Ausdauer-Grundlagen: Muskeln lernen die Sparsamkeit

von A. Gasper/tri2b.com für tri2b.com | 28.11.2003 um 19:58
Auf Ausdauerbelastung reagieren die Muskeln von Sportlern mit zahlreichen Anpassungen. Gut trainierte Athleten verbrauchen viel weniger Energie ...

Ausdauer ist die Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung. Sie wird bei der Muskulatur unterteilt in die lokale (Beanspruchung von weniger als 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur-Masse) und die allgemeine Muskelausdauer (Beanspruchung von mehr als 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur-Masse). Die lokal-dynamische Muskelausdauer ist von der Kapillarisierung der entsprechenden Muskulatur abhängig. Die Kapillaren sind die feinste Verästelung der Adern. Die Arterie kommt vom Herzen mit Sauerstoff beladenem Blut und verzweigt sich über die Arteriolen bis in die Kapillaren. Die Kapillaren liegen wie ein Netz um den Muskel. Das Bild ist vergleichbar mit einem Flussdelta. Die Fließgeschwindigkeit des Blutes nimmt in den Kapillaren ab und es kommt zum Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid so wie weiteren Nährstoffen zwischen dem Muskel und dem Blut. Vom Muskel weg in Richtung Lunge fließt dann das Kohlendioxid beladende Blut. Ohne Gas nichts los Die Sauerstoffversorgung des Muskels ist die Grundlage, um aerobe Ausdauerleistung liefern zu können ohne übermäßig viel Milchsäure (Laktat) zu bilden. Nur dann kann eine Belastung über lange Zeit aufrecht zu erhalten. Die mögliche Sauerstoffzufuhr pro Zeiteinheit in Richtung Muskel ist demnach vom Gesamt-Gefäßquerschnitt aller Kapillaren abhängig: Je größer der Querschnitt, desto mehr kann pro Zeiteinheit ausgetauscht werden, desto besser wird der Muskel versorgt und desto leistungsfähiger ist er. Im Muskel selbst gibt es ebenfalls biochemisch leistungsbestimmende Faktoren, die für die Ausdauerleistungsfähigkeit verantwortlich sind. Um eine möglichst große Energiemenge pro Zeiteinheit auf aeroben Weg bereitzustellen, muss der Myoglobingehalt des Muskels möglichst hoch sein. Myoglobin ist der rote Muskelfarbstoff, er hat mehr noch als der Farbstoff der roten Blutkörperchen, die Fähigkeit, auch bei sehr geringem Sauerstoff-Angebot voll mit Sauserstoff gesättigt zu werden und dient damit als intrazellulärer Sauerstoff-Speicher und -Überträger zu den Mitochondrien. Sparsamer Umgang mit dem Brennstoff Die Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle, in ihnen findet die aerobe Energiebereitstellung statt. Ihre Größe und Anzahl im Muskel entscheidet demnach über die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit. Und dann sind noch die intramuskulären Kohlenhydrat-Vorräte begrenzend für die Dauerleistungsfähigkeit: Je größer sie sind, desto länger kann die Muskelzelle arbeiten. Als Energievorrat dient Glykogen (ein langkettiges Zuckermolekül), das aus den mit der Nahrung aufgenommenen Kohlehydraten synthetisiert wird. Übrigens: Ob die Muskelzelle auch "ökonomisch" mit Energievorräten umgehen kann, hängt von der sauberen Koordination der Muskelbewegungen ab: Je besser die Gesamtkoordination ist, desto effektiver arbeitet der einzelne Muskel, weil er nicht gegen die Widerstände anderer Muskeln ankämpfen muss. Desto geringer ist also auch der Energieverbrauch und desto höher das Ausdauerniveau. Ein guter Grund, um an technischen Schwächen zu arbeiten. Fließendes Gleichgewicht Bei der allgemein dynamischen Ausdauer wird das Herz-Kreislaufsystem mehr als 50 Prozent seiner maximalen Leistung erbringen müssen. Mit diesem Grad der Belastung haben wir es im Training von Ausdauersportarten überwiegend zu tun. Die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems ist auch abhängig von der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit. Gerade bei langen ruhigen Einheiten arbeitet der Körper im steady-state, es besteht also ein Gleichgewicht zwischen Sauerstoffaufnahme und Verbrauch. Es wird so gut wie kein Laktat gebildet und die Stoffwechselvorgänge zur Energiebereitstellung sind aktiviert. Balanceakt der Eiweiße Während der Belastung tritt der Neuaufbau von Strukturmaterialien (die Muskeleiweiße Aktin und Myosin sowie die Gewinnung von Mitochondrien-Eiweiß) in den Hintergrund. Es kommt sogar zum Abbau dieser Substanzen und zu Zell-Einrissen durch die mechanische Belastung des Trainings. Dieser Abbau dauert je nach Belastung mehrer Stunden nach dem Training an. Zu häufiges, zu langes und intensives Training führt nämlich zum Abbau von Muskulatur, die Eiweißmoleküle werden teilweise mit verbrannt, der Muskel "zehrt sich selbst auf". Das Phänomen heißt Katabolie und verursacht einen Leistungsabfall. Aus der Ruhe kommt die Kraft Es ist offensichtlich, dass die Regenerationsphase eine sehr wichtige Funktion im Trainingsplan einnimmt. Man unterteilt in eine schnelle Regenerationsphase, in der die aufbauenden Stoffwechselvorgänge überwiegen. Dabei gleicht sich das Defizit an Elektrolyten (NaCl, Mg, K) - und Wasser aus. Das Auffüllen der Glykogenspeicher im Muskel und in der Leber, der Wiederaufbau an Enzymen für die Energiebereitstellung, die Re-Synthese von Aktin, Myosin und den Mitochondrien dauert einige Stunden. Für die Regeneration wird vor allem viel Eiweiß und Kohlenhydrate gebraucht. Diese aufbauenden (anabolen) Vorgänge führen zur Sportart spezifischen Leistungssteigerung, dem Trainingseffekt. Der Körper passt sich an die neue Ausdauerbelastung an und damit steigt die individuelle Leistungsfähigkeit.
Zaehler