Ironman Germany 2004: Holzner holt das Double

von tri2b.com | 11.07.2004 um 18:40
Erneut sind die deutschen Triathleten auf heimischem Terrain nicht zu knacken. In einem couragierten Alleingang haben Stefan Holzner und Nina Kraft den internationalen Stars die Show gestohlen ...

Wieder einmal sind die deutschen Triathleten auf heimischem Terrain nicht zu knacken. Im couragierten Alleingang haben Stefan Holzner und Nina Kraft ihre Titel beim 3. Opel IRONMAN GERMANY Triathlon in Frankfurt verteidigt und den internationalen Stars die Show gestohlen. Während an einem erneuten Erfolg der haushohen Favoritin Kraft wohl niemand ernsthaft gezweifelt hat, auch nicht an deren Fähigkeiten zu einer Weltklassezeit von unter neun Stunden (8:58:37 Std.), ist der erneute Sieg des Bad Reichenhallers Stefan Holzner angesichts der deutschen und internationalen Konkurrenz eine Sensation. Für den viermaligen Neuseeland-Champion Cameron Brown, der erneut Zweiter wird, gerät die vergebliche Hatz nach seinem ersten internationalen IRONMAN-Sieg zu einem achtstündigen Déjà-Vu. Gleiches Rezept, gleiche Wirkung Mit genau der gleichen Taktik wie im Vorjahr fährt Holzner auf den welligen und teilweise windanfälligen 180 Kilometern durch den Main-Kinzig-Kreis und die Wetterau der versammelten Weltelite auf und davon und notiert in der zweiten Disziplin die Tagesbestzeit. Bemerkenswert ist das vor allem deshalb, weil Ex-Telekom-Radprofi Kai Hundertmarck, der Holzners Marke um knappe 17 Sekunden verfehlt, eigentlich mit dem Ziel angetreten war, in seiner Spezialdisziplin die Spitze des Rennens zu übernehmen und sich dabei nicht für den Marathon zu schonen. Weltbestzeit von Sibbersen Dafür allerdings hätte es bei dem Eppsteiner Triathlon-Novizen auch im Wasser deutlich besser laufen müssen. Als Hundertmarck nach einer harten Schwimmstunde an Position 299 das Ufer des Langener Waldsees erreicht, ist der derzeit schnellste IRONMAN-Schwimmer der Welt, Jan Sibbersen, bereits seit 18 Minuten auf und davon. Bei 42:17 Minuten löst der Coburger die Zeitnahme aus und pulverisiert damit die sieben Jahre alte Weltbestzeit des Dortmunders Michael Prüfert (43:35 Minuten, Roth 1997). Auch die deutschen Favoriten Holzner, Hellriegel und Zäck schwimmen mit deutlich unter 49 Minuten im Bereich ihrer Bestleistungen. Absprung der Deutschen Gemeinsam mit den laufstarken Konkurrenten aus Übersee legen die deutschen Profis die ersten Kilometer der rhythmisch anspruchsvollen Radstrecke zurück, bis zunächst Holzner, schließlich auch Zäck und Hellriegel der Absprung nach vorn gelingt. Früh in der zweiten Hälfte der 180 Kilometer dann löst sich Holzner aus der deutschen Dreiergruppe an der Spitze und brummt seinen wichtigsten Konkurrenten zum zweiten Disziplinwechsel Abstände zwischen acht und zwölf Minuten auf. Doch mehr noch als sein Polster zum durch einen Radsturz noch leicht gehandicapten Zäck und zu Hellriegel wiegt Holzners Vorsprung vor den mehrfachen Hawaiisiegern Peter Reid (CAN) und Tim DeBoom (USA) und vor Kiwi Cam Brown, die in einer größeren Gruppe gemeinsam mit Steffen Liebetrau und Uwe Widmann das Mainufer erreichen. Reid bricht erneut ein Auch das eine Parallele zum Vorjahr: Gewohnt elegant und leichtfüßig organisiert als Erster Peter Reid im Marathon die Aufholjagd. Schnell ziehen die drei Männer aus Übersee vorbei an Thomas Hellriegel, dessen Laufspeed nicht mehr ausreicht, den Besten der Welt Paroli zu bieten. Zunächst müssen auch Brown und DeBoom den Kanadier um einige Sekunden ziehen lassen und schließen sich nach rund 20 Kilometern zusammen mit dem inzwischen gestellten Jürgen Zäck. Reid verkürzt weiter rasant den Abstand zu Holzner, doch der Bad Reichenhaller kontert, genau wie im Vorjahr. Und dann bricht Reid wieder wenige Kilometer vor dem Ziel dramatisch ein und muss Brown, DeBoom, Zäck und auch Uwe Widmann ziehen lassen. Er wird am Ende Sechster. An Stefan Holzner, der seinen Streckenrekord von 8:12:29 aus dem Vorjahr nur um vier Minuten verfehlt (8:16:35 Std.), kommt aber auch Brown (8:18:11 Std.) mit der besten Marathonzeit des Tages (2:44:45) nicht mehr heran. „Ich war überrascht, dass es zum Schluss doch noch so eng geworden ist“, meint Holzner im Ziel. Platz drei belegt eine halbe Minute hinter Brown der zweimalige Hawaii-Sieger Tim DeBoom (8:18:47), „Altstar“ Jürgen Zäck wird in 8:22:49 Stunden Vierter im Frankfurter Weltklassefeld. Er distanziert, wie schon bei der Premiere 2002, damit den überraschend starken Lokalfavoriten Uwe Widmann (8:32:58), der Fünfter wird. Festgefügte Hierarchie Die Kräfteverhältnisse bei den Frauen erfassen Katja Schumachers Worte treffend: Sie renne um Platz zwei, lässt die Heidelbergerin, vor zwei Jahren Siegerin des ersten Ironman Germany in Frankfurt, die Journalisten an der Rennstrecke wissen. Das klingt wenig kämpferisch, doch ist es angesichts der bereits ins dritte Jahr gehenden Dominanz der Braunschweigerin Nina Kraft wohl die einzig sinnvolle Sichtweise. Wenn überhaupt, dann liegt allein im Kampf um Platz zwei ein gewisses Spannungsmoment in der unverhältnismäßig dünn besetzten Frauenkonkurrenz von Frankfurt. Viel mehr treibt das Publikum die Frage um, ob die selten gebrochene Neun-Stunden-Barriere von Kraft in diesem Jahr geknackt werden kann und wo sich die „Über-Frau“ aus Braunschweig im Gesamtfeld aller Teilnehmer zu platzieren vermag. Und da soll die 35-jährige wirklich niemanden enttäuschen. Schon auf den 3,8 Kilometern durch den Langener Waldsee kann lediglich die frühere Kurzstrecken-Spezialistin Nina Fischer mithalten mit Kraft, die als 15. inmitten der männlichen Profis in die erste Wechselzone stürmt. Schumacher liegt fünf Minuten zurück, doch die 36-Jährige sucht mit einem furiosen Anfangstempo nur in den ersten Radkilometern nach einem Zeichen der Schwäche bei Nina Kraft. Als die Abstände zur Führenden nach 60 Kilometern dennoch deutlich anwachsen, konzentriert sich Schumacher auf die Aufholjagd zur zweitplatzierten Fischer und zieht nach 110 Kilometern an der Kielerin vorbei. Auf Platz vier zu dieser Zeit Tina Walter, Ende Mai Fünfte beim IRONMAN Lanzarote. Klaffende Abstände Der vierfachen Mutter mag das Rennen auf den Kanaren immer noch ein wenig in den Knochen stecken, denn auf der Laufstrecke muss die Duathlon-Spezialistin nach zweitbester Radzeit wegen Rückenschmerzen aufstecken. Zu dieser Zeit liegt Kraft schon unter den zwanzig besten Männern, über zehn Minuten vor Schumacher, vierzehn vor Fischer. Einzig die Aussicht auf die Neun-Stunden-Schallmauer mag Kraft da angetrieben haben zu ihrer neuen Marathonbestzeit von 3:00:54 Stunden. Im Ziel bleiben gerade zwölf Männer vor der Braunschweigerin die mit 8:58:37 Stunden in diesem Jahr tatsächlich eine Jahresweltbestzeit über die Originaldistanz aufstellt. „Dass ich die Neun-Stunden-Grenze geknackt habe, muss ich erst mal verarbeiten“, so Kraft, der dieses Kunststück als zweiter Deutscher nach der Neubrandenburgerin Ines Estedt gelingt. Katja Schumacher, die nach einer völlig verkorksten Saison 2003 zurück ist in der Spitze, erreicht das Ziel als Zweite (9:20:28 Std.) dreizehn Minuten vor Nina Fischer (9:33:37), die in der zweiten Marathonhälfte noch etwas an Boden verliert. Auf Platz vier die Nürnbergerin Imke Schiersch (9:52:56), seit gut zwei Jahren eine sichere Bank bei großen deutschen Mittel- und Langstreckenrennen, Fünfte wird Inge Lohle (10:20:24) aus Katzenbühl.