Kompressionsstrümpfe: Erfahrung mit bleibendem Eindruck

von Stefan Drexl für tri2b.com | 30.01.2012 um 22:26
Lange übten Triathleten ihre Sportart barfuß und spärlich bekleidet aus. In den vergangenen Jahren jedoch rückte ein bisher nicht existentes Accessoire in den vieldiskutierten Mittelpunkt der Triathlonszene: Der Kompressionsstrumpf. Das ist nicht einfach nur eine gewöhnliche Lage Stoff zwischen dem Fuß des Athleten und seinem Schuhwerk, es handelt sich um ein hochfunktionelles Produkt mit nicht unerheblichem Druck bis unterhalb des Knies. Dessen Vorteile, Wirkungsweise und wissenschaftliche Erkenntnisse haben wir in unserem Spezial ausführlich beschrieben Nun wollte tri2b.com-Redakteur Stefan Drexl dem vieldiskutierten Druckmittel selbst auf den Garn fühlen und habe es in verschiedenen Trainingseinsätzen intensiv getestet.
Ein paar Maß vorneweg


Bevor ich jedoch loslegen konnte, galt es richtig Maß zu nehmen und drei relevante Werte von Beinen und Armen zu ermitteln. Das ist wichtig, da bekanntlich die Arm- und Beinumfänge, sowie Längen von jedem Menschen individuell sind, ebenso wie seine Schuhgröße. Nur bei einem anatomisch angepassten Druckverlauf kann die Durchblutung gefördert werden, eine bessere Sauerstoffanreicherung des Blutes erfolgen und Laktat sowie andere Reststoffe des Verbrennungsprozesses bei intensiver Belastung besser abgebaut werden. Zudem stabilisiert ein richtig vermessenes Kompressionsprodukt die Muskulatur und kann so vor Problemen an Sehnen, Bändern und Glenken vorbeugen. Neben den leistungsfördernden Aspekten, sollen die richtigen Maße auch für einen hohen Tragekomfort der Strümpfe und Tubes sorgen. Neben der Fußgröße messe ich den Knöchel- und Wadenumfang, sowie die Länge beider Arme inklusive der Umfänge von Unter- und Oberarm. Meine Werte habe ich in eine entsprechende Tabelle übertragen und das Formular mit meiner Bestellung an einen sehr erfahrenen deutschen Hersteller für Kompressionsbekleidung im oberfränkischen Bamberg geschickt. Ich habe mich erst einmal für Professional Socks und Professional Arm Tubes entschieden. Drei Tage später war das Päckchen dann da. 

Das Produkt: Der erste Eindruck


Schon die Verpackung und Beschreibung der Kompressionsstrümpfe und Arm Tubes steigerten die Erwartungen. Der Hersteller beschreibt neben den Vorteilen, den wesentlichen Aspekten und der hochwertigen Qualität seiner Produkte, wie man besonders die Strümpfe am besten anzieht. Die verwendeten Garne sind angenehm griffig und kehren nach Dehnung sofort in ihre ursprüngliche Form zurück. Ich zwängte mich sogleich in die neuen Strümpfe hinein, was mit einer gewissen Kraftanstrengung und Komplikationen verbunden war. Der erste Eindruck, nachdem ich beide Produkte in einem mehrminütigen Workout endlich übergestriffen hatte, war spürbar drückend aber wohlig weich. Ich stellte jedoch umgehend eine verbesserte Durchblutung fest, denn Beine und Arme wurden fühlbar wärmer. 

Passiv: Alltagsdruck


Erst einmal habe ich die Strümpfe einen Nachmittag lang während der Arbeit getragen und stellte fest, dass die Beine dauerhaft warm bleiben und sich die persönliche Druckwahrnehmung deutlich reduziert. Gleichzeitig fühlten sich die Beine stets locker und leicht an. Bei langem Sitzen sammelte sich wesentlich weniger Wasser in den Beinen an. Die Strümpfe rutschten auch nach mehreren Stunden kein bisschen und es bilden sich keinerlei Falten. Am Abend und nach fünf Stunden passivem Einsatz wirkten meine Beine ungewöhnlich regeneriert und es folgte die erste Laufeinheit mit den Kompressionsstrümpfen. 

Laufen: Mit ordentlich Abdruck


Ergänzend habe ich noch die Pro Arm Tubes übergestreift und da ich nicht die Möglichkeiten idealer Laborbedingungen hatte, nahm ich meine 15 km lange Hausrunde entlang der Isar bei moderatem Tempo (4:30 min/km bei 135 - 145 HF) in Angriff. Hier kenne ich alle Zwischenzeiten und meine entsprechenden Pulswerte, so hatte ich entsprechende Referenzwerte. Unmittelbar nach dem Start hatte ich kurzzeitig ein Gefühl, als ob Arme und Beine zu wenig sauerstoffangereichertes Blut bekommen würden, sie fühlten sich unglaublich schwer an. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten und 3 Minuten einlaufen wurden die Schritte immer lockerer. Sogar das übliche Ziehen in den Waden nach Hälfte der Strecke blieb aus. Erstaunlich positiv fiel mir auf, dass die Schuhe während der gesamten Laufdauer fest am Fuß saßen und das verstärkte Material an Ferse, Rist und Zehen ihre dämpfende Wirkung zeigten, obwohl der Stoff der Kompressionsstrümpfe wesentlich dünner ist als von gewöhnlichen Laufsocken. Das sollte beim Schuhkauf berücksichtigt werden. Die Kilometerzeiten waren zwar nur unwesentlich schneller, aber auffällig war meine 3-5 Prozent niedrigere Herzfrequenz. Die Tubes wirkten unterstützend auf die Haltemuskulatur und erlaubten noch gegen Ende des Trainings eine technisch saubere Schwungphase. Subjektiv fühlte ich mich deutlich erholter nach meiner Laufeinheit als gewöhnlich und spürte erheblich weniger Muskelschmerzen. Einzig die Achillessehnen machten sich bemerkbar, was ich auf die erhöhte Stabilität und der damit verbesserten Selbstwahrnehmung und Beinführung durch die Kompressionsstrümpfe zurückführte, wodurch ich vor allem die Abdruckphase als kraftvoller empfand. Zwei Tage später bin ich die selbe Strecke bei gleicher Intensität, aber wieder ohne unterstützenden Strümpfen und Tubes gelaufen. Ich konnte wieder höhere Pulswerte und die üblichen muskulären Irritationen gegen Ende der Laufeinheit feststellen. 

Nordic Skating: Länger Druck in der Loipe


Gerade bei Wintersport, wie bei ergänzenden Langlaufeinheiten sind kalte und eingeschlafene Füße und Druckschmerzen durch die schmalen und festen Stiefel keine Seltenheit. So war ich besonders auf den ersten Einsatz beim Nordic Skating auf einer 30 km-Runde im österreichischen Leutaschtal gespannt. Schon beim Schnüren der Skating-Schuhe stellte ich fest, dass die Stiefel mit den Kompressionsstrümpfen angenehmer am Fuß sitzen. Gerade beim Skaten waren die Pro Arm Tubes im richtigen Terrain und konnten zeigen, inwiefern sie den entscheidenden Unterschied ausmachen. 

Das erste Drittel der Strecke war flach und ideal zum Einlaufen mit einer Herzfrequenz von 125-135. Zwischenbilanz: warme Füße, guter Halt und keine drückenden Stellen. Es lief weiter relativ flüssig und Arme wie Beine waren gefühlt lockerer. Der Herzschlag blieb auch nach 30 Minuten und gleichmäßiger Belastung konstant. Auf Referenzwerte mit Zwischenzeiten möchte ich bei diesem Test verzichten, da zu viele äußere Einflüsse (Schneebeschaffenheit, Skiwachs) das Ergebnis verfälschen könnten. Am Berg war der subjektive Eindruck eine verbesserte Kraftausdauer und lockerere Beine, entweder aufgrund einer besserer Durchblutung oder der geringeren Vorbelastung. Messbar Nach Ende der 30 km Skating-Einheit waren besonders der Tragekomfort und die verbesserte Durchblutung, die mir mit andauernden warmen Füßen und ohne Drucksschmerzen, sehr positiv auffielen. Das alleine könnte schon für eine besser Leistungsentfaltung oder längere Leistungserhaltung sorgen. 

Die Pro Arm Tubes sorgten in jedem Fall für eine merklich längere Leistungserhaltung der arbeitenden Armmuskulatur. Als sehr angenehm habe ich die warm bleibenden Oberarme während des gesamten Trainings festgestellt. Gerade an kalten Wintertagen und bei längeren Einheiten auf der Loipe, büßt man schnell an Leistung ein, da die außen liegende Muskulatur (Trizeps) durch den Schweiß und Fahrtwind schneller auskühlt. 

Einen ähnlichen Vorteil an den Armen konnte ich bei Ski-Touren während des Aufstiegs feststellen. Aber vor allem die Beinmuskulatur war für die anschließende Abfahrt entspannter und die Füße durchgängig warm und ohne ein Gefühl der Zehen einzuschlafen. Zudem hatte ich nach mehreren Stunden in engen Skischuhen, wie auch nach der Skatingeinheit, absolut trockene Füße und keine „qualmenden“ Socken. 

Fazit: Ein komfortabler Eindruck


Meine Erwartungen an beide Kompressionsprodukte waren vor dem Tests nicht hoch gesteckt, denn vieles hatte ich im Vorfeld bereits recherchiert. Dennoch war ich um so mehr vom hohen Tragekomfort positiv beeindruckt, wenngleich man vom Aufwand für An- und Ausziehen einmal absieht. Besonders die Kompressionsstrümpfe, die ebenso häufig auch während der Regenration zum Einsatz kamen, haben das Wohlbefinden während des Trainings erheblich gesteigert, was sich sicher auf die Effizienz und Dauer der Leistungsfähigkeit auswirkte. Die Strümpfe halten warm, es gab nie Scheuerstellen oder Blasenbildung, weder an den Schienbeinen oder den Füßen und meine Muskel schmerzten deutlich weniger während und nach dem Training. Das zahlt sich natürlich aus, ob in der Motivation oder auch in der Häufigkeit des Trainings. Ein paar Socken wird nicht wahre Wunder vollbringen und kann auch kein effizientes Training ersetzen, ohne Fleiß kein Preis. Sie können die investierte Zeit aber durchaus angenehmer gestalten. Eine Investition in Kompressionsbekleidung, insbesondere in Kompressionsstrümpfe kann gerade für vielseitige Multisportler und häufig Trainierende interessant sein, die häufiger während der Woche und auch gerne mal länger laufen.