Sandra Wallenhorst: Ich will nicht schätzen, ich will gewinnen

Dennis Wachter für tri2b.com | 01.07.2009 um 17:33
Fast genau ein Jahr ist es jetzt her, da sorgte Sandra Wallenhorst beim IM Klagenfurt für Aufregung pur. Aus dem Nichts lief die Rechtsanwältin zum Sieg am Wörthersee und unterbot dabei sogar die altehrwürdige Ironman-Weltbestzeit der Frauen von Paula Newby-Fraser. Im Oktober auf Hawaii ließ Wallenhorst Rang drei folgen und bestätigte damit ihren Juli-Coup aus Kärnten. In 2009 reist die Hannoveranerin nun meist als Favoritin zu den Rennen. Auch beim Ironman Germany am kommenden Sonntag ist dies der Fall. Im Gespräch mit tri2b.com erzählt die sympathische Athletin über Veränderungen im Training, die Konkurrenz und das Dilemma der Vorbereitungsrennen.

tri2b.com: Letztes Jahr bist du fulminant mit dem Sieg in Klagenfurt und dem dritten Platz beim Ironman Hawaii ins Rampenlicht getreten, was viele nicht unbedingt erwartet hatten. Siehst du deine Leistungen aus der Vorsaison bis jetzt bestätigt? 
Sandra Wallenhorst (S.W.): Wenn die Saison so weitergeht, wie sie begonnen hat - mit zwei Siegen bei zwei Half-Ironman ... . Aber ein Halber ist eben noch kein Ganzer. Beim Ironman Germany wird sich also zeigen, ob das Training angeschlagen hat. Ich habe ein gutes Gefühl. Die Tests im Training waren jedenfalls alle besser alle im Vorjahr, und ich habe mich noch konkreter vorbereitet. Will heißen, ich war öfter in Frankfurt und habe dort auf dem Kurs trainiert, habe die Trainingseinheiten hier auch direkt kursspezifisch gehalten und auch noch ein paar mehr Kilometer gemacht. 

tri2b.com: Wie schätzt du dich hinsichtlich deiner Konkurrentinnen ein? 
S.W.: Ich vergleiche eigentlich meine Leistungen immer nur mit meinen eigenen vom vergangenen Jahr. Daran weiß ich mich dann einzuschätzen. Hinsichtlich der anderen Athletinnen weiß man ja nie, was sie in dieser Saison drauf haben. Du stellst dein Training im Winter um, je nachdem, wie die letzte Saison gelaufen ist und das kann voll einschlagen oder auch voll daneben gehen. Deshalb ist es schwer, Bezug zu den anderen herzustellen. Jede von uns kann den Winter gut oder schlecht verdaut haben. Ein gutes Beispiel ist Lucie Zelenkova. Sie hat den Trainer gewechselt und das scheint ihr gut zu bekommen. Sie hat in diesem Jahr eingeschlagen wie eine Bombe – eine tolle Performance. 
Klar, schaut man auch schon mal, wie die anderen ihre Rennen absolviert haben, aber genaue Vergleiche kann man erst im Kopf-an-Kopf-Rennen ziehen. Und das ist ja letztlich auch das, was zählt. Jede von uns trainiert so gut sie kann und hofft, alles richtig zu machen. Ob es passt, sieht man am Tag der Saisonhöhepunkte. Und nicht vorher, auch noch nicht in den Vorbereitungsrennen. Dennoch glaube ich, gut drauf und absolut konkurrenzfähig zu sein. 

tri2b.com: Du hast in diesem Jahr aber gerade in den Vorbereitungsrennen erste Ausrufezeichen gesetzt. Verschafft man sich mit den deutlichen Siegen beim 70.3 in St. Pölten und dem ITT Ferropolis Sicherheiten hinsichtlich des bevorstehenden Ironman Germany? 
S.W.: Ein Sieg in einem Rennen ist natürlich immer schon mal gut fürs eigene Ego und stärkt das Selbstbewusstsein. Gerade am Anfang der Saison weiß man nicht, wo man so steht. Wie ich es bereits vorhin angesprochen habe, habe ich nach der Analyse der letzten Saison auch an meinem Training, an der Ausrüstung (ich fahre jetzt Cannondale) und verschiedenen Faktoren Veränderungen vorgenommen. Das macht auch ein wenig unsicher, gerade wenn man weiß, dass das letzte Jahr so schlecht nicht war. Aber nur Veränderungen bringen vorwärts, neue Reize bestimmen die Entwicklung. Und so ist es natürlich gut, wenn man anhand von Siegen in Testrennen sieht, die Veränderungen wirken in die richtige Richtung. 
Der 70.3 IM Austria in St. Pölten war eine erste Standortbestimmung. Dafür war es sehr gut geeignet, da die Besetzung hochkarätig war. Mit dem "Standort" war ich dann letztlich sehr zufrieden, habe aber auch gesehen, wo noch was zu tun ist. Mit dem Radsplit war ich nicht ganz glücklich, ich kam nicht so richtig aus dem Quark. Daraufhin haben wir einige Veränderungen am Rad vorgenommen, die nun möglicherweise für mehr sprechen. 
In Ferropolis sollte ich dann gut schwimmen und hart Rad fahren, um zu sehen, ob die Veränderungen gut waren. Waren sie! Der abschließende Lauf sollte dann im Hinblick auf die folgende Trainingswoche nicht mehr so hart werden. Ja, also im Ergebnis kann ich sagen, dass ich in den Trainingsrennen doch gerade auch dadurch, dass wir noch Lücken entdeckt haben, Sicherheit gewonnen habe bezüglich des Ironman in Frankfurt. 

tri2b.com: Trotz alledem die Frage: Wie schätzt du dich für den Ironman in Frankfurt ein? 
S.W.: Ich will nicht schätzen. Ich will gewinnen! 

tri2b.com: Wie steht es um Hawaii? Machst du dir bereits jetzt schon Gedanken zum 10. Oktober? 
S.W.: Na klar. An Hawaii denke ich schon seit vergangenem Oktober. Es ist die WM, das High End, das Ziel aller triathletischen Träume. Dennoch hat Frankfurt für mich zur Zeit Priorität und gerade weil es in Deutschland stattfindet und unsere EM ist, ist es natürlich interessant. 
Also deshalb immer schön der Reihe nach: erst Frankfurt, dann ein kleiner Zwischenstopp und danach kommt Kona. Aber die Gedanken lassen sich ja nicht immer bändigen und laufen schon das ein oder andere mal nicht am Main entlang sondern auf dem Alii Drive und durchs Energy Lab...