Nikos Bartlogs emotionale Ironman 70.3 WM - "ich hab noch meinen Koffer in Paris"

von tri2b.com | 11.09.2018 um 12:40
Eine Teilnahme an einer Ironman 70.3 WM in einem fernen Land ist sowieso ansich schon ein großes Abenteuer. Für tri2b.com A|N Triathlonteam-Athlet Nikos Bartlog hatte das Drehbuch aber noch einige weitere unfreiwillige Spannungsmomente parat, bis endlich der erlösende Startschuss am Hobie Beach in Port Elizabeth fiel.

Los ging es für uns am Mittag des 25.08. mit dem Auto zum Flughafen nach München. Der Flieger ging zwar erst um 18.30 Uhr, aber nach einigen Vorerfahrungen auf diversen Hawaiireisen wollten wir unbedingt Stress und Ärger mit dem Gepäck vermeiden. Das Einchecken in München ging ohne Probleme und so starteten wir am Abend entspannt in Richtung Paris. Dort hatten wir 3 1/2 Stunden Aufenthalt. Also auch genügend Zeit. Schnell unser Gate gefunden und nun saßen wir da und warteten auf das Einchecken Richtung Südafrika. Ein netter Stewart bat uns ca. 1 Std vor dem Abflug zum Vor-CheckIN, da alle Familien mit Kindern extra einchecken sollten. Wir stellten uns in der Reihe an; es war alles gut. Endlich an der Reihe zeigten wir unsere Papiere und wir bekamen ein Kopfschütteln zu sehen. Auf einmal war alles anders und die Entspannung wich blankem Entsetzen. Die Kopie der Geburtsurkunde (die man für die Einreise nach Südafrikamit Kindern benötigt) wurde nicht akzeptiert, da die Stempel nicht richtig zu lesen waren. So könnten wir nach Südafrika nicht einreisen. Was für ein riesen Mist.  Wir waren entsetzt. Wir bräuchten einen Stempel von den französischen Polizeibehörden hieß es. Weiterflug erst morgen Abend möglich. Na Hurra. Es ging also schon wieder los.

 

Anreise mit ungewolltem Zwischenstop

 

Aber nun hieß es die Sache anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Das Bodenpersonal von Air France war sehr nett und sie buchten uns gleich einen Flug für den nächsten Tag, besorgten uns ein Hotel und gaben uns noch vier Lunchpakete mit Badutensilien mit. Mittlerweile waren die Kinder auch wieder glücklich, denn wir hatten ja einen kompletten Tag in Paris und da wollten wir ja immer schon mal hin.

Wir genossen also den Tag in Paris und am Abend ging es wieder zum Flughafen. Diesmal hielten die Papiere der  Prüfung der südafrikanischen Einreisebehörde  stand und so stiegen wir mit einem Tag Verspätung am 26.08. um 23 Uhr in den Flieger nach Johannisburg.  Jetzt wird alles gut; dachten wir.

 

Wenn dich die Baggage-Claim schon persönlich kennt

 

Um 10 Uhr früh, mittlerweile Montag, der 27.08. , kamen wir in Johannisburg an und gingen gleich zum Gepäckband, denn hier muss man gleich, wenn man südafrikanischen Boden betritt, mit samt seinem Gepäck durch den Zoll. Da standen wir nun und warteten und warteten und warteten. Es kam zwar Gepäck, aber nicht unseres. Kein Fahrrad, keine Kindersitze, keine Koffer. Gar nichts!!! Also los zum Air France-Schalter in Johannisburg. Hier erfuhren wir, dass unser Gepäck noch in Paris steht. Na toll. Ich hätte kotzen können.  Aber wir sollten uns keine Sorgen machen. Es sei alles kein Problem. Unser Gepäck käme am Dienstag, den 28.08. und wird uns in unsere Unterkunft geliefert. Ok. Die Stimmung war natürlich wieder etwas bedrückt, aber wir glaubten einfach mal dran.

So kamen wir dann am Montagnachmittag ohne jegliches Gepäck in unsere Unterkunft an. Wir waren alle ziemlich fertig, so dass wir erstmal alle früh ins Bett gegangen sind. Es war ja immerhin auch Wettkampfwoche und ich hatte nichts. Keine Laufschuhe, kein Schwimmutensil, geschweige denn Radschuhe oder ein Rad. So wollte ich wenigsten fit sein und nicht total müde. Unser Gepäck kommt ja auch morgen und dann kann ich ja endlich loslegen. Es ist ja noch genügend Zeit. Mit diesen Gedanken schliefen wir ein.

 

Erste DNS-Gedanken kommen auf

 

Leider kam aber am Dienstag kein Gepäck; nichts! Es kommt morgen, so sagten sie uns, na toll. Es wurde langsam richtig ärgerlich und man musste sich schon richtig beherrschen, um nicht auszuflippen. Am Mittwochabend kam dann zumindest mal mein Rad. Zum Aufbauen hat mir dann unser Vermieter Werkzeug geliehen, denn nicht mal das hatte ich ja. Aber zum Glück war das Rad zumindest unversehrt angekommen. Am Donnerstag in der Früh kaufte ich mir dann neue Laufschuhe, damit ich wenigstens mal laufen konnte, denn langsam rückte ja der Wettkampftermin auch immer näher. Normalerweise muss ich in meinen Laufschuhen Einlagen tragen, aber es sollte für 13 Km auch mal ohne gehen und so war es auch. Endlich mal wieder Sport. Es tat so gut und ich hätte 30 km laufen können um mir den ganzen Frust von der Seele zu rennen.

Um 15.30 Uhr ging es dann zur Parade der Nationen, hier wollte ich eigentlich unbedingt mitlaufen, da ich es auf Hawaii bei meine drei Teilnahmen auch noch nie gemacht hatte. Aber unter diesen Umständen hatte ich wirklich keine Lust. Hier kamen mir auch das erste Mal die Tränen und das erste Mal kam die Angst auf, gar nicht starten zu können und ich mit einem DNS (DID NOT START)  in der Ergebnisliste auftauche. Doch sehr bedrückt fuhren wir wieder in unsere Ferienwohnung. Hier begrüßten uns schon unsere Vermieter und nahmen uns erstmal in den Arm und führten uns in unser Zimmer. Und es war nicht zu glauben. Es war Donnerstag, der 30.08.  - 18 Uhr und unser Gepäck war da!!!!!!! Ok , alles außer den Kindersitzen, aber das war uns schei......egal.  Wir waren glücklich.

 

Endlich wieder Triathlet

 

Am Freitag, nach 5 Tagen!!!!!!! ohne Gepäck ging es nun endlich auf die Radstrecke. Ich war so glücklich. Auch hier hätte ich 6 Std. fahren können, riss mich aber zusammen und fuhr ca. 80 km mit einigen schnellen Parts und das Gefühl war überwältigend. Endlich war ich wieder ein Triathlet. Am Nachmittag nochmal kurz in den Indischen Ozean zum Schwimmen. Die Motivation war nun wieder voll da und ich hatte richtig Bock auf das Rennen.

Samstag, der Tag vor dem Rennen:  Ein kurzer Lauf mit 4 Steigerung a 30 sek. und dann ab zum Frauenrennen anschauen. Sonnenschein pur und ein geiles Rennen der Damen. Für mich nochmal Motivation pur. Rad einchecken, Laufsachen abgeben und ab nach Hause. Das Wetter war zwar für den nächsten Tag nicht so gut angesagt, aber hey, was hätte mir nach dieser Woche noch passieren können? Selbst wenn Hagel angesagt gewesen wäre, ich hätte mich darauf gefreut.

Um 5 Uhr am Sonntag, den 2.09.2018 klingelte der Wecker. Der erste Blick ging aus dem Fenster und es regnete ganz leicht. Kein Problem, alles gut. Nach einem kurzen Frühstück ging es nun zum Start. Im Radpark nochmal kurz den Fan gespielt und bei Frodo, Gomez und Brownlee vorbeigeschaut, Rad aufgepumpt und los ging es Richtung Schwimmstart. Um 7:30 Uhr starteten die Profis, und meine AK, 40-44 war gleich die 1. Stargruppe der Amateure. Das war richtig toll. Um 7.39 Uhr ging es dann für mich endlich los und ich hatte so richtig Lust auf dieses Rennen.

 

Was für eine Strecke und was für ein Publikum

 

Der Start in die ankommenden Wellen des Ozeans war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich machte es doch etwas besser als manch anderer und konnte so schon gleich einige Plätze gut machen.  Das Schwimmen war wundervoll. In dem 18 Grad bestens temperierten Ozean, der an diesem Morgen auch ziemlich ruhig war, kam ich super voran und ohne Probleme als 29. meine AK  aus dem Wasser. Einfach nur cool.  Es nieselte und regnete immer noch leicht, aber es war an diesem Tag bis dato auch noch sehr windstill.


Der Regen machte mir gar nichts aus und ich kam auf dem Rad sofort in meinen Rhythmus. Erst ging es ca. 2 km flach am Ufer entlang und dann ging es links den Walmer BlVd hoch, immer bergan bis zu km 16. Dann raus auf der Oceanviewroad, weiter über die Rolling Hills auf dem Highway. Das einzige, was auf der tollen Radstrecke etwas stört ist der doch sehr ruppige Straßenbelag - leicht rollen geht anders. Aber das haben ja alle gleich. Nur die Fahrräder taten mir etwas leid, da sie hier doch sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden. Aber egal. Es ging weiter mit einem knackigen Anstieg hoch zum Wendepunkt, der bei ca. km 43 lag.  Davor sollten mir aber noch die Profis entgegenkommen und ich war sehr gespannt, wie es bei denen wohl aussehen mag. War schon einer weggefahren?  Da kamen sie und sie waren alle noch zusammen. Aber schon beeindruckend mit welcher Geschwindigkeit einem die Herren da entgegen ballerten. Für mich war es nun auch interessant, den ich konnte ja das erste Mal sehen, wo ich in meiner Agegroup liegen würde. Es hatten mich zwar schon einige überholt, aber so schlimm wie befürchtet war es nicht. Und siehe da, ich lag geschätzt immer noch unter den ersten 40.  Das war für mich doch richtig top.

Nun ging es wieder zurück und so langsam, bei ca. km 60, merkte ich schon, dass ich die Hügel nicht mehr so leicht hochkam und langsam etwas müde wurde.  Aber egal. Du machst Dein Rennen dachte ich mir. Was auch wirklich schön war, dass wir durch unsere frühe Startgruppe eine freie Strecke hatten und es wirklich ein super faires Rennen war. Es war richtig klasse. So ging es dann weiter bis zur zweiten Wechselzone. Zwar überholten mich noch einige "Konkurrenten", aber als ich im Radpark ankam, waren noch sehr wenige Fahrräder da. Coole Sache, dachte ich mir.  Das Körpergefühl war auch immer noch super und ich freute mich nun auf den Lauf.

 

"Frodo, der Sauhund"

 

Ich war kaum 2 km gelaufen, da kamen sie mir auch schon entgegen. Die Männerspitze. Und wer war vorne? "Na klar, Frodo, der Sauhund", dachte ich mir. Aber mit welch einer Geschwindigkeit die hier liefen. Einfach der Wahnsinn. Toll anzuschauen. Aber auch ich wollte ja auch noch einen schönen Lauf hinlegen und es war wirklich richtig, richtig geil. Die Beine waren top, die Stimmung an der Strecke sensationell und diese gehörte auf den ersten 10 km ja wirklich noch fast alleine uns. Ein geiles Gefühl. Die Leute feuerten einen an und schrien Dich regelrecht nach vorne. Ich war hier schon so dankbar, dass alles doch noch so zu einem guten Ende gekommen war und ich an der Starlinie stehen konnte. Jedesmal als ich bei meiner Frau und den Kids vorbeikam, wurde die Stimmung bei mir nochmal gepusht. Ich wusste jetzt, dass dies ein tolles Rennen für mich werden sollte. Auf den letzten 2,5 km konnte ich das Tempo sogar nochmal etwas erhöhen und so kam ich überglücklich in einer Zeit von 4:38:51 Std. ins Ziel und konnte meine Familie überglücklich in die Arme schließen.

So hatte sich zum Glück doch noch alles zu Guten gewandt. Es war ja mittlerweile nach drei Hawaiistarts und zwei Starts bei 70.3 Weltmeisterschaften nicht meine erste WM, aber sicherlich die emotionalste die mit größter Dankbarkeit bestrittene World Championship!!!!!

Viele liebe Grüße, euer Nikos