Timo Bracht: Am liebsten gewinne ich Rennen

H. Eggebrecht für tri2b.com | 14.02.2009 um 21:02
Ironman Hawaii 2008: Die ersten Stunden nach dem Zieleinlauf der Elite-Männer waren ein wirres Hin und Her. Einmal war Timo Bracht disqualifiziert, einmal war er wieder Fünfter. Dann die offizielle Entscheidung: Disqualifikation wegen einer nicht abgesessenen Gelben Karte. tri2b.com hat Timo Bracht auf der ISPO in München kurz nach seiner Rückkehr aus dem ersten Trainingslager auf Lanzarote getroffen und sich mit dem Eberbacher über die gemachten Erfahrungen auf Hawaii und seine aktuelle Vorbereitung auf die neue Saison unterhalten.

tri2b.comEs sind jetzt vier Monate vergangen seit dem Ironman Hawaii, als du dort, nachdem du als Fünfter ins Ziel am Alii Drive gelaufen bist, nachträglich disqualifiziert wurdest. Wie siehst du diesen Tag im vergangen Oktober mit dem jetzigen Abstand? 
Timo Bracht (T.B.) Das Rennen hab ich abgehakt. Es ist 2009. Ich wäre froh wenn ich die Form von vor vier Monaten jetzt schon wieder hätte. Da merkt man auch wie hart es ist, solch eine Form aufzubauen und wie schnell die auch wieder weg ist. Ich bin jetzt im Wintertraining, im ganz normalen Trainingsalltag und muss mir alles wieder hart erarbeiten. Wenn ich jetzt zurückdenke, dann denke ich an einen guten Oktober. Klar ich steh nicht in der Ergebnisliste, die hab ich daheim auch nicht abgeheftet. Aber das Rennen selbst und die Erfahrung die ich da gemacht habe, nimmt mir keiner mehr. 

tri2b.com: Was nimmst du speziell davon mit? 
T.B. Ich hab in diesem Rennen mehr gelernt, als in einem ganzen Jahr Triathlontraining. Das wird mir bestimmt helfen in den nächsten Jahren weiter die vorderen Plätze auf Hawaii anzugreifen. Ansonsten geht der Blick nach vorne. Alles andere würde mich nur schwächen, wenn ich mir da zu viele Gedanken mache. Als Sportler bist du es auch gewohnt nach Erfolgen sofort wieder nach vorne zu schauen und das Neue anzupacken. Das wäre genauso, wie wenn ich Hawaii gewonnen hätte, dann wäre das auch Vergangenheit und ich müsste genauso im Training wieder bei Null anfangen. 10x 400 m im Schwimmbecken jetzt im Januar fühlen sich genauso hart an, egal ob als Hawaii-Sieger oder nach einem DNF. 

tri2b.com: Du sagt du hast viel gelernt auf Hawaii im letzten Jahr. Kannst du ein konkretes Beispiel nennen, wie sich das auf dein zukünftiges Training auswirkt? 
T.B . Es wird sich vor allem im Laufbereich noch weiter entwickeln. Ich war lang mitCraig Alexander zusammen im Rennen und hab dabei gemerkt, dass die mentale Komponente noch wichtiger wird, um ganz vorne anzukommen. Man muss auf Hawaii noch mehr an die Grenze gehen als bei jedem anderen Rennen, und vor allem, noch mehr riskieren. Auch auf die Gefahr hin, wie man so schön sagt, zu platzen. Man kann das Rennen nicht zu berechnend machen, man muss schon alles auf eine Karte setzen. Dazu werde ich in den nächsten Jahren bereit sein. 

tri2b.com: Von außen sieht es so aus, also ob ein Craig Alexander sich auf dem Rad bewusst passiv verhält, wohlwissend das er sehr schnell laufen kann. Kannst du die Einschätzung teilen? 
T.B. Klar sieht es so aus. Als ich mit ihm gerannt bin, hat er bei km 14,15, so kurz vor dem Anstieg Palani Road bis hinaus ins Energy Lab das Tempo extrem verschärft, er ist mit Sicherheit volles Risiko gegangen ist. Gerade im Mittelteil des Marathons, wo du dir noch nicht sicher bist, ob du so eine Tempoverschärfung auch wirklich durchhältst. Da hab ich wirklich aus nächster Nähe gesehen, wie viel Risiko auch er eingeht. Ich bin das Risiko nicht mit gegangen und hab mein eigenes Rennen gemacht. Alexander hat dort das Loch bis ganz nach vorne zugemacht. In den letzten Streckenabschnitten war er dann gar nicht mehr viel schneller unterwegs. Das ist halt die nötige Kaltschnäuzigkeit, die du für einen Hawaii-Sieg haben musst, auch auf die Gefahr hin, dann vielleicht auch im Energy Lab zu stehen. 

tri2b.com: Du hast grad von dem schweren Einstieg ins Aufbautraining gesprochen. Das Training ist erst mal auf Frankfurt ausgerichtet. Wo wird man Timo Bracht sonst noch am Start sehen? 
T.B. Die Saisonplanung steht schon, aber offiziell ist noch nichts bestätigt. Ich liebäugel mit ein paar Rennen. Zum Beispiel am 1. Mai der Duathlon in Oberursel und dann eventuell das Challenge Rennen in Barcelona über die Mitteldistanz. Außerdem wieder die Rennen zum Rhein-Nekar Triathlon Cup. 

tri2b.com: Zu Frankfurt. Das war eigentlich dein Rennen in den letzten Jahren. Vor zwei Jahren der Sieg, letztes Jahr Rang drei und die beste Laufzeit. Geht’s so weiter. Die Konkurrenz der Deutschen um Faris Al-Sultan will sicher auch dort hin? 
T.B. Ich habe bei Frankfurt nur positive Bilder im Kopf. Ich war Zweiter, Erster, Dritter und habe mich immer verbessert. Mit 8:16 Stunden habe ich begonnen, dann 8:09 und jetzt 8:04. Beim Marathon von 2:50 auf 2:47 und jetzt auf 2:42. Man sieht die Messlatte hängt jetzt schon sehr hoch. Das ist aber auch der Reiz, dass man jedes mal an die Grenze geht. Frankfurt ist aber noch weit weg. Momentan ist Grundlagentraining angesagt. Auch für mich fühlten sich die ersten 5 bis 6 Stunden Touren so an, als wie wenn ich lange wenig gemacht hätte. 

tri2b.com: Wie lange dauert es, bis der erste Trainingseffekt richtig spürbar ist? 
T.B. Es geht dann schon sehr schnell wieder bergauf. Nach zwei Wochen Trainingslager auf Lanzarote bin ich einige Berge schon fast wieder in der Geschwindigkeit hochgefahren, wie im vergangenen September in der Hawaii-Vorbereitung. Das ist ein gutes Zeichen, ich bin jetzt schon auf einer Niveaustufe höher, als im Jahr davor. 

tri2b.com: Du hast dich, wie gerade aufgezählt, Schritt für Schritt an die magischen acht Stunden herangearbeitet. Ist es ein Ziel für dich auch einmal einen Siebener vorne stehen zu haben? 
T.B. Am liebsten gewinne ich Rennen und da ist mir die Zeit egal. Ich gewinne auch lieber mit 8:20, als dass ich Dritter werde mit 7:58. Aber ich sag mal Schwimmen zusammen mit Wechsel 50 Minuten, dann eine 4:25 Radfahren und dann eine 2:40 rennen. Das würde mich natürlich schon reizen. Unter 8 Stunden zu machen und damit in Frankfurt zu gewinnen, das wäre schon geil. Dabei ist das Rennen in Frankfurt nicht so schnell. Die Zeiten vom letzten Jahr spiegeln nicht wieder, wie schwer der Kurs dann eigentlich doch ist. Gerade das Laufen ist schwer durch die Wellen und die Brückenübergänge. Es wäre wirklich interessant, wenn die letztjährige Frankfurt-Besetzung in einem fiktiven Rennen gegen die Roth-Besetzung Ende der Neunziger Jahre antritt. So ein Showdown wäre eine coole Sache.