Daniel Unger: Die WM wird eine ganz heiße Kiste

H. Eggebrecht für tri2b.com | 20.08.2006 um 20:17
Am Samstag, 15. Juli 2006, gegen halb zwei Uhr nachmittags war die große Triathlonwelt für Daniel Unger wieder in Ordnung. Gerade hatte der Oberschwabe vom TV Mengen in einem der spannendsten DM-Rennen der letzten Jahre den deutschen Meistertitel gewonnen und damit der Zeit ohne große Siege ein Ende gesetzt. Ende Juli folgte mit Rang fünf beim Weltcup in Salford ein weiteres Topergebnis. Rechtzeitig zur WM in Lausanne (3. September) kommt Unger immer besser in Form. Erst am vergangenen Wochenende wurde der 28-Jährige Sechster beim stark besetzten Grand Prix Rennen im französischen Embrun.

tri2b.com: DM-Titel in Schliersee und Rang fünf beim Weltcup in Salford. Endlich wieder zwei Topergebnisse nach einer langen Durststrecke. Mit welchen Gefühlen hast du die aktuellen Erfolge wahrgenommen? 
Daniel Unger (D.U.): Es war einfach wichtig, dass mir wieder ein Sieg in einem wichtigen Rennen geglückt ist. Außerdem hab ich mit der WM-Quali in Schliersee gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Da ist mir wirklich ein großer Stein vom Herzen gefallen. Bei der EM in Autun hatte ich mit dem Magen Probleme, hatte mich im Schwimmen kraftlos gefühlt und musste mich auch dem Rad zweimal übergeben. Da war ich wirklich ziemlich down, da die Form eigentlich nicht schlecht war. Mit Platz 39 war ich maßlos enttäuscht. Da kommt dann auch ein Punkt, wo du alles hinterfrägst und anfängst zu zweifeln . Deshalb ist jetzt der Erfolg umso wertvoller. 

tri2b.com: Jetzt stehen die eigentlichen Highlights der Saison an. Mit welcher Einstellung gehst du in diese Wettkampfphase? 
D.U.: Für mich war es erst einmal wichtig, dass ich mit nach Lausanne fahren kann. Es ist nur gut 200 Kilometer von meinem Heimatort entfernt. Also fast ein Heimrennen. Ich mag den Kurs. Insgesamt gibt es auf der Radstrecke 14 Anstiege zu bewältigen, das wird eine richtig heiße Kiste. Nach der WM kommt dann gleich der Weltcup in Hamburg und dann das Testrennen auf den Olympiastrecken in Peking. Es geht also in den nächsten Wochen noch einmal richtig zur Sache. 

tri2b.com: Geht der Blick auch schon in Richtung 2007? 
D.U.: Es gibt im Herbst nur eine kurze Pause zum regenerieren, dann will ich relativ früh wieder anfangen, um dann gleich bei den ersten Weltcups dabei zu sein. Im Sommer möchte ich dann einen längeren Trainingsblock einlegen, um mich ganz speziell auf die WM in Hamburg vorzubereiten. Wahrscheinlich geht es dort dann auch schon um die Olympiatickets. 


tri2b.com: Hast du seit der Rückkehr nach der Erkrankung im Training etwas verändert?
D.U.: In der letzten Zeit hab ich im Gegensatz zu früher noch relativ verhalten trainiert. Ich habe zwar vom Umfang viel gemacht, aber die absolut harten Sachen wurden weggelassen. Aktuell bin ich fast wieder beim alten Trainingspensum angelangt. Ganz brutale Einheiten wie 5x 3.000 Meter oder 50x 200 Meter auf der Bahn lasse ich weg. Die sind eh mehr für den Kopf als das sie dich von der Form wirklich weiter bringen. Bei der aktuellen Leistungsdichte musst du aber im Training trotzdem richtig durchziehen, denn vorne in der Spitze wird dir nichts mehr geschenkt. Sonst bist du nur noch Mittelmaß. 

tri2b.com: Gibt es außer WM und Olympia ein Ziel das dich besonders reizt? 
D.U.: Ein Weltcup-Sieg fehlt noch. Ich war schon alles außer Sieger, das ist schon ein großes Ziel. Allerdings wäre es mir lieber, einmal bei einer WM ein richtiges Topergebnis einzufahren. 

tri2b.com: Spielt zum Erreichen eines Topergebnisses nicht auch die Teamtaktik eine große Rolle? 
D.U.: Bei einer harten Strecke wie Lausanne ist es schwer eine Teamtaktik durchzuziehen. Am Berg muss jeder für sich selbst kämpfen. Zudem werden die Schweizer, die Amerikaner und Australier das Rennen sehr offensiv gestalten. Da bleibt dann keine Zeit zum taktieren. Da musst du einfach dort dabei sein, wo die Musik spielt. 

tri2b.com: In Hamburg gibt es da aber weit mehr Möglichkeiten? 
D.U.: Das haben wir ja auch schon probiert. Beim Heimweltcup hatten wir zehn Startplätze. Da haben dann zwei, drei Jungs attackiert und wenn die wieder zurückgeholt wurden, haben in der nächsten Runde zwei andere angegriffen. Wir hatten darüber auch intern schon gesprochen. Doch es ist nicht einfach festzulegen, für wen gefahren wird. Bei uns gibt es vier bis fünf Athleten die den Anspruch haben, Häuptling zu sein. Da muss auf jeden Fall auch ein Anreiz für die anderen Athleten geschaffen werden, denen die Helferrolle zukommt. Es bringt mir ja nichts, wenn ich für einen die Arbeit verrichte und dann bei den großen Rennen von daheim aus zuschauen kann. Grundsätzlich wäre das für bestimmte Rennen sicher erfolgsversprechend, wenn vor dem Rennen klar ausgegeben würde, für welchen Athleten heute gefahren wird. 

tri2b.com: Schliersee war ja gleichzeitig auch ein Bundesligarennen. Reizt dich das nicht mehr? Du warst ja lange Zeit in der Liga sehr erfolgreich mit dem Wittener Team? 
D.U.: Das war eine wirklich schöne Zeit. Gerade weil wir im Team eine super Stimmung hatten. Aber für mich zählen in den nächsten zwei Jahren einfach nur die ganz großen Rennen. Die Bundesliga hat mittlerweile ein so hohes Niveau, die machst du nicht einfach so mit, sonst bist du irgendwo im Mittelfeld. Mal eine Woche vor oder nach einem Weltcup mitmachen geht auf Dauer nicht. Das sind dann zu viele Rennen, das ist zu intensiv. Rückblickend war die Bundesliga für mich als junger Athlet sehr wichtig. Ich konnte mich von Jahr zu Jahr weiter nach vorne arbeiten und hatte dort viele Erfolgserlebnisse. 

tri2b.com: Merkst du als Kurzdistanzler, dass der Focus des Interesses nach wie vor auf der Langstrecke liegt? 
D.U.: In den Deutschland ist das wirklich extrem. In anderen Nationen ist Olympia höhergestellt. Bei uns boomt die Langdistanz schon seit vielen Jahren, dazu kommen die großen Erfolge der deutschen Athleten. Thomas HellriegelNormann Stadler und jetztFaris Al-Sultan haben mit ihren Siegen auf Hawaii einen echten Mythos aufgebaut. Im Vorfeld von den großen Meisterschaften ist aber auch bei uns mittlerweile was los. Wir stehen einfach auch selbst in der Verantwortung mit guten Leistungen interessant zu werden und zu bleiben. Wenn wir einen deutschen Weltmeister auf der Olympischen Distanz hätten, dann würde das der Publicity natürlich gut tun.