Luc van Lierde im Interview: "Ich brauche neues Selbstvertrauen"

von J.Sibbersen für tri2b.com für tri2b.com | 22.02.2003 um 13:00
Jan Sibbersen traf in Langkawi den Hawaii Sieger von 1996 und 1999, Luc van Lierde. Das <i>tri2b.com</i>-Interview geriet zu einer Standortbestimmung des Belgiers &#8211; einen Tag vor dem Ironman Malaysia ...

In Langkawi, Malaysia traf Jan Sibbersen den Hawaii Sieger von 1996 und 1999, Luc van Lierde. Der Belgier ist weiterhin Inhaber der Weltbestzeit im Ironman Triathlon (7:50:27 Std.). Das tri2b.com-Interview geriet zu einer Standortbestimmung des Belgiers – einen Tag vor dem Ironman Malaysia. tri2b.com: Luc, du hast Kona 1996 und 1999 gewonnen, danach kam für dich eine harte Zeit. Verletzungsbedingte Absagen oder Aufgaben waren an der Tagesordnung. Wie ist dein Gesundheitszustand einen Tag vor dem Ironman Malaysia? Luc van Lierde (L.v.L.): Nach Kona 1999 lief wirklich nicht mehr allzu viel bei mir. Ich wollte letztes Jahr sogar mit dem Triathlonsport komplett aufhören, denn nach meiner verletzungsbedingten Absage auf Hawaii sind alle meine damaligen Sponsoren abgesprungen. Dann kam durch ein paar Zufälle der Kontakt zu meinem alten Coach der frühen 90er Jahre wieder zustande, und er erklärte sich bereit, mich wieder zu trainieren und zurück in die Weltspitze zu bringen – wenn nötig auch ohne Sponsoren. Ich hielt damals eine Pressekonferenz in Belgien – jeder erwartete meine Rücktrittserklärung. Stattdessen zog ich ein weißes T-Shirt ohne jegliche Werbung an und erklärte meine erneute Zusammenarbeit mit meinem ehemaligen Coach. Die Journalisten waren verblüfft, mein Telefon stand die Woche drauf nicht mehr still und wenig später hatte ich wieder Sponsoren. Das war im Dezember. – Nun bin ich bis zum letzten Samstag auf Lanzarote gewesen und habe trainiert. Ich bin glücklich sagen zu können: Das erste Mal seit Hawaii 1999 bin ich vor einem Ironman Start völlig gesund. tri2b.com: Du hattest 2002 in Nizza bis auf das Radfahren ein tolles Rennen. Was passierte dort auf dem Rad und wie hast du dich vorbereitet, damit dir das gleiche Malheur morgen nicht wieder passiert? L.v.L.: Eine Woche vor Nizza war ich beim Halb-Ironman Wales am Start und musste das Rennen aufgrund von Krämpfen, die unter anderem auch durch die extreme Kälte bedingt waren, vorzeitig beenden. Ich ließ mich danach komplett untersuchen – die Ärzte stellten einen CK-Wert (Enzym, das bei Muskelschädigungen vermehrt frei gesetzt wird, die Red.) von 4000 Milligramm/100 Milliliter in meinem Blut fest. Normal sind 50-150 Milligramm. Ich war völlig übertrainiert und hatte demzufolge „dicke“ Beine. Dieses Mal habe ich es ruhiger angehen lassen und fühle mich wesentlich stärker auf dem Rad. tri2b.com: Was sagst du zum Kurs hier? Wie schnell schätzt du die Radstrecke ein und wo siehst du dich am Ende des Rennens, falls alles nach Plan laufen sollte? L.v.L.: Die Radstrecke ist auf den ersten 60 Kilometern leicht hügelig, dann 30 Kilometer flach. Ich glaube die Strecke ist immer noch sehr schnell, wenn auch vielleicht nicht mehr so schnell wie im letzten Jahr. Aber 4:35 bis 4:40 Stunden sollten schon drin sein. Beim Laufen wird die Hitze eine entscheidende Rolle spielen. Ich glaube, ich komme unter die Top 3, ich muss nicht gewinnen. Das Rennen soll mir vor allem Selbstvertrauen über die Ironman Distanz zurückgeben. tri2b.com: Anderes Thema: Im letzten Jahr haben wir dich bei zwei Weltcup-Rennen in Kanada gesehen. Zurück zur olympischen Distanz – ist das die Zukunft des Luc van Lierde? Wie sehen Deine Pläne für dieses und das nächste Jahr aus? L.v.L.: Nach dem Rennen morgen werde ich zwei Wochen Pause einlegen. Dann geht es nach Florida zum Weltcup und anschließend ins Höhentrainingslager nach Flagstaff, Arizona. Im Juni werde ich bei einem ITU Punkte Rennen starten, danach bei den Europameisterschaften und dann wieder die beiden Weltcups in Kanada. Dann steht noch das Weltcup-Rennen in Athen auf dem Programm. Wie du daran siehst, versuche ich mich für Olympia 2004 zu qualifizieren. Das ist mein Hauptziel. Außerdem werde ich aber trotzdem in Hawaii starten. tri2b.com: Das ist ein volles Programm. Wie vereinbarst du das im Training – Kurzstrecke und Langdistanz? L.v.L.: Das ist gar nicht so schlimm wie es immer dargestellt wird. Ich lasse einfach ein paar extrem lange Einheiten weg, das mag zwar für die Langstrecke etwas schaden, aber es nimmt mir sonst zu viel von der Schnelligkeit für die Kurzdistanz weg. Ansonsten glaube ich, dass ich über beide Strecken Weltklasseleistungen abliefern kann. tri2b.com: Die Triathleten in Deutschland interessiert natürlich eine Frage ganz besonders: Wann werden wir dich wieder auf deutschem Boden Schwimmen, Radfahren und Laufen sehen? L.v.L. (lacht): Oh ja, Deutschland... ich habe vor meiner Abreise nach Malaysia Post aus Roth im Briefkasten gesehen, sie aber noch nicht aufgemacht. Aber wie schon gesagt, sowohl dieses als auch nächstes Jahr kommen für mich die Rennen in Roth und Frankfurt wegen der olympischen Spiele nicht in Frage. Danach bin ich offen, aber bis dahin ist ja noch viel Zeit. tri2b.com: Luc, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg im Rennen!
Zaehler