"Die Langstrecke ist wie ein Fußballspiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen"

von Ludwig Hofer für tri2b.com | 03.08.2005 um 10:45
Der nach langer Krankheit wieder genesene Veranstaltungschef des Quelle Challenge Roth, Herbert Walchshöfer, spricht über Verbandsabgaben, einen neuen Triathlon-Verband für Veranstalter, das Klima zum OIMG Frankfurt und die Starterzahlen ...

Die geplante Gründung eines Verbandes für Triathlon-Veranstalter, die nicht nur damit zusammenhängende Verständigung der Triathon-Verantwortlichen in Frankfurt und Roth oder die Größe des Starterfeldes beim QCR haben in den letzten Wochen bundesweit für Gesprächsstoff in den Gazetten gesorgt. Quelle Challenge-Veranstalter Herbert Walchshöfer stellt sich einigen Fragen dazu. Ludwig Hofer(L. H.): Im Umfeld des IRONMAN Germany hat Ihr Kollege Kurt Denk damit überrascht, dass er ziemlich unverhohlen die Gründung eines Triathlon-Veranstalter-Verbandes angekündigt hat. Sind das abgestimmte Planungen? Herbert Walchshöfer (H. W.): Das sind sie. Unser Beauftragter für dieses Thema, Detlef Kühnel, hatte allerdings vorher dazu mit der DTU schon Gespräche, vor allem was das Abgabendiktat des Verbandes anging. Nachdem man sich vorläufig geeinigt hatte, war es nicht an uns, mit diesem Thema weiterzumachen. Im Grunde trifft Kurt Denk aber den Kern der Sache von Leistung und Gegenleistung, die keineswegs aus der Welt geschafft ist, weil wir uns einer totalen finanziellen Schieflage gegenüber sehen. L. H.: Meinen Sie die Balance von dem, was einerseits an die DTU zu bezahlen ist und was andererseits zurück kommt? H. W.: Exakt so ist es. Während die DTU die Forderung von zehn Prozent auf die Veranstalter-Anmeldegebühren erhebt, und das kann sich jeder bei den Starterzahlen von 2.000 und 2.200 Aktiven selbst ausrechnen, was das ausmacht. Sagen wir, dass bei dieser Größenordnung zu wenig zurück kommt. Die DTU kümmert sich um die Dopingtests und stellt die Wettkampfrichter. Aufgaben, die wir als Veranstalter ebenfalls und vermutlich sogar besser erledigen können. L. H.: Wollen Sie das heiße Eisen Doping anfassen? H. W.: Wir müssen uns nur an den „Fall Kraft“ erinnern, da wurde doch das ganze Dilemma erst deutlich. Entsprechend hektisch reagierte die DTU. Vorher jedoch entstand erst einmal der Eindruck, als wären die Veranstalter ebenfalls in der Verantwortung, obwohl – zumindest im Vertrag QCR/DTU - das Dopingthema ausschließlich Sache des Verbandes war. Trotzdem standen wir wie die Schuldigen da, als im SWF bei einem Interview mit dem Geschäftsführer der Nationalen Antidoping Agentur (NADA), die Aussage des Reporters, in Roth wurden seitens des Veranstalters 2004 nicht einmal Dopingproben genommen, von dem NADA-Verantwortlichen wider besseren Wissens nicht einmal dementiert wurde. Um das Ganze abzukürzen: Wenn eine Menge Geld fließt, dann möchte ich auch allumfassend und professionell vertreten werden. Und genau da haben wir unsere erheblichen Zweifel. L. H.: Eine Abkehr von der DTU hätte aber viel Aufbauarbeit zur Konsequenz, und da ist nicht nur die Installation eines ausreichend großen Wettkampfrichter-Teams gemeint. H. W.: Das ist uns klar, aber wir sind da weit über die gedankliche Arbeit hinaus. Alles ist machbar, und es kann nur besser werden, wenn wir uns auf den Weg machen. Dabei spielt natürlich der finanzielle Bereich eine absolut dominierende Rolle. L. H.: Die großen Veranstalter verfügen aber auch über große Etats. H. W.: Das mag sein, wir tun aber auch sehr viel, wenngleich in dieser wirtschaftlichen Phase der Wind im Sponsorenbereich eiskalt bläst. Es geht bei der Betrachtung aber darum, dass mit Ausnahme von Frankfurt und Roth nirgendwo sonst in Deutschland eine derartig aufwändige Infrastruktur gebaut werden muss: Wo steht sonst ein Zelt für 2.500 Personen, wo werden Tribünen für 5.000 Menschen hingestellt, wo stehen Kilometer lange Gitter und Truppen von Sicherheitsleuten, wer zahlt derart horrende Antrittsgelder und Siegprämien? Das alles und vieles mehr läppert sich zusammen zu satten sechsstelligen Beträgen – und es muss bezahlt werden, weil diese speziellen Ausgaben eines Großevents Voraussetzung für das Gelingen des Spektakels sind. Sponsoren und vor allem Athleten sind deshalb die Zahlmeister. Für das Erlebnis Langstrecke bedarf es eben einiger Voraussetzungen, die vergleichsweise kleine Veranstaltungen nicht einmal ansatzweise benötigen. Also: Wenn ich diese exorbitanten Zusatzkosten zu den eigentlichen Startgeldern auf die Teilnehmer umlege, dann kommen unter dem Strich häufig kritisierte Anmeldegebühren heraus, auf die dann die DTU ganz locker zehn Prozent erhebt. Da fehlt mir das Verständnis, wenn Großevents mit beispielsweise einer Olympischen Distanz mit 800 Teilnehmern in gleicher Weise finanziell abgerechnet werden. L. H.: Wohin geht denn Ihr Vorschlag? H. W.: Zur individuellen Betrachtungsweise, wie das früher der Fall war, denn es kann nicht sein, dass die Verbandsabgaben eine Größenordnung annehmen, die mit an der Spitze aller Veranstaltungskosten steht. L. H.: Manchen Funktionären wird das nicht gefallen... H. W.: Kurt Denk und uns gefällt die unlogische Einheitsformel der DTU auch nicht, zumal bislang wenig Bewegung in den Gesprächen war. Ich erinnere mich mit Grauen an meine erste Zusammenkunft mit dem Präsidium des BTV, kurz vor dem ersten QCR 2002, wo wir mit dem Gremium über die leidige Abgabe verhandeln sollten. Es gab keine Verhandlungen, sondern ein klares und kurzes Diktat, obgleich ich dringend um Unterstützung in der Anfangsphase des schwierigen Unternehmens gebeten hatte. Der Blick in die abweisenden Gesichter der Funktionäre verriet, dass zum Start der neuen Marke keinerlei Unterstützung zu erhoffen war. So ging man damals mit der wichtigsten bayerischen Triathlonveranstaltung um. Im Grunde die reine Zeitverschwendung, und ich werde mir eine solche Zumutung nie mehr antun. L. H.: Da hat nun die DTU die beiden großen deutschen Langstreckenveranstaltungen zusammengebracht? H. W.: Nicht nur die DTU. Es gibt genügend Themen, die die gemeinsame Sache vorwärts bringen, wenn man ohne Hektik darüber redet. Auch wir wollen ja, dass es mit der Sportart Triathlon vorwärts geht. Und ohne falsche Bescheidenheit gelingt das mit den Paradeveranstaltungen der Langstrecke in Frankfurt und Roth durchaus. L. H.: Das sich abzeichnende Miteinander war ja nicht immer so! H. W.: Es gab Provokationen, aber Klappern gehört offensichtlich zum Handwerk, und wir Franken sind da halt etwas zurückhaltender. Mit Abstand betrachtet muss man aber sehen, dass sich neben dem Klassiker in Roth eine zweite große Veranstaltung etabliert hat, die sich bester Akzeptanz erfreut und die sich letztlich auch völlig anders präsentiert. Und das ist auch unsere Chance im Vergleich mit allen anderen europäischen IM-Events. Wir haben da unseren völlig eigenständigen USP (Unique selling Proposition = Alleinstellungsanspruch, Anm. d. Red.), den wir auch deutlich herausarbeiten, und der auch in der Szene glaubhaft rüberkommt. Nicht umsonst stand nach dem Rennen 2005 zu lesen „Deutschlands Triathlon-Festspiele“ in Roth. Und solche Vergleiche gibt es viele. L. H.: Diese Festspiele sind ja nun bald an der Kapazitätsgrenze? H. W.: Beim IRONMAN hatten wir in der Spitze 2.700 bis 2.800 Teilnehmer auf der Strecke. Das Schwimmen war wegen der Wellenstarts genauso wenig ein Problem wie das Laufen. Dieses Jahr waren 2.200 Teilnehmer gemeldet und rund 2.000 gestartet, hinzu kamen um die 500 Staffeln. Wir sind also nicht mehr weit weg von den IM-Zahlen und werden auch versuchen, entsprechend auszubalancieren, wobei der QCR in erster Linie ein Triathlon ist. Bleibt es bei der Staffelanzahl, dann können wir etwa 2.400 Einzelstarter annehmen, denn rund 200 Absagen aus den unterschiedlichsten Gründen kommen von alleine. L. H.: Wann kann man sich anmelden und wie hoch ist die Gebühr? H. W.: Die Ausschreibung kommt gegen Ende Juli und wird automatisch zusammen mit der Ergebnisliste an alle 2005er Teilnehmer versandt, außerdem werden die Formulare ins Internet gestellt. Die Spontanbucher konnten bei der Siegerehrung zum Schnäppchenpreis von 210 Euro buchen, bis 31. Dezember 2005 gilt der Preis von 240 Euro, bei Teams ab zehn Personen geht’s ab 215 Euro los, und Staffeln sind ab 330 Euro dabei. L. H.: Sie waren gesundheitsbedingt längere Zeit nicht in das QCR- Tagesgeschehen eingebunden und erstmals wieder bei der Finishline-Party zugegen. H. W.: Das waren nach langer Abwesenheit bewegende Momente, jetzt geht es aber wieder vorwärts, gleichwohl werde ich künftig keine „Langdistanz-Arbeitstage“ mehr einlegen und auch im Büroumfeld bessere Bedingungen schaffen. Im Herbst werden wir das Büro mit seinen sechs Arbeitsplätzen aus dem häuslichen Bereich auslagern. Das bringt mehr Ruhe. Ich werde mich als Veranstalter um die Bereiche Konzept, Sponsoring und Kommunikationsarbeit kümmern, Detlef Kühnel, der bisher schon als Berater fungiert hat und dieses Jahr die Ärmel wegen meiner Krankheit so richtig hochgekrempelt hat, übernimmt spezielle organisatorische Fragen und „Triathlon-politische“ Aufgaben. Und mein Sohn Felix wird Zug um Zug in die Aufgabe eines Race-Directors hineinwachsen. Dahinter steht dann noch die gewachsene und verlässliche Struktur der Wettkampfleiter. L. H.: Noch ein Satz zur Triathlon-Politik… H. W.: Darunter verstehe ich die Beseitigung der Schieflage, wie beschrieben. Ich meine aber auch, dass die Langstrecke bei der DTU endlich den ihr zustehenden Stellenwert bekommen sollte. Die Olympische Distanz hat sicher ihren Reiz, aber im Vergleich zur boomenden Langstrecke ist es doch so, wie wenn man ein schnelles Hallenfußball-Turnier vor wenigen Zuschauern und Medien auf einem Kleinfeld einem Fußballspiel in der Allianz-Arena samt Verlängerung und Elfmeterschießen gegenüber stellt. Aus dieser Position heraus muss man miteinander sprechen.