Doping: DTU Krisengipfel soll dunkle Wolken verscheuchen

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 14.11.2004 um 21:38
Der Dopingfall der Langstrecklerin Nina Kraft hat das Kontrollsystem der Deutschen Triathlon Union (DTU) als unwirksam entlarvt. Ein „Krisengipfel“ soll Versäumnisse korrigieren – Rennveranstalter halten den Zeitplan aber für "überhastet" ...

Der Dopingfall der Langstrecklerin Nina Kraft hat das Kontrollsystem der Deutschen Triathlon Union (DTU) als unwirksam entlarvt. Sportliche Aushängeschilder des Verbandes werden nicht getestet, die Analysen bieten Schlupflöcher. Nach der wichtigsten Ausdauerdroge EPO wurde gar nicht erst gesucht. Ein „Krisengipfel“, am Mittwoch in Frankfurt soll die Versäumnisse korrigieren. Während Athletenvertreter auf schnelle Fortschritte hoffen, bezeichnen Veranstalter den Zeitplan als „überhastet“. „Ein Krisengespräch, für das die DTU nur zweieinhalb Stunden einplant und zu dem offenbar weder ein externer Dopingexperte noch unabhängige Juristen geladen sind, ist sinnlos“, so die Kritik des Veranstalters der Quelle Challenge Roth, Herbert Walchshöfer im Gespräch mit tri2b.com. „Ich hoffe, das wird schnell korrigiert.“ Über eine Teilnahme werde man dann kurzfristig entscheiden, so Walchshöfer. Als der Dopingfall der Braunschweigerin Nina Kraft am vergangenen Mittwoch bekannt wurde, hatte Walchshöfers Agentur TEAMChallenge in einer ersten Reaktion „eine schärfere Handhabung und Ausweitung der Tests auf EPO und alle anderen in Frage kommenden Substanzen“ gefordert. Auf das als Ausdauerdroge bezeichnete EPO, ein Hormon, das den Sauerstofftransport im Körper durch Vermehrung der roten Blutkörperchen verbessert, war nie getestet worden - weder in Roth noch in Frankfurt. „Wir haben uns auf die Sachkenntnis der Dopingkontrolleure verlassen“, sagt Walchshöfer. EPO-Missbrauch war naheliegend Der DTU sei der Test auf EPO aber zu kostspielig gewesen, erfuhr der Präsident des OPEL IRONMAN GERMANY Triathlon, Kurt Denk auf Nachfrage. Eine Entscheidung, für die man in Frankfurt wenig Verständnis zeigt: „Wir zahlen jedes Jahr einen erheblichen Betrag für das Kampfrichterwesen und die Dopingkontrollen an den Verband, dafür erwarten wir medizinisch sinnvolle Kontrollen und wollen die Ergebnisse erfahren." In einer Sportart, die zu einem wesentlichen Teil aus Radfahren besteht, sei der Missbrauch von EPO doch naheliegend, staunte Denk und forderte im September bei der World Triathlon Corporation (WTC) die Einführung jenes EPO-Tests, dem am 16. Oktober auf Hawaii ausgerechnet die von ihm protegierte Nina Kraft ins Netz ging. „Das ist schmerzhaft“, sagt Denk, „aber wir müssen diesen Weg konsequent weitergehen.“ Sponsoren erwarten klare Signale Auch die Organisatoren regionaler Rennen sind von dem Skandal betroffen: Nach wochenlangem Hype um den vermeintlichen deutschen Doppelsieg auf Hawaii reagieren Medien und Sponsoren jetzt abwartend oder sogar ablehnend auf die Avancen der Veranstalter. „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Triathlonszene weitgehend sauber ist. Heute wissen wir mehr“, sagt Robert Becker, Organisations-Chef des mit 900 Teilnehmern viertgrößten Triathlons in Nordrhein-Westfalen. In den vergangenen Jahren wurde sein Rennen von einer Athletin beherrscht – Nina Kraft. Getestet wurde sie dort freilich nicht. „Nun müssen wir handeln“, weiß Becker, „und das wirft für uns einige Fragen auf. Wir wissen nicht, was diese Kontrollen kosten und ob und in welchem Umfang sich die DTU daran beteiligt.“ Zudem sei es mit einem Dopingtest nach dem Rennen nicht getan. „Dass Kraft auf Hawaii erwischt wurde, war ein reiner Glücksfall - ihr handwerklicher Fehler. Sie hat das Medikament zu spät abgesetzt. Wir brauchen deshalb unangemeldete Trainingskontrollen und das geht nur auf der Grundlage einer überarbeiteten, rechtssicheren Anti-Doping-Ordnung.“ Flüchtigkeitsfehler und Unsicherheiten der zuständigen Stellen wie im Fall Katja Schumacher dürfe es in Zukunft nicht mehr geben, fordert Becker. “In Deutschland den Anfang machen“ „Natürlich wollen die Sponsoren wissen, wie wir das Dopingproblem lösen“, weiß die Darmstädterin Nicole Leder aus ersten Gesprächen mit möglichen Geldgebern. „Die Verträge werden jetzt gemacht. Wir haben nicht viel Zeit.“ Leder hofft deshalb, das Gipfeltreffen am Mittwoch, zu dem sie als Athletenvertreterin geladen ist, werde bereits erste Ergebnisse bringen. „Wir brauchen ein neues Profilizenzsystem, dass regelmäßige Trainings- und Wettkampfkontrollen vorschreibt und dokumentiert“, fordert auch die zweifache Roth-Siegerin. „Nur wer einen lückenlosen Pass vorweisen kann, darf auch starten“. Sollte es nicht gelingen, eine solche Regelung gleich für den gesamten Geltungsbereich der WTC durchzusetzen, solle man „erstmal in Deutschland den Anfang machen“, meint Leder. Dass DTU-Präsident Klaus Müller-Ott bereits am Mittwochmittag in einer Pressekonferenz erste Ergebnisse des Krisengipfels präsentieren will, hält auch Kurt Denk für überhastet. „Da will man schnell die dunklen Wolken verscheuchen“, glaubt er. Dennoch könne dieser Krisengipfel nicht mehr sein als ein Vorgespräch. „Was wir schaffen müssen, wird harte Arbeit. Dazu sind wir bereit, aber wenn man uns ins Boot holt, darf man uns nicht an anderer Stelle außen vor lassen.“