Stephan Vuckovic sucht in Karlsbad den Schlusspunkt

von Frank Ketterer für tri2b.com für tri2b.com | 17.06.2003 um 08:14
Genau vor zwei Jahren erkrankte Stephan Vuckovic bei der EM im tschechischen Karlsbad an der lebensgefährlichen Legionärskrankheit ...

Noch weiß Stephan Vuckovic nicht, was genau mit ihm passieren wird, wenn er am Samstag wieder in jenes Wasser steigt, in dem seine Leidengeschichte begann. "Natürlich werden mir da ein paar Dinge im Kopf rumspuken", vermutet er. "Natürlich wird das kein normaler Wettkampf für mich sein." Vielmehr wird ihn, den Silbermedaillengewinner im Triathlon bei Olympia in Sydney, die Erinnerung einholen, die Vergangenheit, die in diesem Fall keine schöne ist. Nicht nur die sportliche Karriere fast beendet Auf den Tag genau vor zwei Jahren stieg Stephan Vuckovic zum letzten Mal im tschechischen Karlsbad ins Wasser, auch damals war es bei den Europameisterschaften. Als er wieder heraus kam, trug er jenen heimtückischen Erreger in sich, der seine sportliche Karriere beinahe beendet hätte - und sein Leben fast gleich mit. Legionellen, diagnostizierten die Ärzte später, im Volksmund: Legionärskrankheit. Bei "Vucko" äußerte sich das so: Noch in der gleichen Nacht versagten Nieren und Leber ihren Dienst, die EM endete für den Reutlinger auf der Intensivstation. "Ein paar Stunden später ins Krankenhaus - und ich weiß nicht, wie alles gekommen wäre", sagt er. Zehn Tage lag er dort, zehn Kilo verlor er in dieser Zeit. Das Thema endlich abschließen Vielleicht, meint Stephan Vuckovic, sei es ja ganz gut, dass er nun wieder nach Karlsbad müsse. "Vielleicht ist das Thema dann endgültig abgeschlossen. Nach zwei Jahren wäre es an der Zeit." Es waren schwere zwei Jahre, die schwersten seiner Karriere, vielleicht seines Lebens. Als er ein halbes Jahr nach der Erkrankung langsam wieder anfing mit dem Sport, fühlte er sich "wie ein Wrack"; über vier Minuten brauchte er damals für die 1.000 Meter – und trotzdem war er danach "total am Ende". Noch schlimmer aber war die Unsicherheit, diese Angst, dass doch etwas zurückgeblieben sein könnte in seinem Körper. Schwindel plagte ihn oft nach dem Training und das Herz schlug bisweilen rasend wild, weil es eben ein Sportlerherz ist und gar nicht gewohnt, so wenig zu arbeiten und zu pumpen. Von "vegetativen Störungen" sprachen die Ärzte. "Das waren richtige Attacken, die zwar nicht lebensbedrohlich waren, aber wenn man sie hat, ist es furchtbar", erzählt Vuckovic. Und sie machten Angst. Neuer Abschnitt Die Angst ist weg, das Herz schlägt wie früher, der letzte Schwindelanfall liegt über zwei Monate zurück. Es scheint, als habe Stephan Vuckovic seine Leidenszeit endgültig überstanden, nach zwei Jahren ist es ja auch an der Zeit. "Vucko" hat sie genutzt, und gleich auch ein paar andere Dinge geregelt, die wohl geregelt werden mussten, um wieder auf die Beine zu kommen: Er hat sich von seinem Trainer Thomas Springstein getrennt und ist von Magdeburg nach Stuttgart gezogen, wo er mit Freundin Anja Dittmer, Weltklasse-Triathletin auch sie, lebt und am Olympiastützpunkt trainiert. Die Laufpläne schreibt ihm nun Wolfgang Heinig, der Marathon-Bundestrainer, Radfahren hat er im Frühjahr mit Ironman-As Thomas Hellriegel trainiert, Schwimmen macht er derzeit in Eigenregie. Die Dinge scheinen gut geregelt; dass er mit dieser Planung nicht ganz daneben liegt, konnte der schon beim Weltcup letzten September in Hamburg erkennen. Neunter wurde Vucko da, es war seine sportliche Wiedergeburt. Schon im Herbst wieder ein Wörtchen mitreden Bei alledem ist der Mann mit der Glatze ruhiger geworden, nachdenklicher, man könnte auch sagen: erwachsener. "Ich lasse mir nicht mehr so viel Stress machen", sagt er; und auch, dass er mit "negativen Menschen" nichts mehr zu tun haben wolle. "Das kostet nur Energie." Die aber will er nur noch für den Triathlon verwenden. "Die EM", sagt Vuckovic, "ist wichtig, aber für mich nicht so wichtig". Soll heißen: Hauptaugenmerk will der Reutlinger auf die zweite Jahreshälfte legen, vor allem auf WM und das Weltcuprennen in Athen, die große Generalprobe. In Athen werden in einem Jahr wieder olympische Medaillen im Triathlon verteilt. "Dort", sagt Stephan Vuckovic, "will ich wieder ein Wörtchen mitreden."
Zaehler