Freiwasser-Training: Die Tricks der Profis

von H. Eggebrecht für tri2b.com für tri2b.com | 11.05.2005 um 22:46
Wie bereitet sich Top-Schwimmer Jan Sibbersen auf das Schwimmen im Freiwasser vor? Hat Timo Bracht ein Geheimrezept für das Training im Neopren? <i>tri2b.com</i> hat sich im deutschen Profilager umgehört und die besten Trainingstipps zusammengestellt ...

Schon beim Schwimmen trennt sich in einem Triathlon meist die "Spreu vom Weizen". Die Profis schwimmen vorne weg, das Heer der Agegrouper hinterher. Was machen die Profis anders, welche speziellen Trainingstipps haben die Vollzeit-Triathleten für das Freiwasser-Schwimmen? tri2b.com hat sich im deutschen Profilager umgehört und die besten Trainingstipps zusammengestellt. Maik Petzold: „Bezüglich Freiwasser-Training kann ich nur jedem den Tipp geben, dies so oft wie möglich im Sommer zu praktizieren. Einmal pro Woche sollte es schon sein, da man hier einfach ein bis drei Kilometer oder auch mehr am Stück schwimmen kann und dies mit Koordination und Ausdauer verbunden ist. Besonders zu beachten ist bei Wettkämpfen mit Neo, dass die Gummihaut auch regelmäßige im Training zum Einsatz kommt. Besonders vor dem Wettkampf (ein bis zwei Wochen) um die ungewohnte Wasserlage und das Wassergefühl zu adaptieren.“ Daniel Unger: "Grundsätzlich versuche ich vor allem die Orientierung zu schulen und Fixpunkte anzuschwimmen mit möglichst wenig Kopf aus dem Wasser heben. Ziele sind Bojen oder gewisse Punkte am Ufer. Ansonsten bietet sich natürlich die Form des Dauertrainings ideal im Freiwasser an. In Gruppen kann man Starts oder Bojenumrundungen sehr gut wettkampfähnlich simulieren. Außerdem sollte auch immer wieder Neoschwimmen im Freiwasser mit anschließendem Ausziehen auf Zeit geübt werden." Timo Bracht: „Eigentlich schwimm ich wie so viele lieber im Pool. Im Freiwasser trainiere ich meistens in der Woche vor einem Rennen noch ein bis zweimal. Ich wärme mich an Land gut auf, schau mir das Wasser und die Strecke genau an, meistens sind wir auch mehrere die sich so vorbereiten. Das Programm ist eigentlich kein richtiges Training. Mir ist es wichtig die Orientierungsfähigkeit zu üben. Ich peile geradeaus einen markanten Punkt an und halte die Richtung ohne viel zu schauen. Gerne übe ich auch Starts im Wasser und vom Land, ebenso den Ausstieg mit anschließendem Lauf zur imaginären Wechselzone.“ Heidi Jesberger: "Ich schwimme relativ selten in offenem Gewässer, da wir in meinem Heimatort Assamstadt und Umgebung leider kaum Seen haben. Außerdem bin ich eher der ängstlichere Typ und würde auch nicht unbedingt alleine in einen See zum Training steigen. Ich gehe aber immer an den letzten Tagen vor wichtigen Rennen auf die Originalschwimmstrecke, um dort zu trainieren und versuche mir markante Punkte auszusuchen, damit ich mich dann am Wettkampftag besser orientieren kann. Außerdem kann ich beim Streckencheck eventuelle Strömungen im Gewässer erkennen." Olaf Sabatschus: "Bei den besagten Orientierungsspielen ist die richtige Technik wichtig. Beim Aufschauen sollte ja möglichst wenig Wasserwiderstand geboten werden. Das geht nur, indem man den Kopf gerade soweit aus dem Wasser anhebt, dass die Augen nach vorne so eben über der Wasseroberfläche sind. Kopf dann heben, bevor der Arm auf der Atemseite in die Druckphase übergeht, also ein paar Zehntel Sekunden früher als normal - dann kann man den Kopf gleich weiterdrehen zur Atmung. Auch das Blenden der Sonne, was im Wettkampf am Morgen häufig vorkommt, ist immer ein Problem. Es ist möglich sich einen Fixpunkt zu suchen, der nicht direkt in der Linie der Sonneneinstrahlung liegt und versucht, den seitlichen Versatz richtig einzuschätzen. Auch hilfreich: Auf den Rücken drehen für ein bis zwei Züge die Bojen, die man schon hinter sich gelassen hat, beobachten. Dadurch kann es auch auf die Ideallinie zurückgehen.

Außerdem sollte der veränderten Wasserlage im Neo Beachtung geschenkt werden. Durch die hohe Wasserlage greift man ein bisschen mehr von oben in das Wasser. Bei Wellengang muss man früh die Hand einstechen, und nicht erst dann, wenn der Arm schon vollends gestreckt ist, sonst greift man ins Leere. Prima also, auch im Freiwasser ein paar Drills einbauen, wie Abschlag- oder Einarm-Schwimmen. So wird die Phase des Wasserfassens geschult. Natürlich ist trotz verbesserter Neopren-Materialien immer noch ein Unterschied in der Ermüdung in der Überwasserphase. Die Arme etwas breiter führen ist im Falle des Neoprenschwimmens eher angesagt als im Pool ohne die Auftriebshilfe. Richtung Saison ist es also wichtig, regelmäßig mit Neo zu trainieren, damit das böse Erwachen nicht im Wettkampf kommt." Jan Sibbersen: "Ich gehe eigentlich relativ selten zum Freiwassertraining, vielleicht ein- bis zweimal pro Monat in den Sommermonaten. Meistens trainiere ich die Orientierung im freien Gewässer, da ich in diesem Bereich ja schon so meine Probleme in der Vergangenheit hatte. Ich suche mir ein schwer erkennbares Ziel am anderen Ende des Sees/Flusses heraus und versuche möglichst geradlinig dort hin zu schwimmen. Am sinnvollsten ist dieses Training bei widrigen äußeren Bedingungen mit viel Wellen, denn bei ruhigem Wasser sieht man eigentlich immer recht viel und es gibt sowieso wenig Orientierungsprobleme."