Jürgen Zäck: Der Kreis schließt sich langsam

von Frank Ketterer für tri2b.com für tri2b.com | 07.07.2004 um 16:53
"Es gibt keinen, der länger in der Spitze dabei ist", sagt der 39-jährige Jürgen Zäck über sich selbst, und das ist kein eitles Eigenlob, sondern Tatsache. Und im Moment verspürt er so viel Spaß wie schon lange nicht mehr ...

Um erahnen zu können, welche Bedeutung Jürgen Zäck aus Vallendar bei Koblenz für den Dreikampf hier zu Lande hat und welchen Stellenwert, muss man ein ganzes Stück zurückblättern im großen Geschichtsbuch des Triathlons. Das Jahr 1989 könnte man zum Beispiel aufschlagen, wo zu lesen ist, wie Mark Allen beim Ironman Hawaii zum ersten Mal die Oberhand behielt über Dave Scott. Der große Allen gegen den großen Scott - es war vor 15 Jahren ein gigantisches Duell - und mit dabei war damals auch Jürgen Zäck. Siebter wurde der blonde Kerl aus Vallendar in dem denkwürdigen Rennen, nur einen Rang hinter Scott Tinley, noch so einer Größe. Mark Allen, Dave Scott, Scott Tinley – es sind dies die Giganten des Triathlons, seine Helden – und natürlich haben sie sich allesamt längst aufs Altenteil zurückgezogen, so wie es alle Legenden irgendwann einmal tun. Nur Jürgen Zäck schwimmt und radelt und läuft noch immer, und weil er nach wie vor einer der Besten ist, könnte man leicht auf die Idee kommen, er habe einfach die Zeit angehalten, zumindest seine persönliche Uhr. Jürgen Zäck ist jetzt 39 Jahre alt, und er lacht, wenn man ihm solche Gedanken offenbart. Dann offenbart er seinerseits, dass er schon ganz anderes hat lesen müssen in den zurückliegenden Jahren - und dann lacht er noch lauter und fröhlicher, weil ihn schon lange nicht mehr interessiert, wenn irgendwo mal wieder einer schreibt, seine, Zäcks Zeit sei endgültig abgelaufen und er gehöre nun unwiderruflich zum alten Eisen. "Mittlerweile fasse ich das sogar als Kompliment auf", sagt Zäck - und dass es nicht stimmt, weiß er ohnehin. Den Beweis dafür tritt er in schöner Regelmäßigkeit an. 21 Jahre macht er nun schon Triathlon - und noch immer mischt er mit. "Es gibt keinen, der länger in der Spitze dabei ist", sagt der 39-Jährige, und das ist kein eitles Eigenlob, sondern Tatsache. Zäck selbst findet diese Tatsache übrigens gar nicht so außergewöhnlich. "Johan Museeuw hat doch auch mit 38 Jahren beinahe noch Paris - Roubaix gewonnen", sagt er. Und schließt draus: "Das ist also nichts Besonderes." Nun kann man das durchaus so sehen. Man kann aber auch darauf hinweisen, dass dieser Vergleich hinkt, weil es eben den Radsport seit über hundert Jahren schon gibt, während Triathlon erst vor 30 Jahren erfunden wurde und sich in dieser Zeit Vieles verändert und entwickelt hat, gerade was die Trainingsmethoden angeht - und die Zeiten der Besten. Jürgen Zäck hat die Evolution seiner Sportart nicht nur mitgemacht, er hat sie mitgeprägt. Immer wieder hat er seine Trainingsmethoden hinterfragt, seine Lebensgewohnheiten verändert und dem neuesten Stand der Trainingslehre angepasst. Mal hat er seine Ernährung umgestellt, mal seinen Laufstil, nur um noch ein paar Minuten oder nur Sekunden herauszuquetschen auf den alles in allem 226 Kilometern. "Ich habe da viel experimentiert und selbst entwickelt", sagt Zäck, Triathlon in der Weltspitze ist eine stete Tüftelei an der eigenen Form, nicht selten stößt sie vor in Grenzbereiche. Zäck hat nie aufgehört zu Tüfteln und zu Entwickeln - und ganz bestimmt ist das eines seiner Erfolgsrezepte. Ein anderes, und das betont Zäck ausdrücklich, ist, dass er nie die Lust an Triathlon verloren hat und den Spaß. "Wenn man sich dauernd zwingen muss, baut man eine innere Barriere auf und irgendwann geht es dann nicht mehr", sagt Zäck. Bei ihm aber geht es immer noch, im Moment verspürt er so viel Spaß wie schon lange nicht mehr. Zäck kann das sogar begründen: "In den ersten Jahren habe ich Triathlon aus purer Freude gemacht, dann kamen ein, zwei Jahrzehnte, in denen mir der Sport als Beruf sehr, sehr wichtig war und sich sehr viel Wert auf Akzeptanz in den Medien und bei Sponsoren gelegt habe. Und jetzt bin ich über diesen Punkt hinaus und komme wieder zum Ursprung zurück, zum 'just for fun'." Der Kreis, so könnte man sagen, schließt sich also. Aber er wird es langsam tun, dafür will Zäck schon sorgen, er gehört schließlich noch nicht zum alten Eisen. Dass er sein bestes Rennen noch in sich trägt, würde der 39-Jährige zwar nicht mehr behaupten, aber das könnte auch damit zu tun haben, dass seine Bestzeit bei 7:51,42 Stunden steht, aufgestellt vor sieben Jahren beim Jahrhundertrennen in Roth. Zweiter wurde er damals, hinter dem Belgier Luc van Lierde, aber vor Lothar Leder und Thomas Hellriegel. Zweiter wurde er im gleichen Jahr auch auf Hawaii. "Irgendwie witzig", findet das Zäck: Dass er so viele Rennen in seiner langen Laufbahn gewonnen hat, und nun doch die beiden Rennen von '97, in denen er "nur" Zweiter wurde, als "meine größten Erfolge", bezeichnet. Was nicht heißt, dass er nicht unvermindert mit weiteren Siegen rechnet, so wie vor drei und vier Jahren, als er jeweils den Ironman Austria in Klagenfurt gewann. Oder so wie letztes Jahr in Frankfurt, als er mit der schnellsten Marathonzeit Dritter wurde, und also nicht so weit entfernt vom obersten Siegertreppchen landete. Wie lange er noch solchen Erfolgen hinterherjagen will? Jürgen Zäck weiß es nicht, nicht so ganz genau jedenfalls. "Nächstes Jahr wird auf jeden Fall noch ein Triathlon-Jahr", sagt er. Nächstes Jahr wird er 40. Und dann? "Dann könnte es sein, dass der Umschwung kommt auf das Leben danach. Aber das wird ganz langsam passieren. Ich habe da keinen Druck." Und schließlich noch immer jede Menge Spaß.