen 80er Felgen

Hinsichtlich des Gewichts liegt die Scheibe knapp 100 Gramm über dem Gewicht eines 80er Hinterrads. Auf einem super winkligen Kurs mit sehr vielen Antritten oder längeren Anstiegen jenseits der 10 % dürfte das spürbar sein, ansonsten nicht. Bei unseren Testfahrten in den Allgäuer „Rolling Hills“ sowie den dort immer wieder auftauchenden kurzen steileren „Schnappern“ rollte es durchgehend gut. Vielmehr war auffallend, dass gerade das typische Langdistanztempo (35-40 km/h) in flacheren Passagen bis zum leicht welligen Terrain spürbar leichter oben gehalten werden konnte. Umso deutlicher, wenn der Wind stetig von der Seite kam, denn dann wurde die Disc zum regelrechten Segel.

Mit Unterstützung der Scheibe gings dann auch (erfolgreich) auf KOM-Jagd. Zwei Strava-Krönchen konnten so auf Segmenten, auf der sich auch die meisten bekannten „Local-Strava-Heros“ schon verewigt hatten, eingesammelt werden.

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Ausprobiert haben wir auch noch die Design-Option. Neben den klassisch roten Decals sind noch drei weitere im Lieferumfang enthalten. Gold, Chrom und klassisch Schwarz. Hilfreich sind übrigens auch die zur Verfügung stehenden Tutorial-Videos. 

>> Tutorial: Tubeless-Reifen aufziehen ...

>> Tutorial: Ventilabdeckung öffnen und schließen ...

>> Tutorial: Decals austauschen ...

 

Unser Testfazit:

Eines ist klar. Ein Scheibenrad ist ein fast reines Wettkampf-Utensil, dass ansonsten wohl nur beim wettkampfnahen Training (Intervalle im Race-Setup), inkl. KOM-Jagd auf Highspeed-Segmenten zum Einsatz kommt. Ein Großteil des Jahres wird die Scheibe im Keller hängen und auf diese Einsätze warten. Dafür sind die 2.238 EUR UVP natürlich viel Geld. Allerdings kauft man sich mit der DT Swiss 1100 DICUT Disc modernste Technik, mit der man ganz sicher in den nächsten Jahren up to date ist. Die Verarbeitungsqualität ist DT Swiss typisch absolut top – eben „Schweizer Präzision“. Von daher ist die neue DT Swiss Scheibe definitiv eine gute Empfehlung, wenn hinsichtlich des Aero-Setups das Optimum herausgeholt werden soll. Auch im Triathlon geht es am Ende manchmal um wenige Sekunden. (1999 hat der Autor die Kona-Quali in Roth um 24 Sekunden verpasst und das Scheibenrad stand daheim im Keller). Und der motivierende Wumm, Wumm, Wumm-Sound ist sowieso unbezahlbar.

Technische Details

Hersteller DT Swiss
Modell ARC 1100 DICUT DISC Scheibenrad
empf. VK Preis in Euro 2.238 UVP
Gewicht Hinterrad 1035 g
Nabe 180 DICUT
Freilauf Ratchet EXP 36 - Shimano Road (Zubehör SRAM XDR Road)
Felgenbreite außen 25 mm
Felgenbreite innen (Maul) 20 mm
Achssystem12 mm Thru Axle /142 mm Einbaubreite
Bremssystem DISC Center Lock
max. Systemgewicht 110 kg
Lieferumfang Scheibe, Decalset Black, Chrome, Gold, Tubeless Tape 23 mm, TL Ventil 18-25 mm, SRAM XDR Road Freilauf, Laufradtasche
Garantie 24 Monate ab Kaufdatum, zusätzlich Fair-Share Policy (Crash-Replacement)
Website www.dtswiss.com

Bewertung

Preis/Leistungsverhältnis - +
Verarbeitung - +
Rundlauf - +
Bremsverhalten - +
Gewicht - +
Fahr- und Lenkverhalten bei Seitenwind - +
Händler/Service-Netz - +

Fotoserie: DT Swiss ARC 1100 DICUT Disc