Dr. Müller-Ott im Interview: "Olympia hat Türen geöffnet"

von Frank Ketterer für tri2b.com für tri2b.com | 10.04.2003 um 00:00
Ist Triathlon der große Profiteur der deutschen Olympiapläne? <i>tri2b.com</i>-Mitarbeiter Frank Ketterer sprach zwei Tage vor der NOK-Städteauswahl mit dem Präsidenten der Deutschen Triathlon Union (DTU) Dr. Klaus Müller-Ott über Chancen und Perspektiven des Sports ...

Das Ringen um die Ringe ist auf die Zielgerade eingebogen: Am Samstag in München wählen die Delegierten des NOK jene deutsche Stadt, die in das internationale Rennen um die Austragung der Olympischen Spiele 2012 gehen darf. An Hamburg, Leipzig, Frankfurt, Düsseldorf oder Stuttgart wird auch der Präsident der Deutschen Triathlon Union (DTU) Dr. Klaus Müller-Ott drei Stimmen vergeben. Wem er sie schenken wird, will der bekannteste Schnauzbart des deutschen Ausdauerdreikampfs nicht verraten, dass die Sportart Triathlon vom Buhlen um die Spiele bereits profitiert hat, gibt MO im Gespräch mit Frank Ketterer allerdings gerne zu. tri2b.com: Herr Dr. Müller-Ott, wenn am Samstag das NOK für Deutschland jene deutsche Stadt wählt, die ins internationale Rennen um die Olympischen Spiele 2012 geht, haben Sie als Präsident des Triathlon-Verbands drei der insgesamt 137 Stimmen zu vergeben. Wissen Sie denn schon, für wen Sie votieren werden? Dr. Klaus Müller-Ott (M.-O.): Natürlich weiß ich das. Aber ich werde Ihnen das heute noch nicht mitteilen. Das DTU-Präsidium hat mir die Verantwortlichkeit übertragen und ich werde am Samstag dementsprechend nach bestem Wissen und Gewissen abstimmen. tri2b.com: Wohin geht die Tendenz? M.-O.: Natürlich gibt es Regionen, die wir preferieren, und natürlich gehören dazu auch jene Regionen, die sich jetzt engagiert mit dem Triathlonsport beschäftigen. tri2b.com: In den sogenannten gutinformierten Kreisen wird gemunkelt, der Triathlon-Verband habe seine Stimme schon fest an Hamburg vergeben. M.-O.: Das kann ich hier und heute nicht bestätigen. Außerdem stehen am Samstag ja noch die Präsentationen der einzelnen Städte an. tri2b.com: Wie haben Sie sich denn über Vor- und Nachteile der jeweiligen Städte informiert? M.-O.: Wir haben im DTU-Präsidium zum Glück viele Repräsentanten aus den einzelnen Bewerberstädten. Die kennen sich da bestens aus und haben mich gebrieft. Ich persönlich habe mir von drei Städten ein Bild gemacht, weitere Informationen habe ich über meine Vizepräsidenten erhalten. Ich glaube, das reicht aus. tri2b.com: Ihr Kollege vom Bob- und Schlittensportverband hat zusammengerechnet, dass er, hätte er alle Events in den Bewerberstädten besuchen wollen, insgesamt 52 Tage unterwegs gewesen wäre und dafür rund 15.000 Euro Reisekosten hätte aufbringen müssen. Wieviel Tage waren Sie unterwegs und was hat das gekostet? M.-O.: Da die DTU solche finanziellen Ressourcen nicht hat und auch meine Patienten kein Verständnis für solche Reiseaktivitäten hätten, habe ich mich aus diesem ganzen Präsidenten-Tourismus herausgehalten und mir die Dinge, die ich für meine Entscheidung für notwendig gehalten habe, punktuell angeschaut. tri2b.com: Gab's denn nette Einladungen? M.-O.: Die gab es zuhauf. Allerdings halte ich es nicht für sonderlich stilvoll, einen Triathlon-Präsidenten zu einem Boxkampf einzuladen. Deshalb habe ich auch die meisten Einladungen nicht angenommen. tri2b.com: Nun hat Politik, auch Sportpolitik, immer auch mit Bestechung zu tun. Gab es bei Ihnen schon Bestechungsversuche? M.-O.: Nein. Die gab es nicht. Weder finanziell noch durch andere Versprechungen. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass wir uns aus diesen ganzen Besuchsorgien vornehm herausgehalten haben. tri2b.com: Es hält sich hartnäckig das Gerücht, Ulrich Feldhoff, der mächtige Kanu-Präsident und DSB-Vizepräsident, sammle unter Ihren Verbandschefkollegen bereits eifrig Stimmen für Düsseldorf. Hat er mit Ihnen schon Kontakt aufgenommen? M.-O.: Nein, das hat er nicht gemacht. Aber er kann mich gerne anrufen, solange er mit mir nicht über Stimmenwerbung redet. tri2b.com: In wieweit stehen Sie mit anderen Verbandspräsidenten in Kontakt, inwieweit tauscht man sich aus? M.-O.: Es gibt da schon einen Austausch, wenn auch einen sehr begrenzten. Ich nehme mein Votum allerdings völlig autonom vor und werde mich von keiner anderen Meinung umstimmen lassen. tri2b.com: Ganz egal, was in München passiert: Es sieht so aus, als sei Triathlon schon jetzt ein Gewinner des Städtewettbewerbs. Wo lange Zeit nichts war, sind plötzlich zwei Weltcupveranstaltungen aus dem Boden geschossen - Hamburg und Leipzig nämlich, auch Düsseldorf wird demnächst ein ITU-Point-Race veranstalten. Ist die DTU schon jetzt der große Profiteur von Olympia? M.-O.: Mein Konzept, endlich hochrangige Veranstaltungen nach Deutschland zu holen, ist schon vor der ganzen Olympiabewerbung entstanden. Dass uns Olympia nun Türen geöffnet hat, die sich so leicht wohl nicht hätten öffnen lassen, steht allerdings außer Frage. So gesehen haben wir durch die Olympiabewerbung in der Tat jetzt schon gewonnen, auch wenn Deutschland am Ende den internationalen Zuschlag nicht bekommen sollte. tri2b.com: Müssen Sie dann aber im Umkehrschluss nicht auch befürchten, dass die Städte ihr Interesse am Triathlon ebenso schnell wieder verlieren – dann nämlich, wenn bekannt ist, dass sie Olympia nicht ausrichten dürfen? M.-O.: Unsere Planungen sind überall langfristig angelegt. Ich bin niemand, der Eintagsfliegen unterstützt. tri2b.com: Andererseits kann ein Land ja nur Weltcups ausrichten, wenn es diese von der ITU vergeben bekommt. Da war es wohl gut, dass Sie den Streit mit der ITU und ihrem Präsidenten McDonald schnell beigelegt haben. Sind die Weltcups der Lohn dafür? M.-O.: Nein, sie sind nicht Lohn, sondern die logische Konsequenz. Wir konnten nicht weiter in Rechtsstreitigkeiten verharren und gegen die Athleten arbeiten. tri2b.com: Zwei Weltcups, ein Ironman, dazu eine sehr renommierte Langstrecke – ist Deutschland mittlerweile zum Triathlonstandort Nummer eins mutiert? M.-O.: Zumindest sind wir etabliert und auch was die Zuschauerzahlen angeht haben wir die Nase sehr weit vorne. Nun gilt es diesen hohen Standard zu halten und nach und nach möglichst noch auszubauen. Das wird in den nächsten Jahren mein und unser aller Ziel sein.
Zaehler