Chris McCormack: Mit neuem Konzept zum Erfolg

von S. Kräftner für tri2b.com für tri2b.com | 30.01.2006 um 20:46
Dreimal ist Chris McCormack auf Hawaii auf der Laufstrecke eingebrochen. Er begann, sich mit Selbstzweifeln herum zu plagen. Bis er anfing, seine Wettkämpfe, Siege und Niederlagen, genauestens zu analysieren ...

Chris McCormack hat mit den Vorbereitungen für die kommende Wettkampfsaison begonnen. Im Mittelpunkt stehen wieder drei Ironman-Wettbewerbe: der IM Australien, die Quelle Challenge Roth und natürlich der Ironman auf Hawaii. Während er in seiner Heimat und in Roth schon gewinnen konnte, fehlte ihm bisher in Kona ein Top-Ergebnis. Erst im vergangenen Jahr konnte er seine eigenen Erwartungen mit Platz sechs erfüllen. Das war das Resultat eines Lernprozesses. Für Chris McCormack besteht seit dem letzen Jahr die Langdistanz aus zwei Geschwindigkeiten. „Für uns Pros geht es in der Regel um schnellere Zeiten und größere Trainingsumfänge. Schonungslose Wettkampfanalysen, vor allem auch bei erfolgreichen Wettkämpfen, bleiben meist auf der Strecke. Wir neigen dazu, das Resultat einer Analyse nicht in einer qualitativen Veränderung des Trainings umzusetzen, sondern unsere vermeintlichen Schwächen dadurch auszumerzen, dass wir mehr Kilometer noch härter Rad fahren, unser Lauftempo erhöhen, ohne auch nur einmal zu hinterfragen, ob dies wirklich der Weg zum Erfolg ist,“ so der Australier in seiner leidenschaftlich sympathischen Art. Erster Sieg war mein Pech So kann man bei vielen Pro-Athleten beobachten, dass sich trotz härterer Trainingsarbeit das Leistungsprofil kaum verändert. McCormack haben die Misserfolge in Hawaii von 2002 bis 2004 zu denken gegeben. Er war es nicht gewohnt zu verlieren. In acht Jahren hatte er 90 Prozent der Rennen, an denen er teilnahm, gewonnen. Bei allen Rennen war er auf dem Podest gestanden. Was war plötzlich passiert? 2002 wechselte er auf die Langdistanz und der erfolgsgewohnte Australier war plötzlich mit Niederlagen konfrontiert. „Meinen ersten Ironman, an dem ich teilnahm, hatte ich gewonnen. Das war Pech. Da dachte ich noch, alles würde so weiter gehen wie gewohnt: ein linear ansteigender Erfolgspfad bis zur Rente sozusagen. Dann kam der Einbruch und ich war endlich genötigt nachzudenken. So ist es im Leben leider häufig, erst wenn die Dinge schief laufen, beginnt man zu überlegen“, bemerkt Macca lakonisch. In Hawaii war der 32-Jährige auf der Laufstrecke von 2002 bis 2004 dreimal völlig zusammengebrochen. Es ging jedes Mal buchstäblich gar nichts mehr. „Nach meinem ersten Kollaps auf der Laufstrecke, war ich, der immer ein Spitzenläufer gewesen war und allen beim Laufen den Garaus gemacht hatte, zu dem bizarren Schluss gekommen, dass ich eben kein Läufer sei. Deshalb begann ich auf dem Rad Druck zu machen, um so viele Puffer-Minuten wie möglich für das Laufen herauszuholen. Es begann die Phase, in der Laufen für mich zum schieren Horrorgespenst wurde: Ich hatte kein Selbstvertrauen mehr, nicht im Geringsten!“ McCormack lacht, er kann heute kaum mehr glauben, dass er sich im wahrsten Sinne es Wortes so verrennen konnte.

Langsam laufen lernen und sich vertrauen „Eine Langdistanz wird beim Laufen gewonnen, deshalb muss sich alles ums Laufen drehen“, so der Australier heute. Mit Freunden und ehemaligen Spitzentriathleten wie Mark Allen begann der zweifach Sieger der Quelle Challenge seine Schwächen ohne Rücksicht auf eigene Empfindlichkeiten zu analysieren, versuchte herauszufinden, wie ihn seine Konkurrenten wahrnehmen, um daraus zu lernen. „Diese Reflexionsarbeit hat mir gut getan. Es macht mir heute ebenso viel Spaß, über meine Rennen nachzudenken, wie sie zu bestreiten. Das Ergebnis der Analysen war frappierend einfach. Ich musste lernen, langsam zu laufen. Denn eine Langdistanz erfordert etwas ganz anderes als nur aufs Tempo zu drücken.“ “Macca´s“ natürliches Lauftempo bewegt sich bei 3:45 Minuten pro Kilometer. Ein Tempo, das für den Marathon einer Langdistanz einfach zu schnell ist. „Nun trainiere ich zweimal in der Woche langsam zu laufen, das heißt: 4:10 Minuten auf einem Kilometer über etwa 80 Minuten. Für mich ist das, als würde ich stehen. Nur zum Vergleich: Cameron Brown macht Speedwork und das bedeutet 3:20 pro Kilometer, eine Pace, die für mich beinahe normal ist.“ Viele Rennen werden im Kopf entschieden „Letzte Saison habe ich mein neues Pacing-Konzept zum ersten Mal voll durchgezogen. Die Rechnung ist aufgegangen. Die Rennen haben nun eine ganz andere Leichtigkeit für mich, ich regeneriere viel schneller. Mein Selbstvertrauen ist zu 100 Prozent wieder da. Ich arbeite mich auf dem Rad nicht mehr mit Führungsarbeit auf, was allein schon ungeheuer viel mentale Kraft frisst. Ich trainiere viel qualitativer, mach weniger Umfänge. Mein Körper kennt dieses Spiel ja ohnehin schon über ein Jahrzehnt und erinnert sich schnell wieder. Ich achte viel mehr auf die Regeneration im Kopf, denn dort wird das Rennen entschieden. Wir Spitzenathleten unterscheiden uns sonst ja nicht so gewaltig, was die Trainingsarbeit anbelangt. Ich habe inzwischen den Mut zur Pause, ohne schlechtes Gewissen nehme ich über Weihnachten zehn Kilo zu und hänge mit Freunden herum.“ Für den Kurzdistanzweltmeister von 1997 geht es auf der Ironman-Distanz nicht mehr nur um schneller und mehr, sondern um das richtige Timing. Macca wird in diesem Jahr den IRONMAN Australien und den Quelle Challenge Roth bestreiten und sich dann ganz auf Hawaii konzentrieren. Eine Reihe Kurz- und Halbdistanzen sind ein weiterer Teil seines neuen, ganz eigenen, Trainingsprogramms.