Daniela Ryf: Im Training musst du dran bleiben, sonst ist man weg

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 07.02.2017 um 17:32
Die Schweizerin Daniela Ryf steht vor ihrer vierten Langdistanzsaison. Als zweimalige Ironman Hawaii-Siegerin und amtierende Challenge-Roth-Siegerin geht die 29-jährige Profitriathletin in das Jahr 2017. Saisonsieg Nummer Eins hat Ryf bereits beim Rennen in Dubai eingefahren. Bei der ISPO Sportartikelmesse in München war die Schweizerin bei ihrem Ausrüster 2XU zu Gast und hat mit tri2b.com über ihre spannende Zeit seit dem zweiten Hawaii-Sieg, neuem Material, Ernährungsstrategien und die 2017er Ziele gesprochen. Wir bekamen viele, sehr interessante Antworten, nur bei der Frage zu einem möglichen Weltbestzeitversuch in Roth hielt sich Daniela Ryf noch bedeckt.

tri2b.com:  Seit deinem zweiten Hawaii-Sieg sind jetzt vier Monate vergangen. Wie verlief der Einstieg ins neue Trainingsjahr?
Daniela Ryf (D.R.): Es lief sehr gut. Nach Hawaii war eine spannende Zeit, es gab viel zu tun außerhalb des Sports und es war auch mal schön nicht jeden Tag dreimal trainieren zu müssen. Ich habe diese Zeit sehr genossen. Seit Ende November bin ich wieder im Trainingsaufbau, ich war ein paar Tage in Zypern und auch noch in Bahrain, da hatten wir unsere Teamwoche. Und ich war auch noch ein bisschen im Schnee beim Skifahren.

tri2b.com:  Sind deine Knochen gut versichert. Beim Skifahren ist schnell mal was passiert?
D.R.: Nein, meine Knochen sind nicht versichert (lacht). Klar, es kann immer was passieren. Aber ich fahre jetzt nicht mit vollem Risiko. Mein Trainer Brett Sutton ist der Meinung, dass Skifahren eine gute Abwechslung im Training ist. Ein bisschen Spaß muss auch sein. Ich fahre dafür nicht Rad, wenn es draußen eisig ist.  Im Januar war ich deshalb auch wieder in Zypern, um mich auf das erste Rennen in Dubai vorzubereiten. Es lief eigentlich gut, ich war dann zwischenzeitlich aber am Anschlag und etwas krank. Es war dann wirklich knapp mit dem Ironman 70.3 Dubai, aber es hat geklappt. Für Anfang Februar bin ich mit meiner Form sehr zufrieden und vielleicht sogar schon etwas weiter wie letztes Jahr, als ich im Februar und März dann Pause hatte.

tri2b.com:  Wie schwer ist es nach dem ganzen Rummel nach dem Hawaii-Sieg sich wieder auf das Training zu fokussieren. Kennt auch eine Daniela Ryf mal Motivationsprobleme?
D.R.: Es ist wirkliche eine Herausforderung hier die Balance zu finden. Früher hatte ich mein Studium, wo ich zum Teil in der Woche 20 bis 25 Stunden in der Schule saß,  jetzt kann ich diese Zeit für Sponsoren, Meetings und die Medien einsetzen. Es fühlt sich daher nicht so an, dass es mehr ist als früher. Es ist natürlich auch eine Frage der Organisation, mein Manager Armin Meier hilft mir da sehr viel die Termine kompakt zu halten.  Im Training muss man ganz klar dran bleiben, sonst ist man weg. Das weiß ich auch. Ich trainiere wirklich immer noch sehr sehr gerne.

tri2b.com:  Faris Al-Sultan hat einmal in einem tri2b-Interview gesagt, jeder Ironman nimmt ein Stück aus dir heraus.  Hast du das Gefühl, dass deine bisherigen drei Langdistanzjahre schon an der Substanz genagt haben?
D.R.: Das Gefühl habe ich gar nicht. Ich habe eher das Gefühl, dass meine Muskulatur stärker geworden ist. Ich schneller zurück komme, mit weniger Aufwand. Wenn ich jetzt in ein Rennen gehe, dann habe ich das Gefühl ich kann das besser wegstecken als früher in den Anfangsjahren meiner Karriere. Wichtig ist immer den Körper eben nicht kaputt zu machen und diese Grenze nicht zu überschreiten.

tri2b.com:  Das ist dir bisher gut gelungen, du warst eigentlich nie groß verletzt?
D.R.: Das stimmt. Da gehört natürlich auch immer etwas Glück dazu. Ich hoffe es geht so weiter (klopft auf den Tisch).

tri2b.com: Der Laufradhersteller DT Swiss hat zuletzt in einer Pressemitteilung die Zusammenarbeit mit dir bekannt gegeben. Dort stand auch drin, dass neben der Hawaii-Titelverteidigung auch der Angriff auf die Weltbestzeit von Chrissie Wellington in Roth ein Ziel für 2017 ist. Kannst du das so bestätigen?
D.R.: Da muss ich widersprechen. Ich habe noch nicht gesagt, dass ich in Roth starten werde. Es ist aber natürlich schon ein Ziel von mir, herauszufinden wie schnell ich werden kann.

tri2b.com: Auf deiner Website steht, Kona 2016 war das perfekte Rennen. Also 2017 noch perfekter?
D.R.: Auch Roth war im letzten Jahr schon nahezu perfekt. Das war ein Tag wo es wirklich lief, so einen Tag wünscht man sich immer. Momentan arbeite ich hart dafür wieder so einen Tag erleben zu dürfen.  

tri2b.com: Wo siehst du noch Potential zur Verbesserung. Ist es die Suche nach der optimalen Rad-Lauf-Kombi?
D.R.: Das ist schon das Ziel. Die letzten Jahre war ich auf dem Rad immer sehr schnell und beim Laufen ging es noch so einigermaßen, weil ich eben auf dem Rad schon alles gegeben hatte. Hawaii 2016 war das erste Mal, dass ich hart Rad gefahren bin und ich es geschafft habe auch im Laufen noch zu drücken. Ich habe mich im Laufen nicht generell verbessert, aber eben in der Kombination. Ich setze deshalb nicht speziell auf eine Disziplin, sondern versuche meinen Körper möglichst ausgeglichen noch fitter zu machen. Wenn mir das gelingt, dann denke ich schon das ich im Marathon in Richtung 2:48, 2:50 kommen kann.

Weltmeister am 2XU ISPO-Stand: Die zweimalige Ironman Weltmeisterin Daniela Ryf mit Daniel Unger (ITU Weltmeister 2007) und Matthias Filser von 2XU - ©tri2b.com

tri2b.com: Dein Trainer Brett Sutton hat Chrissie Wellington zu ihren drei Weltbestzeiten (2009 bis 2011; 2011: 8:18:13 Std.) geführt. Ist es nun sein Ziel auch dich dorthin zu führen?
D.R.: Da müsstest du ihn fragen. Sein Ziel ist eigentlich erreicht. Er hat mir gezeigt das ich Weltmeisterin werden kann, was ich selbst nie gedacht hätte. Brett sagt zu mir, ich soll das machen was mir Spaß macht. Er war nie ein Fan nach Rekorden zu jagen, aber er weiß auch das es mich reizt herauszufinden, wie schnell ich sein kann.

tri2b.com: Wenn es um Sekunden geht, dann spielt auch das Material eine Rolle. Du hast mit DT Swiss einen neuen Laufradausrüster und wirst auch mit 2XU die Zusammenarbeit intensivieren. Ist da noch was drin?
D.R: Wenn ich mein Material mit vor zwei Jahren vergleiche, dann hab ich da sicher was optimiert. Ich fühle mich jetzt so aufgestellt, dass ich aus mir, aus den Beinen, das Maximum herausholen kann. Wenn ich schneller werden will, dann muss ich an mir arbeiten. Aber das Material hilft natürlich die Power in Geschwindigkeit umzusetzen.  Die Sache mit DT Swiss ist sehr speziell, weil die Firma nur 30 Kilometer von meinem Schweizer Wohnort entfernt ist. Bei 2XU sind wir dran den Trisuit-Rennanzug nochmals zu optimieren, damit nichts scheuert und flattert und ich mich über acht Stunden wohl fühlen kann. Und wir schauen auch was wir im Schwimm- und Kompressionsbereich machen können. Außerdem wird es mit 2XU bald eine coole Cycling-Kollektion geben. Ich freu mich schon drauf mal wieder richtig stylisch rumzufahren. Mein letztes Jersey war da nicht so der Hingucker.

tri2b.com: Ein anderer Punkt ist die Ernährung, hier kann man das ganze Rennen verlieren. In deinen bisherigen Langdistanzrennen hast du nach außen immer den Anschein gemacht, hinsichtlich der Ernährung läuft bei dir alles glatt. Trügt der Anschein, oder hast du für dich wirklich die optimale Strategie gefunden?
D.R.: Es ist schon immer wieder eine Herausforderung. Beim Half-Ironman ist es so, dass ich vorher einfach auf das Essen schaue, du z.B. nicht ein Kilo Salat am Tag vor dem Rennen isst, denn dann hast du sicher Probleme. Beim Ironman wird wohl jeder Athlet mal eine Phase haben, wo es etwas Probleme mit der Ernährung gibt. Ich versuche einfach auf mich und den Körper zu hören. Wenn ich das Gefühl habe ich bekomme Kopfschmerzen, dann weiß ich, ich habe zu wenig getrunken. Wenn ich das Gefühl habe ich muss Pipi machen, dann muss ich etwas mehr Salz nehmen.  

tri2b.com: Du hast also keine Stoppuhr, die dir sagt, jetzt trinken, jetzt ein Gel nehmen?
D.R.: Nein, ich habe keinen fixen Ernährungsplan im Rennen. Ich verlasse mich auf mein Gefühl. Ich musste auch schon mal schnell austreten. Da verliert man halt eine halbe oder eine Minute. Wichtig ist aber vor allem, das du die Energie zu dir nimmst. Du kannst eigentlich essen was du willst, wenn du es verträgst. Wenn du die Energie verwerten kannst, dann kannst du auch die Leistung abrufen. Aber das muss wirklich jeder für sich selbst herausfinden.

tri2b.com: Wie geht es bei dir jetzt im Training weiter und wo wird man dich als nächstes an der Startlinie sehen - wenn du es schon verraten darfst?
D.R.: Ja, ich glaub das darf ich. (überlegt kurz). Im Moment bin ich zuhause, dann gehe ich nach der Ski-WM noch eine Woche nach St. Moritz und mache etwas Langlauf. Im März bin ich dann in Gran Canaria und dann geht es Anfang April zum Ironman nach Südafrika.

tri2b.com: Mit einem Finish in Port Elizabeth hättest du die Hawaii-Quali validiert und könntest am 9. Juli Roth machen?
D.R.:  Das weiß ich noch nicht (lacht). Im Sommer werde ich auf jeden Fall zum Training wieder in St. Moritz sein. Eigentlich fix auf dem Plan ist auch die Ironman 70.3 WM in Chattanooga.

tri2b.com: Vielen Dank fürs das Interview.