Das Element Wasser – die erste Disziplin

von Stefan Drexl für tri2b.com | 27.07.2011 um 11:02
Wie gerne möchte der Mensch sich wie ein Fisch im Wasser bewegen, doch das ist ihm aufgrund seiner anatomischen und physiologischen Voraussetzungen leider nicht möglich. Versteht man es aber die Eigenschaften des Wassers biomechanisch und physikalisch richtig für sich zu nutzen, wird man sich bald wie ein Fisch im Wasser fühlen.

Der hydrostatische Druck

 

Im Wasser treffen wir auf physikalische Eigenschaften, denen teilweise entgegen gewirkt werden muss. Andere wiederum können positiv für uns sein, vorausgesetzt wir verstehen es auch, sie biomechanisch richtig zu nutzen. Dazu zählen der statische Auftrieb und der hydrostatische Druck, denn beide wirken unmittelbar auf unseren Körper. Mit jedem Meter nimmt der Druck unter Wasser um 0,1 bar zu. Sobald man abtaucht merkt man, dass der Anpressdruck der Brille steigt, ein Druck auf unsere Ohren ist zu spüren und es braucht mehr Kraft, um durch die Nase auszuatmen. Der hydrostatische Druck hat aber auch einen positiven Effekt auf die Herzarbeit ähnlich der Kompressionsbekleidung. Im Wasser werden die oberflächennahen Venen unter der Haut komprimiert und das kohlendioxidhaltige Blut besser zu Herz und Lunge zurückgedrückt. Diese passive Unterstützung des venösen Systems entlastet das Herz, wodurch Blutdruck und Herzfrequenz niedriger als bei vergleichbarer Leistung an Land sind.

Der Auftrieb

 

Jeder kennt das, man möchte unter Wasser weit tauchen, doch es treibt einen nach einigen Metern nach oben. Dafür verantwortlich ist der statische Auftrieb, der gegen den ins Wasser getauchten Körper von unten drückt. Entspricht das eigene Körpergewicht dem der verdrängten Wassermenge, so schweben wir. Ist dies geringer ragen Kopf, Rücken und Gesäß aus dem Wasser. Meist ist das Gewicht des Körpers jedoch größer und so sinkt er. Erst die Beine, hier ist der Knochenanteil höher, während er luftgefüllte Brustkorb für Auftrieb sorgt. Es gibt aber stärkere „Sinker“ und ideale „Schweber“. Bei Letzteren sind Körpergewicht und verdrängte Wassermenge derart günstig, dass Körperschwerpunkt und Volumenmittelpunkt nah zusammen liegen. Das lässt sich einfach testen: man atmet ein und legt sich mit dem Gesicht nach unten ins Wasser, zieht die Beine angehockt unter den Bauch und greift die Unterschenkel. Der „Schweber“ bleibt unverändert an der Wasseroberfläche, während der „Sinker“ unweigerlich zu Boden sinkt.

Den statischen Auftrieb können wir leider kaum beeinflussen, erst die Bewegung im Wasser sorgt für die entsprechende Unterstützung. Der dynamische Auftrieb wird durch die Strömung erzeugt. Der Mensch macht sich im Wasser dabei den selben positiven Effekt zu nutze, wie ein Flugzeug in der Luft. Das lässt sich einfach testen: man stösst sich vom Beckenrand mit nach vorne gestreckten Armen ab und macht sich ganz lang. Die Geschwindigkeit des Körpers ermöglicht es parallel zur Wasseroperfläche zu gleiten und verhindert das Absinken der Beine. Darin liegt die Lösung, denn bei entsprechend hohem Vortrieb und hoher Schwimmgeschwindigkeit erzeugt man einen dynamischen Auftrieb. Darin liegt aber auch die größte Herausforderung, denn Ausdauer und Koordination können oft nur kurzzeitig aufrecht gehalten werden und sobald diese nachlassen, verändert sich auch die Wasserlage negativ und der Wasserwiderstand und Kraftaufwand erhöhen sich spürbar. Die saubere Technik jedoch hilft, denn bereits die richtige Stellung des Kopfes, des Beckens, ja sogar der Hand- und Armhaltung sorgen für dynamischen Auftrieb.

Der Wasserwiderstand

 

Im Wasser arbeitet man vorwiegend gegen und mit Widerständen, die es zu überwinden und sich zu nutze zu machen gilt. Nun ist der menschliche Körper nicht gerade strömungsgünstig geformt und so muss er im Wasser durch eine entsprechende Körperhaltung geringsten Widerstand bieten. Andererseits ist es wichtig mit der richtigen Technik eine große Widerstandsfläche für den Vortrieb durch Armzug und Beinschlag zu erzeugen. Um sich im Wasser vorwärts zu bewegen nutz der Schwimmer den Abstoß- oder auch Abdruckwiderstand.

Nach dem Prinzip „Actio et Reactio“ wird der menschliche Körper durch Bewegungen entgegen der Schwimmrichtung aufgrund von Widerstandskräften in Schwimmrichtung angetrieben. So erklärt sich auch der Vortrieb durch den Kraul-Armzug, der Schwimmer zieht, aufgrund der Hebelwirkung seinen Körper über die Hand und drückt sich nach vorne ab. Der Abdruck des Brust-Beinschlags funktioniert ähnlich, durch die Streckung der Beine drückt sich der Schwimmer von den Fußsohlen nach vorne. Den Abdruckwiderstand braucht es, um überhaupt vorwärts zu kommen. Um einen möglichst großen Vortrieb zu erreichen, sollten die antreibenden Abdrucksflächen möglichst groß und stets senkrecht entgegen der Schwimmrichtung gestellt sein.

Dem entgegen stellen sich eine Menge anderer Widerstandsarten, die mit steigender Geschwindigkeit des Schwimmers überproportional zunehmen. Auf längeren Schwimmstrecken ist es daher wichtig sich die Strecke und das Tempo gut einzuteilen, um nicht durch ein zu hohes Anfangstempo keine Energie mehr im späteren Streckenverlauf zu haben.

Schmal und lang machen

 

Am deutlichsten ist der Frontal- und Stirnwiderstand zu spüren. Sobald der Schwimmer die stomliniengünstige Wasserlage verändert, erhöht sich der Wasserdruck und er wird deutlich langsamer. Es reicht schon den Kopf leicht zu heben und den Blick nach vorne zu richten. Um diesen Widerstand möglichst gering zu halten, ist eine flache Wasserlage wichtig. Für den Antrieb und die Vorwärtsbewegung muss man die optimale Wasserlage natürlich oft verlassen, entscheidend ist es dann aber, sie möglichst schnell, wenn auch nur kurzzeitig, wieder einzunehmen. Sehr positive wirkt es sich daher das „schmal“ und „lang machen“ von Schultern und Armen aus. Mit Eintauchen des Armes ins Wasser und nach vorne strecken, wird auch die Schulter nach oben geschoben. Durch die Reduzierung des Widerstandes vergrößert man auch die Abdruckfläche und verlängert den Armzug.

Der Armzug erzeugt bremsende Verwirbelungen, die durch das umströmende Wasser am Arm- und Handrücken entstehen. Dieser Sog, auch Wirbelwiderstand genannt, kann durchaus nützlich sein. Hinter dem Körper bremsen die Wirbel den Vortrieb bei nicht sauberer Wasserlage allerdings. Durch die Reduzierung des Frontalwiderstands wird somit auch der Wirbelwiderstand kleiner.

Durch Verdrängung des Wassers während des Vortriebs entsteht an der Wasseroberfläche ein Wellenwiderstand. Er kostet ebenso Energie und ist etwa einen Meter unter der Wasseroberfläche am geringsten. Für den Triathleten generell nicht so sehr von Bedeutung, doch im Schwimmbad ist der Tauchzug nach Start und Wende möglichst in dieser Tiefe durchzuführen.

Der Reibungswiderstand hingegen ist nahezu zu vernachlässigen. Geringe Behaarung und entsprechend Schwimmbekleidung bzw. Neoprenanzüge reduzieren die Reibung natürlich etwas, das bewegt sich im Becken etwa im Bereich von zehntel Sekunden. Während eines Triathlons im Freiwasser zählen andere Qualitäten, die den Unterschied ausmachen. Es ist hilfreich sich bei der praktischen Umsetzung im Wasser stets an die verschiedenen Widerstandsarten zu erinnern, um die Schwimmtechnik zu verbessern. Es lässt sich erfühlen, was passiert, wenn man mit großen oder geringen Wasserwiderständen schwimmt und den Abdruckwiderstand steigert.