Masters und Rookies: Der Generationswechsel der Eisernen

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 08.12.2002 um 20:00
Seit dem Beginn der Neunziger spielen deutsche Männer auf den weltweiten Triathlon-Langdistanzen eine herausragende Rolle. Inzwischen haben auch die Damen gleichgezogen und so wurde die Saison 2002 der Beginn eines zweiten Generationswechsels, dem nur noch ganz wenige „Altstars“ standhalten können. Ein spezieller Rückblick auf die deutschen Spezialisten: 2002 – Die Arenen und die Stars ...

Als sich Mark Allen 1995 mit seinem sechsten Hawaii-Sieg vom Ironman-Circuit verabschiedete, hatte er erst in den letzten Meilen den führenden Deutschen Thomas Hellriegel niederringen können und dabei Schmerzen gelitten, wie selten zuvor. Hellriegel war bis dahin vor allem als einer der besten deutschen Kurzstreckler bekannt. Zen-Master Allen begründete seinen Rücktritt denn auch damit, gegen die europäische Tempo-Fraktion in Zukunft wohl nicht mehr bestehen zu können. – Schon seit dem Beginn der Neunziger Jahre spielen deutsche Männer auf den weltweiten Triathlon-Langdistanzen eine herausragende Rolle. Inzwischen haben auch die Damen gleichgezogen. So wurde die Saison 2002 der Beginn eines zweiten Generationswechsels, dem nur noch ganz wenige „Altstars“ standhalten können. Es gibt Menschen, die behaupten, Lothar Leder sei Deutschlands komplettester Triathlet, vielleicht auch der kompletteste Triathlet der Welt. Das ist eine Frage des Standpunkts: sportlich hat der Darmstädter diesen Anspruch schon überzeugender ausgefüllt, als gerade in der vergangenen Saison. Anders betrachtet, ist diese Behauptung aber vielleicht zutreffend, wie nie zuvor. Denn Leders Leben ist der Spagat zwischen Vaterschaft und Unternehmertum, zwischen Promotion und Profisport - kompletter denn je und hektischer, als man sich das vorstellen mag. Der Mann, der mit seinen Siegen Roth und Frankfurt doch irgendwie verband, war bei seinem fünften Saison-Langen auf Hawaii nur noch erschöpfter Finisher. Das durfte man aber auch erwarten, sportlich und menschlich. – Den Rother Rennorganisatoren offenbarte sich die persönliche Seite kürzlich in ungewohnter Dichte: Drei Tage verbrachten die Leders bei Herbert Walchshöfer in Roth und der organisierte für Tochter Mia einen Logenplatz beim Nürnberger Christkindl. Dabei habe er Lothar Leder von einer Seite kennengelernt, die den meisten Menschen doch wohl immer verborgen bleiben dürfte. Jürgen Zäck stand auch schon dort, wo Leder jetzt steht: Der Koblenzer war in den Neunzigern Deutschlands Triathlon-Sunnyboy und das Synonym für den Ironman. Um den 37-jährigen ist es viel ruhiger geworden und es hat ja zuletzt auch manches nicht so funktioniert, wie Zäck sich das erträumt hatte. Und doch wirkt der "Veteran" im Gespräch zumeist zufriedener und mehr mit sich im Reinen, als jemals zu seinen stärksten Zeiten. Sein beeindruckender Kampf um den Sieg in Frankfurt im August hat gezeigt, dass er noch alles kann. Im Oktober, auf Big Island, hatte Zäck wieder einmal Pech und tankte deshalb mit zwei Top-5 Rängen in Asien im November besonders wichtige Motivation für das Wintertraining. Denn Jürgen Zäck hat noch Spaß am Erfolg und 2003 dann sicher auch Lust auf sein erstes Hawaiifinish im neuen Jahrtausend. Er war ja schon 1990 dort Siebter und bester Deutscher ... Diese Position findet Thomas Hellriegel wichtig, weil die deutsche Konkurrenz so stark ist. Und deshalb war er auch mit seinem vierten Rang am Kailua-Pier am 19. Oktober besonders glücklich. Er wäre beinahe zum zweiten Male der weltbeste Ironman geworden – bis weit in den Marathon lag er auf dem Queen K-Highway in Führung. "Es gibt nichts Besseres, als das Gefühl, der Erste unter den besten 1500 Athleten der Welt zu sein“, sagte er nachher und bekanntlich macht der Duft des Erfolgs mehr Hunger, als der Erfolg selbst. Hellriegel ist die Konstanz und die Finishermentalität in Person - mit dem richtigen, taktischen Konzept kann er an einem guten Tag alles gewinnen. Konstanz und Durchhaltewille sind für Alexander Tauberts sportliche Einstellung auch eine gute, für seine Ironman-Palmares aber keine erschöpfende Beschreibung. Denn gleichzeitig ist der Mannheimer auf Hawaii der erfolgreichste, deutsche Ironman der vergangenen zwölf Jahre. Sicher ist auch so etwas eine Frage des Standpunkts, vor allem aber eine Frage der Vermarktung. Leder, Hellriegel und Stadler waren mal weiter vorn, aber auch weiter hinten, wenn im Oktober abgerechnet wurde. Taubert dagegen muss zum Zahltag nach der Saison immer ganz hinten gestanden haben, wenn aus Erfolg dann Geld und Ruhm werden sollten. – Wie sonst kann man sich erklären, dass weder Journalisten noch Sponsoren seine Leistungen bisher richtig honorieren? Fünfter war Taubert zuletzt auf Hawaii und ist motiviert, wie selten zuvor. Angeblich auch für eine bessere Promotion in eigener Sache. Olaf Sabatschus hat gerade mit letzterem auch immer so seine Probleme gehabt. Der finanziell sicher erfolgversprechendere Weg zu den Marathonspezialisten war damals eine Kopfentscheidung – der Körper wollte es anders. Dreimal war Sabatschus auf Hawaii in den Top-Ten, auch zuletzt wieder. Doch wie Taubert hat er auch schon an anderen Schauplätzen seine Qualitäten eindrucksvoll bewiesen, in Brasilien, in Asien, in Kärnten. Interessant: Inzwischen flirtet der Familienmensch und Vater aus der Gegend von Aachen mit den Schwimmspezialisten. Für swimpower.de stellt er seine fachliche Qualifikation als Ernährungswissenschaftler und seine Erfahrung als Deutschlands "Bester Duathlet auf Hawaii" zur Verfügung. Diesen Titel hätte auch Markus Forster verdient, aber so schnell geht das ja auch nicht mit den Verdiensten um den Sport. Dafür hat sich der Titel des "Größten Talents" schon eher durchgesetzt. Der Deutsche Duathlonmeister 2002 war auch auf Hawaii mit Rang sieben einer der Besten. Von den Besten war er einer der Jüngsten, dafür braucht man riesiges Talent. Forster freut sich schon auf das kommende Jahr. Bei der WORLD's BEST-Serie wäre er der "local hero" und könnte ein weiteres Mal nachweisen, dass er sehr wohl jede Strecke, jedes Wetter und jedes Profil beherrscht. Uwe Widmann mag's wohl noch profilierter, als die Anderen, denn beim Ironman France mit seinen 2.700 Höhenmetern der knüppelharten Radstrecke wurde er sozusagen im WarmUp für Frankfurt Vierter, hinter dem Mannheimer Timo Bracht. Leder sagt, er habe Widmann in Frankfurt sogar im Kampf um den Sieg erwartet. Der Pannenteufel hat das verhindert. Den kennt Norman Stadler wohl auch inzwischen persönlich. Stadler ist der Mann für ganz vorn, aber manchmal auch ganz hinten. Eigentlich haben alle mehr von ihm erwartet – nachdem er auf Hawaii doch schon Zweiter war. Wieviel das Pech und wo der Kopf an seiner wechselvollen Karriere mitspielt, weiß Stadler sicher selbst am besten und die Fans am wenigsten. Tatsache aber ist: Das Potential reichte sicher für den ganz großen Coup. Noch ist der Weltmeister-Titel bei den Duathleten 1994 nicht überboten - nur eine Frage der Zeit!? Wenn es nach Andreas Niedrig ginge, wäre die Zeit für den Erfolg in Roth nun gekommen. 2002 lief irgendwie nicht ganz rund: Eine zähe Virusinfektion zum Beginn der Saison brachte das Timing für die Quelle Challenge durcheinander, da versuchte Niedrig es im Rennen eben mit einer beherzten Attacke, einem stundenlangen Soloritt an der Spitze. Das zeigt: er will es am Main-Donau-Kanal endlich wissen! Auf Hawaii eigentlich ja auch, aber man trifft sich bekanntlich immer zweimal: der Virus kam zurück. Niedrig zog darum zurück und wurde zum Ausgleich in Florida Zweiter. Altmeister, Späteinsteiger und Riesentalente – bei den Damen ist nichts anders (in Teil zwei)