Caroline Steffen: Ich kann noch einen großen Schritt nach vorne machen

M. Rauschendorfer für tri2b.com | 16.02.2010 um 17:18
Sieg in Geelong beim Ironman 70.3 mit überragender Radzeit, vierter Platz bei der WM in Clearwater - die Schweizerin Caroline Steffen hat sich sich in kurzer Zeit in der 70.3-Weltspitze etabliert. Mit Hilfe ihres neuen Trainers Brett Sutton will sie jetzt auch auf der Ironman-Distanz weit nach vorne kommen. tri2b.com hat mit ihr über ihre Ziele, ihre Wahlheimat Australien und die Themen Training und Ernährung gesprochen.

tri2b.com: Caroline, herzlichen Glückwunsch zu deinem Sieg in Geelong, du bist dort die erste Radrunde enorm schnell gefahren, sogar mit einem schnelleren Schnitt als die späteren Top drei der Männer – war das Taktik oder am Anfang ein wenig überzogen? 
Caroline Steffen (C. S.) Es war ein bißchen von beidem - aber mehr Taktik, denn ich wollte einfach mein Rennen fahren und nicht die Mädels an meinem Hinterrad haben. So habe ich mich entschlossen, dass ich die erste Runde richtig hart fahre, das war schon vorgesehen, aber dass es gerade so schnell war (lacht). Ich fühlte mich einfach gut auf dem Rad und da habe ich schon eine ziemliche Lücke machen können, das war gut so. 

tri2b.com: 2006 hast du deinen ersten Ironman gefinisht, auf Hawaii dann den 3. Platz in der AK 25-29 gemacht, danach bis du eine Saison lang Radrennen gefahren, warum dieser vorübergehende Wechsel? 
C. S. Das hat sich so ergeben, wir haben ein professionelles Frauenradteam in der Schweiz und der Radsport hat mich generell interessiert. Zuerst hatte es geheißen - nein, keine Chance da als Triathletin reinzukommen, aber irgendwie hat es dann doch funktioniert. Es war mehr eine Mischung aus Zufall und Interesse an anderen Sportarten, dass ich da geswitcht habe und schlussendlich dann wieder zurück zum Triathlon gekommen bin. 

tri2b.com: Auf dem Terminkalender deiner Website steht für den November die 70.3-Weltmeisterschaft. Wenn du dich beim Ironman Südafrika qualifizierst, ist dann Hawaii ein Thema? 
C. S. Ich möchte mir zuerst anschauen wie das Training läuft mit meinem neuen Team und meinem neuen Coach, das ist alles sehr neu für mich. Meine Stärke liegt im Moment eindeutig beim Halfironman aber ich denke, wenn ich jetzt große Fortschritte mache speziell im Laufen, dass ich dann schon Hawaii als großes Saisonziel nehmen werde und Clearwater eher zweitrangig wird - aber das möchte ich noch nicht definitiv festlegen. Im Moment habe ich erst bis Juni geplant. Mein Ziel in Südafrika ist schon die Quali, aber vor allem, dass ich mal einen richtig guten Marathon laufen kann. 

tri2b.com: Karin Thürig hat mehrere Ironman-Rennen gewonnen, Natascha Badmannjahrelang den Sport dominiert, jetzt kommt mit dir wieder eine Schweizerin die stark radfährt – im Gegensatz zu den beiden kannst du aber auch noch gut schwimmen – hast du schon eine Vorstellung, was du erreichen willst? 
C. S. Ja die Schweizerinnen sind immer gut auf dem Rad - vielleicht weil wir so gute Bedingungen haben zum trainieren. Ich könnte mir schon vorstellen, dass ich einmal auf Hawaii vorne mitmischen kann. Aber ob das dieses oder nächstes, oder erst in zwei, drei Jahren ist weiss ich noch nicht. Ich bin immer noch sehr neu im Triathlon und weiss auch noch nicht was noch alles auf mich zukommt - ich lasse mich einfach überraschen. 

tri2b.com: Du lebst seit vergangenem Juli in Australien, wie sind hier die Möglichkeiten für professionelles Training? 
C. S. Ja, ich wohne in Mooloolaba zusammen mit meinem Freund David Dellow, er ist selber Triathlonprofi, jedoch mehr auf der Olympischen Distanz zuhause. Die Gegend hier heisst nicht umsonst Sunshine Coast, es ist wirklich immer schön, zu 99% scheint hier die Sonne. Ich kann jeden Tag mein Programm so durchziehen, wie es vorgesehen ist. Ich trainiere mit einem Olympia-Schwimmcoach zusammen und es hat unglaublich viele Triathleten und Radfahrer hier, gute Schwimmer, gute Läufer und viele Trainingsgruppen denen ich mich anschliessen kann. Die Trainingsgruppen sind auf einem sehr hohen Niveau, die Radgruppen sind sehr stark, da werden die Trainingseinheiten schon mal wie ein Kriterium gefahren. 

Aber für mich fast der wichtigste Punkt: Der Sport hat einen ganz anderen Stellenwert hier in Australien. Ich denke, wenn ich in der Schweiz morgens um fünf aufs Fahrrad gehen würde, würden viele denken, die ist nicht ganz richtig im Kopf. Wenn ich das hier mache, habe ich fünfzig andere um mich, die mit mir Radfahren gehen. Das Interesse sowie das Verständnis für den Sport ist größer und man fühlt sich mehr anerkannt, man ist nicht so ein Aussenseiter. In der Schweiz ist man schnell als Freak abgestempelt und hier in Australien ist es voll von diesen Freaks (lacht). 

tri2b.com: Du trainierst seit Anfang des Jahres unter Brett Sutton mit dem Team TBB, das schon viele erfolgreiche Athletinnen hervorgebracht hat. Darfst Du da ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, was das besondere am Training bei TBB ist? 
C. S. Im Moment kann ich noch nicht soviel sagen, es ist ja erst ein Monat, seitdem ich mit dem Programm trainiere. Brett Sutton hat aber viele kleine Dinge gewechselt, durch die ich schon jetzt Fortschritte machen konnte. Ich war ja bis 31. Dezember mein eigener Coach, habe immer mein eigenes Programm und Planung gemacht. Nach der Ironman 70.3-Weltmeisterschaft habe ich mir gesagt: 4. Platz, das ist schon ziemlich gut, aber wenn ich ganz nach vorne will, wirklich ganz nach vorne, dann brauche ich neue Impulse und diese Impulse bekomme ich nur durch meinen Coach und mein Team. Ich freue mich extrem auf das erste Trainingslager jetzt in Thailand, das wird für mich sehr interessant sein und viel neues bringen. Ich bin bisher immer geschwommen wie eine Schwimmerin, radgefahren wie eine Straßenradrennfahrerin und gelaufen wie ich es gerade für richtig fand - ich glaube, ich kann wirklich noch sehr, sehr viel dazulernen und glaube dadurch, dass ich noch einen grossen Schritt nach vorne machen kann. 

tri2b.com: Welche Trainingseinheiten sind dir lieber: Lang und locker oder kurz und intensiv? 
C. S. Im Pool lieber die kurzen schnellen, auf dem Fahrrad lieber die langen, langsamen Einheiten - speziell hier in Australien. Ich kann da schon auch einmal die Landschaft genießen, das ist immer sehr spannend: neues Gebiet, neue Trainingsorte. Und das Genießen gehört ja schließlich auch dazu, Training ist zum Glück nicht immer nur Schwitzen und harte Arbeit. 

tri2b.com: Manche Profis sind sehr penibel beim Thema Ernährung, andere sehen das nicht so eng, wie ist das bei dir? 
C. S. Hin und wieder gönne ich mir schon etwas dunkle Schokolade, aber ansonsten achte ich sehr streng auf meine Ernährung. Speziell seit ich in Australien bin, David hat meine ganze Ernährung auf den Kopf gestellt, dadurch habe ich zum Glück einige Kilos an Gewicht verloren. Diese Umstellung war vielleicht auch ein Teil des Erfolgsrezeptes für die letzten Rennen. 

tri2b.com: Und wie sah diese Umstellung aus? 
C. S. Der Hauptpunkt ist, dass ich gesünder esse, ausgewogener - Viel mehr Gemüse, Fleisch und Fisch - weniger Kohlenhydrate, dafür viel mehr Proteine. Das ist hier in Australien einfacher umzusetzen. Was wunderbar ist, sind alle diese Rohprodukte, die Auswahl an Gemüse, Nüssen und frischen Früchten ist hervorragend. Ich bin kein Ernährungsspezialist aber ich habe einfach gemerkt, dass ich am Abend nicht zwei Teller Spaghetti essen muss, damit ich am nächsten Morgen wieder richtig fit bin. Das ist meine Erfahrung: Dass ich zum Frühstück und Mittagessen auch ein bißchen Kohlenhydrate zu mir nehme - aber das reicht dann, um meinen Verbrauch abzudecken.