Der aktuelle Kommentar: Zwei Stufen auf einmal

von Steffen Gerth für tri2b.com für tri2b.com | 27.12.2002 um 18:45
Im Verdrängungswettbewerb Roth / Frankfurt hat nun der Ironman Germany ein neues Maß gesetzt. Dank des Geldes vom neuen Hauptsponsor Opel geht in Frankfurt ein außergewöhnliches Feld an den Start. Der deutsche, mithin internationale Triathlon erlebt ganz neue finanzielle Dimensionen ...

Im Verdrängungswettbewerb Roth / Frankfurt hat nun der Ironman Germany ein neues Maß gesetzt. Dank des Geldes vom neuen Hauptsponsor Opel geht in Frankfurt ein außergewöhnliches Feld an den Start. Der deutsche, mithin internationale Triathlon erlebt ganz neue finanzielle Dimensionen, die die Athleten auskosten dürfen wie nie zuvor. In dem Kampf der beiden Veranstaltungen dürfen sich die Sportler einstweilen als lachende Dritte fühlen. Man kann sich gut vorstellen wie zufrieden das Lächeln im Gesicht von Kurt Denk gewesen sein muss, als er zum Jahresausklang seine Pressemeldungen verabschiedet hatte. Erst die Verkündung des grandiosen Sponsoren-Deals mit dem Rüsselsheimer Autohersteller Opel, und dann, als Konsequenz, die Mitteilung, welches Profi-Starterfeld im nächsten Jahr beim Ironman Germany in Frankfurt antreten wird: Peter Reid, Thomas Hellriegel, Alexander Taubert, Markus Forster, Stefan Holzner. Dazu die Frauen Nina Kraft, Lori Bowden, Katja Schumacher und Nina Fischer. Das Opel-Geld macht offenbar vieles möglich, vielleicht sogar die Verpflichtungen der beiden Hawaiisieger dieses Jahres, Tim DeBoom und Natascha Badmann, die ja wohl auch noch im Raum stehen. Die esoterisch angehauchte Dame aus der Schweiz ist in der Regel für etwa 25.000 Dollar Antrittsgeld zu haben. Es wird also mächtig was los sein, am 13. Juli in Frankfurt. Denk jubelt jetzt schon, dass es der am besten besetzte Ironman sein wird, den es in Europa je gegeben hat. Er sagt, dass er verschmerzen könne, dass Vorjahressieger Lothar Leder beim Quelle Challenge in Roth und nicht abermals in der Mainmetropole antreten wird. Im Prinzip hat er Recht – auch wenn keiner der verpflichteten Stars in der Rhein-Main-Region diese Zugkraft hat wie eben der Darmstädter Leder. Doch vielleicht braucht Denk den Frankfurter Olympiabotschafter gar nicht mehr? Denn dieser Tage ist beim Deutschen Sportbund durchgesickert, dass Frankfurt im Rennen um die deutsche Kandidatur für die Spiele 2012 deutlich hinter Hamburg und Düsseldorf liegt. Und sollte dies im April, bei der Verkündung, wer Kandidat wird, auch so bestätigt werden, dann muss sich der Ironman Frankfurt sowieso anders aufstellen. Für die Stadt ist dann diese Veranstaltung als Beleg für die Austragung von Großereignissen nicht mehr gefragt. Wohl aber als Aushängeschild für internationalen Spitzensport – schön dass es in diesem Fall den Triathlon trifft. Was derzeit hinter den Kulissen tobt, kann man aber nur erahnen. Denn dass Hellriegel in Frankfurt starten wird und nicht, wie vermutet, in Roth, ist ein Hammer. Das Umdenken des einzigen deutschen Hawaiisiegers wird das ohnehin schon angespannte Verhältnis der Organisatoren Detlef Kühnel/Herbert Walchshöfer (Roth) und Denk nicht eben verbessert haben. Die Rother Offensive mit der Verpflichtung von Leder, das 2002 verlorene Terrain zurückzugewinnen, wurde von Denk nachhaltig zurückgeschlagen. Denn alle Frankfurter Stars seien mit langfristigen Verträgen ausgestattet worden, lässt er mitteilen. Frankfurt hat nun gleich zwei Stufen auf einmal genommen in einem Verdrängungswettbewerb, den es im Triathlon so noch nie gegeben hat. Es ist der Kampf zweier Fürsten: Hier der mächtige Veteran Kühnel (ob vor oder hinter Walchshöfer nach wie vor der starke Mann in Roth), dort der Emporkömmling Denk, der den frischen Ruhm als Herr über ein sportliches Megaereignis zuweilen bis zur Peinlichkeit genießt. Einstweilen dürfen sich die Athleten als lachende Dritte in dieser Auseinandersetzung fühlen. Auf einmal fließt in Deutschland das große Geld, auf einmal gibt es gleich zwei medienträchtige Top-Veranstaltungen. Denk hat durch Opel offenbar enorme finanzielle Möglichkeiten, und er ist schlau genug, diese an die Sportler weiterzugeben. Denn das hatte der frühere Monopolist Kühnel lange nicht verstanden, als er die Herren mit lächerlichen Antrittsgeldern abspeiste und die Frauen sogar ohne Fahrkostenerstattung zu Pressekonferenzen vor den Rennen bestellte. Mit Energie, viel lokaler Unterstützung und rigoroser Umsetzung marktwirtschaftlicher Sichtweisen hat Kurt Denk innerhalb kurzer Zeit den Ironman Germany auf eine neue Ebene gehoben – viele haben ihm das nicht zugetraut. Der Mann will mit Macht ganz nach oben in Triathlon-Deutschland, und auf dem Weg dorthin, sind die Athleten bestens honorierte Begleiter. Ob sie das bleiben wenn Denk dann oben angekommen ist, wird man in zwei, drei Jahren sehen.