Timo Bracht: "Herausragende Sprünge passieren einfach"

René Penno für tri2b.com | 27.09.2005 um 20:26
Timo Bracht hat sich spätestens mit seinem achten Platz auf Hawaii im vergangenen Jahr in der Weltelite der Triathleten festgebissen. In seinem zweiten Jahr als Profi wollte er aus seinen Erfahrungen lernen, sich in den einzelnen Disziplinen weiter verbessern und sich noch gezielter auf den Mythos in Kona vorbereiten. Wir sprachen mit ihm darüber, wie er seine Ziele umsetzen konnte und was er sich für Kona vorgenommen hat.

tri2b.com: Hawaii rückt nun allmählich näher. Der Half IRONMAN in Monaco Anfang September war dein letzter großer Wettkampf vor dem Saisonhighlight. Nach Sturzverletzungen musstest du dort allerdings aufgeben. Wie geht es dir jetzt? 
Timo Bracht (T.B.): Ja, ich habe einige Blessuren von Monaco behalten. Ich habe einen Erguß in der linken Hüfte, Prellungen und Schürfwunden - die typischen Verletzungen halt. Die Wunden machen mir momentan noch ein wenig zu schaffen, aber es geht einigermaßen. Und immerhin bin ich noch die zweitbeste Radzeit gefahren. 

tri2b.com: Wie läuft die Vorbereitung für Hawaii? 
T. B.: Die läuft soweit ganz gut. Ich habe das Training in diesem Jahr ein wenig umgestellt. Ich trainiere zu Hause und arbeite hauptsächlich an der Geschwindigkeit, damit ich nicht so ausgezehrt nach Kona komme. 

tri2b.com: Was hast du dir für dieses Jahr dort vorgenommen? 
T. B.: Im letzten Jahr war ich zunächst nicht so recht zufrieden, so wie das Rennen gelaufen ist. Obwohl ich Achter geworden bin. Wenn ich jetzt aber so zurückblicke, bin ich doch richtig stolz. Eine Top-Ten Platzierung war ein Traum. Und ist es auch weiterhin. In diesem Jahr soll es natürlich wieder da hin gehen, am liebsten noch ein wenig mehr nach vorn. Letztendlich bin ich aber froh, dass es mittlerweile so viele Deutsche in der Weltspitze gibt. Die gehören zwar auch zur Konkurrenz, aber je besser die Konkurrenz, desto besser für mich. Ich wachse an der Konkurrenz. 

tri2b.com: In Roth bist du in diesem Jahr den Marathon ziemlich schnell angegangen und konntest später nicht mehr zulegen, was dich sehr zu ärgern schien. Gehört das zum Erfahrungen sammeln? 
T. B.: 2004 bin ich noch schneller angegangen. Da bin ich mit Chris McCormack die ersten zehn Kilometer unter 38 Minuten gerannt. Dann musste ich ihn ziehen lassen und bin aber doch noch einigermaßen gut durchgekommen. Aber dieses Jahr war in Roth eigentlich der ganze Lauf eine Quälerei. Schon bei Kilometer eins habe ich mich nicht so gut gefühlt. Deshalb war ich auch so enttäuscht. Nicht über die Zeit - 8:14 Stunden ist auch noch eine ordentliche Zeit - oder über das Ergebnis, sondern weil ich es nicht geschafft habe, mit einem ordentlichen Gefühl zu laufen. Ich habe in diesem Jahr viele Halbmarathons gemacht und mich mit Spezialisten gemessen. Und dann komme ich daher gelaufen, wie vor fünf, sechs Jahren, als ich noch am Anfang stand. 

tri2b.com: Spielt da vielleicht auch der Druck, den du mittlerweile verspürst, auch eine Rolle? 
T. B.: Nein. Zumal ich mich in diesem Jahr 100 Prozent auf Hawaii vorbereitet und alles darauf ausgelegt habe. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo ich in Roth ein bisschen besser vorbereitet war. Ich habe in Roth halt keinen 100-prozentigen Tag erwischt. 

tri2b.com: Du hast einmal gesagt, dass du dich nun im zweiten Profijahr gezielt in allen drei Disziplinen weiterentwickeln willst. Wie ist dir das bis jetzt gelungen? 
T. B.: Wenn ich ehrlich bin, ist das gar nicht so leicht umzusetzen. Das hängt natürlich immer vom Niveau ab. In den Jahren 2001 bis 2003 war es doch ziemlich "einfach", mich zu verbessern. Da konnte ich mich von Monat zu Monat steigern. Ich griff immer voll an und hatte nichts zu verlieren. Hab ich jetzt auch nicht, aber wenn man mehr trainiert und mehr Rennen macht, fängt man auch an, mehr über alles nachzudenken. An manchen Tagen bin ich einfach nur froh, wenn ich mein Training so durchziehen kann, wie ich es geplant habe. Das kennt doch jeder von sich, und mit Leistungsentwicklung hat das dann wenig zu tun. Denn das typische Ironman-Training schlägt jetzt auch manchmal bei mir durch. Viel Training macht mich nicht unbedingt schneller, da muss ich auch ein bisschen auf meine Erfahrungen vertrauen. Mit Hau-Ruck geht überhaupt nix. Aber ich glaube, dass ich in diesem Jahr ein ganz gutes Grundniveau habe. Von März an, beim Half IM California, habe ich bei jedem Wettkampf auf dem Treppchen gestanden und das so über die Saison bis jetzt durchgezogen. Und ich komme vom Skispringen, da gibt es einen Spruch, der heißt: Gute Sprünge macht man, herausragende Sprünge passieren einfach. Ich denke, im Triathlon ist das so ähnlich. Man macht viele gute Rennen, aber so ein Knaller, der kommt einfach. Ohne dass man den vorher so geplant hat. Mit dem Grundniveau, das ich habe, kommt auch irgendwann einmal ein richtig gutes Ergebnis heraus. Dieser Sport gibt mir sehr viel, aber jetzt in Monaco habe ich gemerkt, wie schmal doch der Grat ist, auf dem man sich bewegt. Man kann doch froh sein, wenn man gesund unterwegs ist und verletzungsfrei über die Runden kommt. 

tri2b.com: Geht man das zweite Profijahr nun etwas entspannter oder lockerer an, besonders nach den Erfolgen und Erfahrungen der beiden Jahre zuvor? 
T. B.: Nein, nicht unbedingt lockerer. Seit meinem ersten Jahr, wo ich viele Erfolge eingefahren habe, lag die Messlatte auch sehr hoch. Man probierts halt mal, mit der Hau-Ruck-Methode daran zu reißen, auch wenn man das Training noch so clever und systematisch plant. Oft versucht man es auch mit der Brechstange, noch eine Trainingseinheit, und noch eine Einheit. Wobei das aber Schwachsinn ist. Man muss auf seinen Körper hören. Auch als Triathlon-Profi ist man keine Trainingsmaschine. Manchmal sind halt ein paar Prozent weniger dann im Ergebnis mehr. 

tri2b.com: Wenn du einen Tipp abgeben solltest für den Hawaii-Sieger, wen würdest du da nennen? 
T. B.: Ich denke, dass Normann Stadler das Rennen in diesem Jahr wieder dominieren kann. Diesmal wird er mir aber nicht schon am Bali Kai Appartment entgegenkommen nach dem ersten Laufwendepunkt. Für mich persönlich habe ich mir vorgenommen, gar nicht so sehr darauf zu achten, was die anderen machen. Ich will mich ganz allein auf mich konzentrieren, alles andere macht sowieso keinen Sinn. 

tri2b.com: Timo, vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen dir alles Gute in Kona und viel Erfolg.