Nina Kraft - Triathlon-Talent in der Weltspitze

von Sebastian Moll für tri2b.com für tri2b.com | 21.10.2002 um 07:43
Martin Malleier freut sich, wenn seine Freundin krank wird. Zwei Mal war Nina Kraft in diesem Jahr krank. Das erste Mal im Juni, danach gewann sie den Langdistanztriathlon in Roth. Das zweite Mal im September. Danach wurde sie beim wichtigsten und härtesten Triathlon der Welt auf Hawaii am vergangenen Samstag Zweite...

Kailua Kona. Martin Malleier freut sich, wenn seine Freundin krank wird. Zwei Mal war Nina Kraft in diesem Jahr krank. Das erste Mal im Juni, danach gewann sie den Langdistanztriathlon in Roth. Das zweite Mal im September. Danach wurde sie beim wichtigsten und härtesten Triathlon der Welt auf Hawaii am vergangenen Samstag Zweite. Das war die beste Plazierung, auf die hier jemals eine Deutsche kam. Martin Malleier ist nicht nur Nina Krafts Lebensgefährte, sondern auch ihr Trainer. Aber weil er diesen Job nicht autoritär auslegt, lässt er Nina Kraft gewähren, wenn sie unvernünftig ist. Und dass ist sie oft. Wenn sie mit Martin und mit ihrem Bruder, der ebenfalls am Hawaii-Ironman teilnahm, Rad fährt beispielsweise, und die drei sich zu Geschwindigkeiten anstacheln, die Krafts Vorbereitung nicht eben gut tun. Zum Glück gibt ihr Körper ihr aber klare Signale, wenn sie es übertreibt. "Es war gut für sie, dass sie krank war", so der Innsbrucker Malleier. "Das hat sie gebremst. Sie hätte sonst viel zu viel gemacht." Die Trainingssteuerung per Infekt ist eigentlich keine angemessene Form des Arbeitens für eine, die sich seit ihrem dritten Platz im vergangenen Jahr auf Hawaii in der absoluten Weltspitze festgesetzt hat. Aber irgendwie hat man den Eindruck, dass Nina Kraft auch gar nicht Vollprofi im herkömmlichen Sinn sein will. Für den Sport und vom Sport leben - Ja. Aber sich Zwängen unterwerfen wie Sponsorenterminen, Medienanfragen, die sie nicht mag oder Trainingsplänen die ihr keinen Spass machen - niemals. Nach ihrem dritten Platz im vergangenen Jahr bekam sie beispielsweise ihren ersten Sportbranchen-fremden Sponsorenvertrag angeboten - im Triathlon noch immer eine Rarität. Jede andere hätte sich nach einem solchen Vertrag die Finger geleckt, doch Nina Kraft zackerte so lange herum, bis die Auflagen ihren Vorstellungen entsprachen. "Ich lasse mir von außen keinen Druck machen." Die 33 Jahre alte Braunschweigerin, die bis vor drei Jahren technische Zeichnerin war, möchte sperrig bleiben. "Wenn ich irgendetwas sagen oder tun müsste, was mir nicht entspricht, würde ich aufhören." Deshalb ist sie auch gar nicht so böse darum, dass die ganz große Öffentlichkeit mit Frauentriathlon nicht herzustellen, das große Geld damit nicht zu verdienen ist. Wenn sich Kolleginnen in ihrer Leistungsklasse aufführen wie Stars, findet sie das deshalb auch albern: "Ich komme mit den ganz normalen Amateuren viel besser zurecht, als mit den anderen Profis." Dazu passt es, dass sie es ablehnt über die Bedeutung von Erfolgen und Siegen nachzudenken. Dass sie die beste deutsche Triathletin aller Zeiten ist, dass der nächste logische Schritt ihrer Karriere der Hawaii-Sieg wäre, über so etwas mag sie nicht sinnieren. "Ich will für mich gute Rennen machen", sagt sie. Triathlon ist für sie in erster Linie ein Kampf mit und gegen sich selbst, nicht ein Rennen gegen andere um Ruhm und Ehre. Diesen Kampf mag sie, deswegen mag sie auch Hawaii: "Hawaii ist härter als andere Rennen, deshalb komme ich gerne hierher." Wie auch im Training treibt sie sich gerne an ihre Grenze und manchmal noch weiter. Aber es muss klar sein, das sie es selbst ist, die das tut und niemand anderes. In dieser Philosophie ist sie der nunmehr viermaligen Hawaii-Siegerin Natasha Badman nahe, die sagt: "Ich kenne keine Gegnerinnen, nur Mit-Sportlerinnen." Viele halten das für Koketterie und für idealistische Verklärung eines knallharten Geschäfts. Insbesondere die Männer. Cameron Brown, Dritter der beiden vergangenen Jahre: "Das ist ein knallhartes Rennen Mann gegen Mann, bei dem viel auf dem Spiel steht." Nina Kraft und Natasha Badman spazierten hingegen, mit Blumenkränzen behangen, Arm in Arm von der Ziellinie hinunter an den Strand, wo die Massagebänke aufgebaut waren. Ein schönes Bild, so süß wie der Orchideenduft, der über die Insel weht, unter der die Lava brodelt.