Ironman Lanzarote Erfahrungsbericht: Es gibt immer ein erstes Mal

von Sascha Möhrs für tri2b.com | 07.07.2021 um 11:37
Als Mitglied des xc-ski.de A|N Skimarathon Teams liegt mein sportlicher Schwerpunkt eigentlich auf dem Ski-Langlauf. Doch nicht zuletzt aufgrund der Nähe zum "Schwesterteam", dem tri2b.com A|N Triathlonteam, hatte ich die letzten Jahre immer wieder mal an einem "kürzeren" Triathlon teilgenommen, sozusagen als Sommertraining für den Ski-Langlauf.

Irgendwann habe ich mir dann gesagt: eigentlich müsste ich auch mal eine Langdistanz angehen. Es ist tatsächlich so, dass ich als Jugendlicher in den 90'er Jahren eine faszinierende Doku über Hawaii gesehen hatte und ich mir schon damals gesagt hatte - bei so einer Langdistanz möchte ich mal dabei sein. Nach dem Motto "wenn nicht jetzt, wann dann?", haben sich meine Pläne schließlich vor 1-2 Jahren konkretisiert.

 

Warum nicht gleich Lanzarote?

 

Beim Überfliegen der möglichen Rennen war mir relativ schnell klar, dass es der Ironman Lanzarote werden würde, unter anderem aus einem ganz banalen Grund: irgendwie bringe ich Triathlon mit Sonne, Strand und Meer in Verbindung! Kaum war also die Registrierung möglich hatte ich mich für den Ironman Lanzarote 2020 registriert.

 

Ok, eine Pandemie, Geduld ist gefragt!

 

Doch dann kam Covid-19 und damit die Ungewissheit, ob und wann das Rennen stattfinden wird. Bis Anfang 2021 ging bekanntlicherweise gar nichts. Ich hatte bewusst auch auf Langlauf-Rennen im Winter 20/21 verzichtet, weil ich als reiner Hobbysportler nicht unnötigerweise grenzüberschreitend unterwegs sein wollte - Sport ist für mich halt nicht Alles, sondern einfach nur die schönste Nebensache der Welt.

 

Es geht wieder los :-)

 

Dieses Frühjahr kam dann glücklicherweise eine positive Nachricht nach der anderen. Berufsbedingt bildete es sich ab, dass ich einigermaßen früh geimpft werden würde und der Ironman wurde auf Anfang Juli geschoben - dass konnte für eine "sichere" Reise genau passen und die Vorfreude stieg riesig. In Absprache mit meinen Trainern Thomas und Mathias vom Ausdauernetzwerk steigerten wir mein Trainingspensum von meinen üblichen 10-14 Stunden/Woche auf 20 Stunden/Woche. Schließlich öffneten auch noch die Schwimmbäder, nach dem tristen Covid-19 Alltag konnte ich es kaum glauben, es ging mit Volldampf Richtung Lanza. Die unmittelbare Vorbereitung wurde nur noch durch die Impfungen "gestört", die dann doch zeitlich sehr nahe am Wettkampf lagen. Da waren lange Trainingspausen sowie ein Check-up beim Kardiologen absolut Pflicht.

 

Endlich der Abflug - erste Eindrücke

 

Genau eine Woche vor dem Wettkampf ging es endlich in Richtung Arrecife. Die Tage vor dem Start verbrachte ich im Club La Santa - ich kam mir vor wie im Paradies: im leeren 50 m-Pool konnte ich mir die Bahn aussuchen und auch sonst waren perfekte Trainingsbedingungen vorhanden. Außerdem war ich sehr froh, dass mich meine Eltern auf der Reise begleiteten, wir hatten sozusagen einen "Deal" gemacht: ich hatte sie für ihr Hochzeitsjubiläum zu der Reise eingeladen, dafür mussten sie mich tatkräftig unterstützen. So hatten wir zwei Tage vor dem Rennen noch Zeit die Radstrecke mit dem Auto abzufahren, darüber war ich im nachhinein extrem froh um den extrem anspruchsvollen Kurs besser einschätzen zu können.

 

Die Spannung steigt

 

Die gesamte Organisation vor und während des Rennens war wirklich perfekt. Aufgrund der Covid-19 Bestimmungen, musste man für das Abholen der Startunterlagen, dem Bike Check-In sowie Zugang zu T1 vorab einen "Time-Slot" buchen. Es gab also kaum Wartezeiten, alles lief reibungslos, vielleicht auch deshalb, weil "nur" knapp 1000 Teilnehmer am Start waren.
Da es meine erste Langdistanz war, gab es bei mir allerdings schon eine gewisse Unsicherheit, vor allem was die Wahl der Ausrüstung anging. Zum Glück standen mir Harald, Mathias und Michael per Email mit Rat und Tat zur Seite. Vor allem Michael konnte mir wertvolle Tipps bezüglich der windigen Radstrecke geben.

 

Race-Day

 

Schließlich war es soweit. Der Wecker klingelt um 4:00 Uhr morgens. Ich nehme das letzte "feste" Essen zu mir. Trotz der besten Planung schaffe ich es nie Hektik vor dem Start zu vermeiden. Meinen "Time-Slot" für den Zugang zu T1 habe ich für 5:45 Uhr, wir sind allerdings erst um 6:00 Uhr in Puerto del Carmen - eine Stunde muss jetzt reichen um fertig zu werden. Die erste Erleichterung habe ich sofort in Sicht. Es hat mein Rad nicht von der Stange geweht, ich hatte es am Vortag zum Glück fest angebunden. Luft aufpumpen, Trinkflaschen ans Rad, Computer einschalten, Gang kontrollieren, Schuhe herrichten. Es passt alles. Der obligatorische Toilettengang kann folgen - wie schön, die Schlange vor den Dixies ist nicht ganz so lang. Langsam werde ich ruhiger, weil ich nun weiß, dass ich zeitlich alles noch bequem schaffe. Ok, eine Panne musste mir natürlich noch passieren, nach dem Toilettengang ziehe ich den Neo an und gebe meine "Straßenklamotten" im weißen Kleidersack ab, kurz danach merke ich, dass ich darin meinen Pulsgurt vergessen habe. Egal, dann muss es halt ohne gehen.

Sascha Möhrs beim Schwimmausstieg  - © Finisherpix

 

Schwimmen - eine Analyse ist fällig!

 

Der Schwimmstart war dieses Jahr, auch wegen Covid-19, ein "Rolling Start". Ich hatte mich in der Gruppe mit Zielzeit 60-70 Minuten einsortiert. Der Start lief auch sehr gesittet ab, klar ein wenig Gedränge gab es bis zur ersten Wendeboje aber insgesamt konnte recht entspannt geschwommen werden. Umso mehr hat es mich gewundert, dass ich gerade in dieser Disziplin mein Ziel klar verfehlt habe. Ich bin zwar nicht der schnellste Schwimmer aber ich bewege mich gerne im Wasser und mir hat vor allem die Querung von Korsika nach Sardinien vor zwei Jahren viel Sicherheit gegeben. Naja, wie dem auch sei, mein erster Fehler war es wohl, dass ich nach der ersten Boje zu weit von der Küste weggeschwommen bin und dadurch angeblich eine günstige Strömung verpasst habe. Deshalb werde ich in Zukunft die Schwimmstrecken jeweils vorher einmal komplett abschwimmen, auch um mir selber Sichtpunkte zu suchen und nicht einfach den anderen Athleten hinterherschwimmen zu müssen. Mal abgesehen von der Orientierung fühlte ich mich eigentlich recht wohl, umso überraschter war ich, dass ich nach der Hälfte der Strecke Krämpfe bekam, erst im rechten, dann im linken Bein. Zum Glück konnte ich diese nach einiger Zeit "rausschütteln". Wie es zu den Krämpfen kam ist mir nach wie vor ein Rätsel. Wahrscheinlich war die "Kälte" mal wieder ein Thema, obwohl ich einen recht dicken Neo benutzt habe und das Wasser schon seine 19/20 C gehabt haben wird! Eventuell bin ich das Rennen einfach zu langsam angegangen. Wegen des "ruhigen" Starts hatte ich von Anfang an auf einen entspannten 2er Beinschlag gesetzt. Vielleicht hätte ich zwischendurch mal ab und zu den 6er Turbo benutzen sollen! Beim Ausstieg kam dann die Ernüchterung - anstatt der angepeilten 60-70 Minuten war ich aufgrund der Probleme 90 Minuten im Wasser gewesen und somit weit hinten im Teilnehmerfeld.

 

Es rollt gut

 

Nach dem "schlechten" Schwimmen, habe ich versucht mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. So habe ich in T1 bewusst nochmal ein wenig Zeit "investiert". Vor allem zum Aufbringen der Sonnencreme - wegen Covid-19 musste das jeder selbst machen.

Mit 190 Watt Durchschnittsleitung über die Insel - © Finisherpix

Auf dem Rad lief es dann für meine Verhältnisse von Anfang an sehr gut. Die verkrampften Beine vom Schwimmen waren wie ausgetauscht. Nach diesem "Schwimmfrust" war ich gefühlt dauerhaft auf der Überholspur und musste aufpassen, dass ich nicht "überdrehe". Eigentlich ist das Radeln eher meine Wackeldisziplin, mit meinem Radmechaniker Antoine hatte ich jedoch in den Wochen zuvor mein Rad optimiert, was die Komponenten und Position angeht. Das hat sich absolut ausgezahlt. Dass ich berghoch gut vorankomme mit meinen wenigen Kilos, war klar. In der ersten längeren Abfahrt runter nach Yaiza merkte ich jedoch, dass es auch bergab extrem gut rollt. Von Yaiza ging es schließlich die ganze Insel hoch. Ausgerechnet in die Richtung der meisten Anstiege gab es auch noch starken Gegenwind. Da war ich froh, dass es vor allem in den "Bergdörfern" Teguise und Haria richtig gute Stimmung mit Musik an der Strecke gab. Es scheint tatsächlich so, dass die ganze Insel dieses "Event" unterstützt. Der letzte größere Anstieg im Norden war an diesem Tag fantastisch, weil der Mirador del Rio in Dunst gehüllt war - es hatte etwas mystisches. Ich erinnerte mich an den Tipp von Michael, mich an dem Anstieg gut zu verpflegen, um mich dann auf die Abfahrt runter Richtung Arrieta konzentrieren zu können. Zu dem Zeitpunkt war über die Hälfte der Radstrecke geschafft und ich fühlte mich weiterhin sehr gut - das hatte definitiv auch etwas mit der perfekten Verpflegung zu tun. Ich hatte erneut die sensationelle Pampe von Caro Rauscher dabei, zusammen mit weiteren Ernährungstipps von ihr, fühlte ich mich optimal versorgt. Das letzte Drittel der Radstrecke war trotzdem nochmal zäh, der Timanfaya musste nochmal im Osten durchquert werden, wo sich mittlerweile die Hitze staute. Dann ging es endlich zurück nach Puerto del Carmen. Einen 30'er Schnitt hatte ich zwar nicht hinbekommen, trotzdem war ich mit meinen 6h25m zufrieden, die 2300 hm und der unglaubliche Wind hatten es in sich. Im Schnitt hatte ich 190 Watt getreten, was auf 180 km für mich ein sehr guter Wert ist und vor allem konnte ich nach dem schwachen Schwimmstart sehr viele Plätze gut machen.

 

Die Aufholjagd geht weiter

 

Wieder hieß es, in T2 reichlich Sonnencreme aufzutragen. Dann kam eine weitere willkommene Erleichterung: Meine Beine fühlten sich von Beginn des Laufens sehr gut an. Die erste lange Schleife konnte ich ohne Probleme in einer 4:30'er Pace laufen, obwohl es auch hier auf der ganzen Strecke und speziell am Flughafen extrem windig war. Nach längerem Grübeln entschied ich mich dann, nochmal 1-2 Minuten im Dixie zu investieren. Vielleicht hatte ich ein wenig zu viel Wasser getrunken? Wohl eher nicht, bei dem Wetter mit Hitze und Wind nahm ich natürlich jede Verpflegungsstelle mit - mindestens einen Becher Wasser über den Kopf und einen Becher zum Trinken. Nur leider war an den Verpflegungsstellen immer sehr viel los, unter anderem weil sich jeder selbst bedienen musste. Meistens musste ich sogar länger stehen bleiben, um an das begehrte Wasser zu kommen. Zum Glück hatte ich weiterhin die Pampe bei mir und musste nicht auch noch an anderen Tischen für Energiezufuhr "anstehen". Ja, die Laufstrecke hatte ich mir insgesamt einfacher vorgestellt - hatte eine relativ flache Strandpromenade im Kopf. Die Wellen im hinteren Teil, dem Playa Grande, machen sich in Runde 2 und 3 dann aber doch bemerkbar. Zum Glück war jedoch auf der gesamten Promenade ein reges Treiben, eine super Stimmung inklusive "Urlaubsflair" - die km flogen wie von alleine an mir vorbei. Da es mein erster Marathon war, wartete ich auf dieses Loch was irgendwann kommen sollte. Glücklicherweise kam es nicht, meine Pace verlangsamte sich zwar, jedoch hauptsächlich aufgrund der langsamen Verpflegungsstopps. Mit 3h23m war ich am Ende gut dabei und konnte viele weitere Plätze gutmachen.

Sascha läuft einen 3:23er Marathon - © Finisherpix

 

Das erste Mal ist geschafft … und das zweite Mal?

 

Der Ironman Lanzarote ist ein super schönes Event und für mich war es eine klasse erste Langdistanz. Klar, beim Schwimmen habe ich eine halbe Stunde verloren, trotzdem bin ich mit meinem Ergebnis absolut zufrieden. Am Ende bin ich in 11h30m durchgekommen, bin somit 33. von 128 in meiner Altersgruppe geworden.

Wird es eine weitere Langdistanz für mich geben? Das macht für mich nur Sinn mit dem Ziel mich in allen drei Disziplinen zu verbessern, ich müsste also dauerhaft mehr trainieren. Will ich diese Zeit wirklich investieren? Ich kann es noch nicht sagen, es wird sich ergeben ....

Muchos saludos desde Lanzarote

 © Sascha Möhrs