Motivation: Das Fundament für Spitzenleistungen

von S. Kräftner/biestmilch.com für tri2b.com | 25.01.2006 um 22:27
Seit dem Spitzensportler mit der Hilfe von Motivationstrainern von Sieg zu Sieg eilen ist der Begriff in aller Munde. Eine stabile Motivationslage wird aber nicht nur von der Psyche beeinflusst. Vielmehr spielen auch biologische Zusammenhänge eine Rolle ...

Bei der Thematik Sport und Motivation wir meist sofort an entsprechende Motivationstechniken gedacht. Mit diesem Beitrag sollen aber die biologischen Hintergründe und Zusammenhänge beleuchte werden, die eine bestimmte Motivationslage charakterisieren. Motivation umfasst nicht nur einen psychischen Zustand, Motivation steht auch für einen bestimmten Zustand des Organismus, der vor allem durch die Aktivität der Supersysteme der Regulation - Nervensystem, Immunsystem und Hormone - erzeugt wird. Motivation beschreibt immer eine Beziehung zu etwas. Ein Motiv ist etwas, dass mir den Anstoß zum Handeln gibt. Hunger ist zum Beispiel ein sehr stabiles Motiv und Hunger motiviert zum Essen. In der Regel ist diese Motivation so stark, dass die Handlung ohne Mühe erfolgt. Das muss nicht unbedingt so sein. Menschen, die in einen Hungerstreik gehen, sind so sehr durch ein Ideal motiviert, dass Hunger als Motivation zum Essen nicht mehr ausreicht. Ähnliches gilt auch für Schwerkranke, denen Essen große Schmerzen bereitet. Im Extremfall ziehen sie es vor zu verhungern. Motivation: Schwankungen sind vorprogrammiert Und wie verhält es sich mit der Motivation, um sportliche Spitzenleistungen zu erbringen? Wahrscheinlich hat jeder von Ihnen schon erlebt, dass das Motiv «Spitzenleistung» weit weniger stabil ist als Hunger. Dass die Unsicherheit, welcher Weg zum Ziel für mich der Richtige ist, die Motivation oft schwanken lässt, dass die Vielzahl der Möglichkeiten, wie sie sich in den verschiedenen Trainingsmethoden, Ernährungskonzepten und mentalen Trainingsmethoden widerspiegeln, die unter Umständen zum Ziel führt, die Motivation schwer belasten können. Und dann kommt noch der eigene Körper hinzu, der einem auch keine Sicherheit geben kann, ob der Weg, für den man sich mühevoll entschieden hat, eine Spitzenleistung garantiert. Motivation hat folglich etwas damit zu tun, wie wir uns selbst wahrnehmen (Selbstwertgefühl), wie wir unsere Umwelt wahrnehmen (Ziele) und wie wir uns in dieser Welt wahrnehmen (Erwartungen). Daraus ergibt sich eine Komponente unseres Verhaltens, die auf der Gefühlsebene von hochmotiviert bis depressiv reichen kann. Motivation ist aber auch ein innerer Zustand, der eine Aktivität des Nervensystems, Immunsystems und der Hormone verkörpert. Aus diesem biologischen Blickwinkel wird Motivation durch die Stressantwort des Körpers stark beeinflusst. Die Stressantwort befähigt unseren Organismus dazu, unser Verhältnis zu unserer Umwelt zu kontrollieren und an die sich ständig ändernden Bedingungen anzupassen. Diese biologische Stressantwort erhält das dynamische Gleichgewicht (Homöostase) des Organismus aufrecht, indem Soll- und Ist-Werte ständig registriert und adaptiert werden. In der Regel wird der Ist- dem Soll-Wert angepasst (z. B. Blutzucker). Durch Training können auch Soll-Werte verschoben und die Ebenen des Gleichgewichts verändert werden (z. B. Sauerstoff-Transportkapazität, Blutdruck, Herzfrequenz).

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Gleichgewicht in Körper und Psyche führt zum Erfolg Das Spannungsfeld zwischen Ist-und Soll-Wert beeinflusst auch unsere Motivation, d.h. Regulationsstörungen, steigende Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Wert reduzieren die Motivation. Denken Sie nur an einen Wettkampf, den Sie abgebrochen haben. Das selbe Dilemma der Diskrepanz zwischen Ist (Realität) und Soll (Erwartungen) gilt auch für Wahrnehmungen (z. B. Erfolg, Misserfolg, Leistung, Ängste, Selbsteinschätzung oder Selbstwertgefühl). Diese können ebenso Stressoren sein wie Krankheiten oder Verletzungen. Beide führen in unterschiedlichem Ausmaß zu einem Verlust der Motivation. Man kann Parameter der Stressantwort messen. Die Abweichungen gleichen sich beinahe aufs Haar, gleichgültig, ob der Stressor von einem unbewussten physiologischen Stressor, wie dem abfallenden Blutzuckerspiegel, einem physischen Stressor, wie extreme Muskelarbeit, oder aber von einem psychischen Stressor wie Versagensangst herrührt. Biologische Hintergründe mangelnder Motivation Wie schon in meinen vorangegangenen Beiträgen steht auch an dieser Stelle wieder die biologische Stressantwort im Zentrum der Überlegungen. Die Stressantwort passt unseren Organismus an die inneren und äußeren Gegebenheiten des Lebens an. Das Stress-System, das im Wesentlichen aus Cortisol- und Katecholamin (Adrenalin, Noradrenalin)-Regelkreisen im zentralen Nervensystem besteht, kennt feste Regeln, nach denen es Reize bzw. Stressoren verarbeitet. Diese Regelkreise sind auf das Engste mit dem Immunsystem und allen Organsystemen, wie z.B. Herz-Kreislauf- oder Atmung verknüpft. Sie überwachen, kontrollieren und koordinieren alles, was im Körper abläuft, um Korrekturen auszuführen oder in Auftrag zu geben, also Ist und Soll zu vergleichen und für Körper und Psyche in einem erträglichem Abstand zu halten. Das übergeordnete Ziel aller Aktionen ist immer die Aufrechterhaltung des dynamischen Gleichgewichts (Homöostase). Dabei ist es eigentlich ziemlich egal, ob es sich um bewusste oder unbewusste Reize, um Stressoren aus dem Inneren des Körpers oder aus unserer Umwelt handelt. Menschen verfügen entsprechend ihrer genetischen Ausstattung und ihren Erfahrungen im Umgang mit stresshaften Situationen seit der Geburt über unterschiedlichste Fähigkeiten, Belastungssituationen zu bewältigen. Was für den einen Stress ist, muss also für einen anderen noch lange nicht Stress bedeuten. Erfolglose Stressverarbeitung führt zu einer chronischen Stressbelastung. Man beobachtet ein überaktives Stress-System und als Teil dessen ein dereguliertes Immunsystem. Die vielleicht schwächsten Symptome einer solchen chronischen Stressbelastung sind Motivationsverlust und mangelnder Antrieb verbunden mit einem Gefühl der Überforderung und des Kontrollverlustes über die eigene Lage. Bei zusätzlichem Stresseinfluss wie Krankheit, Verletzung oder Fortsetzen des Trainings trotz unzureichender Regeneration kann sich daraus eine Übertrainingssituation oder sogar eine Depression entwickeln. Immunsystem und der Einfluss auf die Motivation Das Immunsystem patrouilliert ständig im Körperinneren sowie an fußballfeld- (Darm) und tennisplatzgroßen (Lunge) Außenflächen und versucht ein Milieu des Gleichgewichts aufrechtzuerhalten. Es sendet stetig aktivierende Signale an das Stress-System, das unter normalen Umständen die Immunaktivität entsprechend kontrolliert und bremst. Das Immunsystem oszilliert beim Gesunden in einem Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Zuständen. Wenn Ausdauertraining und Wettkampfbelastung in einen chronischen Stresszustand ausarten, trägt das Immunsystem des Athleten in der Regel zu dem Desaster des Leistungsabfalls und Stimmungstiefs bei. Unzureichende Regeneration, nicht völlig ausgeheilte Verletzungen oder Infektionen sind oft die Ursache für den psychisch-emotionalen Zustand, der vom Motivationsverlust bis zur Depression oder auch Übertraining reichen kann. Es sind vor allem Zytokine wie Interleukin-1 und Interleukin-6, die bei dieser Verschiebung der Emotionslage eine zentrale Rolle spielen. Also gilt ein intaktes Immunsystem als oberste Prämisse, wenn man Spitzenleistungen erzielen will. Mentales Training kann helfen Wie im ersten Teil des Textes zu lesen war, können wir durch Training (Konditionierung) lernen, einen Stresszustand zu beeinflussen. Bewusstes Atmen ist so eine Möglichkeit oder die Visualisierung von Situationen, die für einen ein Stressauslöser sein können, wie das Spüren des herannahenden Gegners im Rücken, der plötzlich jede Kraft versiegen lässt. Wir können uns konditionieren, mit Stress besser umzugehen. Je besser wir deshalb trainieren, Strategien für unterschiedlichste Stress-Situationen zu entwickeln, desto unangefochtener wird unser Selbstbewusstsein und unser Motivation sein. Erfolgreiche Stressverarbeitung muss Teil eines klassischen Trainingsprogramms sein. Natürlich reicht es nicht aus, sich nur mental zu stärken, auch der Zustand des Immunsystems muss top sein: das heißt für Regeneration, sowie das Ausheilen von Verletzungen und Infektionen muss genügend Zeit zur Verfügung stehen. Hilfsmittel aus dem breiten Fächer der Nahrungsergänzung können zwar hilfreich sein, die Basis bildet jedoch zunächst eine ausgewogene Ernährung.