Mit der richtigen Kraultechnik zum Erfolg

von Stefan Drexl für tri2b.com | 13.07.2011 um 10:58
Schwimmer, besonders Triathleten, glauben meist, dass Schwimmen vor allem eines ist, harte Arbeit. Nach dem Motto, "ohne Fleiß kein Preis", wird im Training vor allem eines versucht, müde zu werden. Müde wird man aber vor allem wegen eines ineffizienten Schwimmstils. Mit wesentlich weniger Aufwand könnte man genauso schnell oder sogar schneller schwimmen, vorausgesetzt man hat eine saubere Wasserlage und die richtige Kraultechnik.

Die Wasserlage

Im Wasser zu liegen und geradeaus zu schauen kann sich gut anfühlen. Das hat aber zur Folge, dass die Hüfte und Beine absinken., wodurch sich die Wasserlage deutlich verschlechtert und der Beinschlag kraftraubender wird. Senkt man den Kopf und hält ihn in Verlängerung der Wirbelsäule, wird die Hüfte angehoben und der Beinschlag effizienter. Es hilft den Blick auf den Boden zu richten und die Brust ins Wasser zu drücken. Dabei entsteht zwar das Gefühl abwärts zu schwimmen, jedoch verbessert das die Wasserlage spürbar und die Energie kann besser für den Vortrieb genutzt werden.

Warum nicht nach vorne schauen?
Durch eine flache Wasserlage und eine gestreckte Körperhaltung wird der Wasserwiderstand erheblich reduziert. Während der Wasserwiderstand mit der Geschwindigkeit exponential zunimmt, verdreifacht sich die erforderliche Leistung sogar. Um doppelt so schnell schwimmen zu können, ist acht Mal mehr Leistung aufzubringen. Es ist die logische Konsequenz, nach einem günstigen Weg zu suchen, den Wasserwiderstand zu reduzieren, um die Effizienz und Leistung zu steigern

 

Der Beinschlag

 

Die Bewegung der Beine dient, neben dem Vortrieb, auch der Stabilisierung der Wasserlage. Das leichte Rollen des Schwimmers durch den Bewegungszyklus der Arme und der gelegentlichen Atmung wird mit dem Beinschlag nahezu ausgeglichen. Je nach Distanz kommt dem Beinschlag für den Vortrieb eine unterschiedliche Bedeutung zu. Während in Schwimmwettkämpfen über kürzere Strecken der kraftvolle Beinschlag einen entscheidenden Anteil am Vortrieb hat, so ist auf längeren Strecken, wie auch im Triathlon eher ein reduzierter Kraftaufwand zu empfehlen. Die großen Muskeln der Beine verbrauchen bei ihrer Arbeit sehr viel Energie und so sollte der Beinschlag die Wasserlage stabilisieren und zum Ausgleich der Rollbewegung eingesetzt werden.

Der Kraul-Beinschlag lässt sich in zwei Phasen beschreiben, der Ausholphase und der Antriebsphase. Dafür werden beide Beine nahezu gestreckt, unter der Wasseroberfläche wechselseitig, mit einer geringen Amplitude (ca. 30 cm) auf- und abwärts bewegt. Die Abwärtsbewegung der Antriebsphase wird durch die Muskelkontraktion des Oberschenkels und eine leichte Beugung in der Hüfte eingeleitet. Der entspannte Unterschenkel wird dadurch im Kniegelenk ebenso leicht gebeugt und folgt der Bewegung etwas verzögert. Während des gesamten Bewegungsablaufs ist das Fußgelenk bis in die Zehenspitzen gestreckt und locker einwärts gedreht. Durch eine spontane Abbremsung der Hüftbeugung und eingeleitete Aufwärtsbewegung des Oberschenkels, wird das gesamte Bein aktiv gestreckt und der leicht verzögert, nach unten schnellende Unterschenkel sorgt mit seinem gestreckten Fuß für den Vortrieb. Noch bevor der Fuß den tiefsten Punkt erreicht, ist der Oberschenkel in der Aufwärtsbewegung. Die zeitliche Verzögerung des Unterschenkels während des kompletten Beinschlags beschleunigt den Schwimmer und stabilisiert seine rollende Wasserlage.

Das Sprudeln des Beinschlags an der Wasseroberfläche ist zu vermeiden. Ein Schlagen auf das Wasser mit starker Luftblasenbildung ist kraftraubend und sorgt für wenig Vortrieb. Man kann mit der Beinbewegung etwas experimentieren, ob ein knapp unter der Wasseroberfläche oder ein etwas tieferer Beinschlag für einen individuell besseren Vortrieb sorgt. Ideal ist natürlich eine Beinbewegung mit einem effizienten Vortrieb bei geringem Energieverlust und stromliniengünstiger Wasserlage.

Sechser- oder Zweierbeinschlag

 

Für die Gesamtbewegung des Kraul-Schwimmens gibt es verschiedene Technikvarianten den Beinschlag mit dem Armzyklus zu verbinden. Bevorzugt werden der Sechser- und der Zweierbeinschlag geschwommen, das heißt zu je einem Armzug des linken und rechten Armes erfolgen sechs bzw. zwei Beinschläge. Diese komplexe Koordination exakt zu zählen wird nur mit Hilfe einer Videoaufzeichnung gelingen. Den Sechserbeinschlag bevorzugen die Sprinter unter den Kraulschwimmern, während Triathleten und Langstreckenschwimmer eher den ökonomischeren Zweierbeinschlag einsetzen.

Bei zwei Beinschlägen pro Armzyklus ist der Energiebedarf der Oberschenkelmuskulatur am geringsten, das führt in Konsequenz aber zu einem anderen Bewegungsmuster. Mit dem Eintauchen der rechten Hand ins Wasser wird das linke Bein abwärts bewegt. Die aktive Streckung des Beins und der nach unten schnellende Unterschenkel leiten die Zugphase des rechten Arms ein. Während der Druckphase der Hand bewegt sich das linke Bein verzögert und relativ langsam wieder aufwärts. Die Aufwärtsbewegung des Beins dauert fast bis zum erneuten Wasserfassen.

Zwischenzeitlich wird die Bewegung des linken Arms und rechten Beins mit einer Phasenverschiebung durchgeführt. Noch bevor sich der eine Arm unter dem Schwimmer befindet, taucht der andere Arm, etwa zwei Handlängen vor dem Kopf, wieder ins Wasser ein. Dafür müssen die Arme, während einer relativ langen Phase des Wasserfassens, schnell und mit hohem Ellbogen nach vorne geschwungen werden,

Der Armzug

 

Die technisch saubere Armbewegung ist der Hauptantrieb des Kraulschwimmens. Der abwechselnde Armzug sorgt für einen nahezu ständigen Vortrieb ohne größeren Schwankungen der Geschwindigkeit, wie das zum Beispiel beim Brustschwimmen der Fall ist. Aufgrund der stromliniengünstigen Wasserlage sowie der günstigen Hebelwirkung von Schulter-, Brust- und Armmuskulatur ist der Armzug des Kraulschwimmens die effektivste Antriebsart. Einzig die Beweglichkeit kann eine Einschränkung darstellen.

Mit hohem Ellbogen wird der Arm entspannt nach vorne geschwungen und taucht dann flach, in Verlängerung der Schulterachse und mit den Fingerspitzen voraus ins Wasser ein. Im Moment der Eintauchphase ist die Hand gestreckt und etwa zwei Handlängen vor dem Kopf, während sich der zweite Arm gerade in der Zugphase schräg unterhalb der Schulter befindet. Mit leicht geöffneten Fingern kann der eintauchende Arm nun zum Wasserfassen nach vorne unten gestreckt werden, gleichzeitig schiebt die Schulter nach oben. Durch das Eintauchen entstandene Luftbläschen werden abgestreift und die Hand unter der Wasseroberfläche „verankert“, bevor die Zugphase beginnt.

Durch leichtes Abwinkeln der Hand wird der Arm nun von der Strömung erfasst und nach unten gedrückt. Gleichzeitig wird der Ellbogen leicht gebeugt, so dass Unterarm und Hand entgegen der Schwimmrichtung nach hinten unten gezogen werden. In dieser Phase beschleunigt der Arm. Unterhalb des Körpers, am Übergang von Zug- zur Druckphase, erreicht das Ellbogengelenk seine größte Beugung von maximal 100 Grad. Gute Schwimmer haben einen offeneren Beugewinkel von bis zu 140 Grad.

Mit Zunahme des Drucks entgegen der Schwimmrichtung beginnt der effektive Vortrieb und die leichte Beugung des Arms wird aufgelöst. Die Druckphase zeichnet sich dadurch aus, dass hier Geschwindigkeit gemacht wir. Es ist entscheidend den Arm vollständig zu strecken und während der gesamten Phase die Hand mit Druck bis nach hinten zu führen bevor sie neben dem Oberschenkel aus dem Wasser gehoben wird. Vom Wasserfassen bis zum Verlassen des Wassers beschreibt die Hand einen nahezu geraden Weg unter dem Körper hindurch.

 

Die Atmung


Die größte Herausforderung der Kraultechnik ist die Atmung in Verbindung mit der Koordination von Armzyklus und Beinbewegung. Beim Kraulen wird zur Seite geatmet, was für die meisten Schwimmer zu Beginn eher ein psychologisches als ein körperliches Problem darstellt. Voraussetzung ist eine gewisse Beweglichkeit der Halsmuskulatur, um den Kopf zum Atmen entspannt und in Verlängerung des Halswirbelsäule drehen zu können.

Der Atemrhythmus wird einzig durch den Armzyklus bestimmt, während durch Nase und Mund unter Wasser ausgeatmet und über Wasser zur Seite eingeatmet wird. Eine ökonomische Atemtechnik, ruhig und flach, wie an Land, braucht etwas Übung und Gewöhnung. In gerader Kopfhaltung folgen die Augen der Hand mit Beginn der Zugphase während man gleichzeitig ausatmet. Gegen Ende der Druckphase wird der Kopf seitwärts gedreht, wobei ein Auge unter Wasser bleibt und der Mund zum Einatmen aus dem Wasser kommt. Ein Wellental entlang des Gesichts erleichtert die Atmung, die beendet sein muss, sobald der Arm mit hohem Ellbogen nach vorne schwingt. Entgegen des Wasserdrucks wird erst leicht durch die Nase und dann kurz vor dem nächsten Atemzyklus kräftig durch Mund und Nase ausgeatmet.

Während des Einatmens darf der Kopf keinesfalls zu stark oder zu spät aus dem Wasser gehoben werden. Kopf und Rumpf rotieren gemeinsam in die Seitenlage, dennoch bleibt die Halsmuskulatur entspannt, damit der Kopf noch etwas weiter zum Atmen drehen kann. Der Sauerstoffverbrauch ist individuell von der Kraft und den Fähigkeiten des Schwimmers abhängig, daher gibt es auch verschiedene Atemrhythmen.

Am Anfang wird jeder Kraulanfänger zu seiner Schokoladenseite atmen und aufgrund einer eingeschränkten Beweglichkeit sowie einer angeborenen Überlebenstaktik eine Zweierzugatmung bevorzugen. Das setzt eine gute Rollbewegung zur Atemseite und eine gute Körperhaltung voraus, um eine gerade Wasserlage beizubehalten. Meist wird im Wettkampf unter hoher Belastung und wegen einer höheren Zugfrequenz auf eine Zweieratmung umgestellt.

Für das tägliche Training und wegen der gleichmäßigen Belastung der Nacken- und Rückenmuskulatur ist die Atmung nach jeweils drei Armzügen optimal. Die Dreieratmung ist nicht nur im Triathlon wegen des freien Blicks zu beiden Seiten und einer besseren Wasserlage ein großer Vorteil. Auch jedem Kraulanfänger ist dieser Atemrhythmus von Beginn an zu empfehlen.

Neben diesen beiden Grundtechniken gibt es auch die Viererzugatmung und höher, die hauptsächlich auf Kurzstrecken eingesetzt wird. Besonders für Kraulanfänger und der schweren Koordination von Arm- und Beinbewegung ist diese Atemtechnik vorteilhaft. Sie haben etwas länger Zeit den nächsten Atemzug vorzubereiten und können sich länger auf die Gesamtbewegung konzentrieren. Die Atmung ist jedoch stets eine Störung der Wasserlage und Gesamtbewegung, daher atmen besonders Sprinter kaum oder gar nicht. Um die stromliniengünstige Körperhaltung und den Bewegungszyklus nur kurzzeitig zu unterbrechen sollte man eine möglichst harmonische Atmung erlernen.

 

Bilderserie: Die Theorie des Kraularmzugs ...