Int. Deutsche Meisterschaften - zu heiß für Vorhersagen

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 05.06.2003 um 00:20
Selten waren Titelkämpfe im Triathlon spannender: Bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften am Breitenauer See geht es um die Qualifikation für die Europameisterschaften und die zeigen schon Richtung Athen ...

Selten waren Titelkämpfe im Triathlon spannender: Bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften am Breitenauer See bei Heilbronn könnte am Samstag so manche Olympiahoffnung genährt oder erschüttert werden. Der Wettkampf ist direkte Qualifikation für die zwei Wochen später stattfindenden Europameisterschaften in Karlsbad (CZE). ITU-Ranglistenpunkte und Top-Platzierungen werden für die Deutschen Kurzdistanz-Cracks in den kommenden Monaten mehr zählen als alles andere. Wer am Samstag auf dem Podest und damit im EM-Kader landet, hat die besten Chancen, auch dann ganz vorn zu liegen, wenn nach den Weltmeisterschaften im November abgerechnet wird. Das ist allen Anwärtern bewusst. Franzmann, Dittmer, Heil oder wer ...? Die eine hat es angedeutet, die andere bewiesen nur von der Dritten weiß man’s im Moment nicht so recht: Es mag leichtsinnig sein, diese drei Damen als einzige Favoritinnen am Breitenauer See zu bezeichnen. Es spricht trotzdem einiges dafür, dass es so kommt. Für die angriffslustige Joelle Franzmann spricht dabei, dass sie als Top-Schwimmerin auf dem Rad vermutlich die Stärkste der drei ist. Austrainiert wie selten und endlich mal frei von Verletzungen, muss Franzmann für einen Sieg allerdings früh vor Anja Dittmer fliehen. Folgen kann die nämlich allemal und ist im Lauf eine Nuance besser als die Kaderkollegin. Ob die erfahrene Anja Heil erneut vorn eingreifen kann, und ob Nachwuchsleute wie Ricarda Lisk oder Barbara Kösser die Abwesenheit der Titelverteigerin Christiane Pilz für vordere Plätze nutzen können, wird die spannende Frage des kommenden Samstag. Geht Ungers Taktik auf? Titelverteidiger Daniel Unger nimmt seine Aufgabe sehr ernst und hat dafür hoch gepokert. Anders als alle männlichen Kaderkollegen entschied er sich Ende April gegen einen Saisonauftakt in Florida. Und musste prompt aus dem Trainingslager zusehen, wie sein größter Herausforderer Maik Petzold das Loch zu den Besten der Welt schloss und Stefan Vuckovic zurückkam. Petzold wurde im Weltcup in St. Petersburg 5., Vuckovic 15. – Unger gewann kurz darauf einen Sprinttriathlon in Bad Waldsee. Haushoch natürlich, doch wo der noch amtierende Deutsche Meister aus Mengen zum Beginn dieser langen Saison wirklich steht, ist wohl das größte Spannungsmoment der DM - zumal ein Infekt die letzte Vorbereitung etwas störte. Ausreden sucht Unger für Samstag allerdings sicher nicht. Winkelzüge und Offensiven Dirk Bockel und Sebastian Dehmer gehören allemal zum engsten Favoritenkreis, wenn sie auf den Punkt abrufen können, was nach der Papierform in ihnen steckt. Das bedeutet aber auch, alle taktischen Varianten parieren zu können, die der radlastige Kurs ermöglicht. Zugleich zweite Station der Bundesliga und als Titelrennen international ausgeschrieben, dürften mannschaftstaktische Winkelzüge und knochenharte Offensiven den Rennverlauf auf der Radstrecke früh prägen. Zäck aufgeregt wie vor 20 Jahren „Ich bin gespannt, wie die Altmeister Thomas Hellriegel und Jürgen Zäck ihren Rückstand nach dem Schwimmen als starke Radfahrer kompensieren können. Auf der Strecke ist vieles möglich“, warnt Bundestrainer Ralf Ebli umsichtig. Besser, man hat so etwas beizeiten ausgesprochen. Lothar Leders Lehrstunde in Buschhütten hat – Trainingswettkämpfe hin oder her – aufgezeigt, wo sich bei Eblis Mannen sportliche Angriffsflächen für Deutschlands stärkste Radler bieten könnten. Ein Rückstand ist für Zäck und Hellriegel nach dem voraussichtlich neoprenfreien Schwimmen zwar unvermeidlich, doch „wenn wir uns auf dem Rad finden, haben wir ganz ähnliche Interessen und einige Möglichkeiten“, sagt Jürgen Zäck. Und gesteht, er sei vor seinem ersten Draftingrennen über diese Distanz „so aufgeregt und motiviert wie vor den ersten Rennen der 20-jährigen Karriere.“ Gefährliche Außenseiter Aus Motivation geballte Energie zu machen, ist eine besondere Stärke von Faris Al-Sultan, der erstens für Witten und zweitens für seine stillen Olympiaträume antritt. Zielstrebigkeit und psychische Härte scheinen wirklich eine besondere Qualität des Münchners zu sein: „Ich werde dort ein gutes Rennen machen“, sagte er im Gespräch mit tri2b.com ohne jede Eventualität und meinte damit, dass er alles daran setzen wird, sich direkt für die EM in Karlsbad zu empfehlen. Dass der alte Fuchs Roland Knoll zu Titelkämpfen auf den Punkt fit zu sein versteht, bedarf keines weiteren Belegs mehr. Sein Leistungsprofil macht ihn, ebenso wie Al-Sultan, zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten um die Tickets zur EM. Vielleicht werden sich die Beiden dafür die berüchtigten Rad-Attacken von Schrambergs Stars Reed und Cunningham zunutze machen, die für den Tagessieg am Breitenauer See ganz heiße Anwärter sind ...
Zaehler