Nahrungsergänzung: Dem Mangel auf der Spur (Teil 1)

Bernd-Uwe Gutknecht für tri2b.com | 21.06.2013 um 14:34
Ambitioniertes Triathlontraining ist immer auch eine Gratwanderung zwischen richtiger Belastung und Überlastung. Mangelerscheinungen hinsichtlich der Nährstoffversorgung sind dabei keine Seltenheit und u.a. der Grund für Leistungseinbrüche und Stagnation im Trainingsfortschritt. Caroline Rauscher, Expertin in Sachen richtiger Substitution von Nährstoffen, erklärt im Interview auf was es in der Praxis ankommt.

tri2b.com: Profitriathleten legen besonders viel Wert auf eine aktive Regeneration, für ambitionierte Hobbytriathleten bleibt oft nicht genügend Zeit dafür. Kann das ein Altersklassen-Athlet durch Nahrungsergänzung nach dem Training kompensieren? 
Caroline Rauscher (C.R.): Fehlende aktive Regeneration kann durch Nahrungsergänzungsmittel auf keinen Fall kompensiert werden, weil der Körper diese Ruhephasen unbedingt braucht, für Adaptionen an das Training und für entsprechende Reparaturprozesse. 

tri2b.com: Die Experten-Meinungen bezüglich Nahrungsergänzung gehen weit auseinander. Für die Einen ist das Pulverchen oder der Riegel das Nonplusultra einer gezielten Wettkampf-Vorbereitung. Für die Anderen ist es pure Geschäftemacherei. Reicht es denn nicht aus, sich gesund mit viel Obst, Gemüse etc. zu ernähren, um die verbrauchten Nährstoffe wieder zuzuführen? 
C.R.: Die Wahrheit liegt, wie so oft, dazwischen. Die ausgewogene Basisernährung stellt die unverzichtbare Grundlage für die Gesundheit des Athleten dar, ist jedoch sehr oft nicht ausreichend, um den teilweise stark erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen bei Athleten vollständig zu decken. Um jedoch objektiv zu beurteilen, ob und welche Defizite im Mikronährstoffhaushalt vorliegen, müssen entsprechende Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Nur auf dieser Basis kann sinnvoll substituiert werden und nicht nach dem Gießkannenprinzip. Außerdem sind viele dieser Produkte in Dosierungen auf dem Markt, die indiskutabel sind. Und nicht einmal theoretisch wirken können. 

tri2b.com: Dann gehen wir mal auf die Stoffe ein, die der Triathleten-Körper wirklich braucht: Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium, Kalium schwitzen wir bei intensivem Training aus. Das sind anorganische Nährstoffe, die unser Körper selbst nicht herstellen kann. Was würden Sie Ausdauersportlern raten, um sie ausreichend zur Verfügung zu haben? 
C.R.: Calcium wird am Besten über calciumreiche Milchprodukte aufgenommen, weil bioaktive Stoffe in der Milch und Laktose sogenannte Resorptionsförderer von Calcium sind. Außerdem sind calciumreiche Mineralwässer >300 mg/l geeignet, Sesam, Tofu und Kräuter. Calciumtabletten sind sehr sinnvoll in Kombination mit Vitamin D, da dadurch Calcium gut eingelagert wird. 
Magnesium vor allem über Mineralwässer >100 mg/l, Vollkornprodukte, Nüsse, Bohnen, Erbsen etc. Hier ist es oft schon relativ schwierig, den erhöhten Bedarf im Sport über die Ernähung zu decken. Auf der Basis einer Vollblutanalyse dann gegebenenfalls entsprechend Magnesium zuführen: Für Ausdauersportler ist Magnesiumorotat sehr gut. Orotat hat herzmuskelschützende Wirkungen, was sehr positiv ist. Ob organische oder anorganische , also Citrate oder Carbonate besser sind, das wird kontrovers diskutiert. 
Kalium durch Lebensmittel (z.B. Obst, Gemüse, Kakao, Trockenobst, Tomatenmark, Kartoffeln). Wegen der hohen Schweißverluste im Triathlon haben Triathleten auch einen höheren Kaliumbedarf als Nicht-Sporttreibende. Wichtig ist es, in der Regenerationsphase in irgendeiner Weise Kalium zuzuführen, in der Belastung ist es unnötig. Kalium kann man auch in Form von Tabletten oder Brausetabletten zuführen. Achtung: nicht überdosieren! 

tri2b.com: Triathleten, die zehn Stunden und mehr pro Woche trainieren, werden als Leistungssportler definiert. Dieser Trainingsumfang trifft auf viele Hobby-Triathleten zu. Um Ermüdungs- oder Erschöpfungskrankheiten zu vermeiden, brauchen sie mehr Vitamine. Welche Vitamine sollten Triathleten trotz ausgewogener Ernährung zusätzlich einnehmen? 
C.R.: Grundsätzlich sollten Triathleten erst dann etwas zuführen, nachdem entsprechende Blutwerte gemacht wurden. Blutwerte, die sinnvoll sind: 
B-Vitamine: Sie spielen als Cofaktoren im Leistungsstoffwechsel und bei der Blutbildung eine entscheidende Rolle. Die verschiedenen B-Vitamine arbeiten im Stoffwechsel sehr eng zusammen, deshalb macht es wenig Sinn, mit einzelnen B-Vitaminen zu supplementieren, sondern es sollte ein Vitamin B-Komplex eingenommen werden. Oft sind derartige Präparate so unterdosiert, dass sie keine Wirkung entfalten können. Allerdings sollte auch von unsinnigen Hochdosierungen abgeraten werden, gerade bei Vitamin B6 kann das negative Auswirkungen haben: (reversible) Nervenstörungen. 

Vitamin B12, das vielfältige Funktionen im Körper hat wie z.B. Blutbildung, Eiweißaufbau etc., wird oral relativ schlecht aufgenommen. Besser ist bei einem nachgewiesenem Vitamin B12- Mangel eine Injektion. 

Vitamin D: für ein stabiles Immunsystem, gesunde Knochen und mit weiteren positiven Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Nach Bestimmung des Blutspiegels kann es als Tablette genommen werden. In der Haut wird es in den Sommermonaten in unseren Breiten gebildet, jedoch blockt ein Lichtschutzfaktor über 15 das meiste der zur Bildung notwendigen UVB-Strahlung ab. 

Vitamin E: kann indirekt über sogenannte Zellschädigungsmarker bestimmt werden. Beim Kauf von Vitamin E-Präparaten ist darauf zu achten, dass es sich um ein natürliches Vitamin E handelt. Am Besten nimmt man gamma – Tocopherol als Wirkstoff. Dieser wird am besten aufgenommen. Nur wenn man beide Vitamine kombiniert, kann Vitamin E optimal wirken. Beide sind im Radikalstoffwechsel enge Reaktionspartner. Ausgewogenes Verhältnis liegt ungefähr bei 2:1, z.B. 500 mg Vitamin C und 250 IE Vitamin E. 

Vitamin C Status: Die Dosierung für Vitamin C kann nicht pauschal festgelegt werden. Grober Anhaltswert: 500 – 750 mg/Tag. Am Besten entscheidet man sich für ein Retardiertes Produkt. Dadurch wird der Wirkstoff deutlich verzögert und gleichmäßig über Stunden aufgenommen.