Challenge Roth: Patrick Lange ist der neue Triathlon-King im Frankenland

von Markus Kaiser für tri2b.com | 05.09.2021 um 14:25
Am Ende war es nur eine Frage der Zeit, bis der zweifache Hawaii-Sieger Patrick Lange bei seinem ersten Start beim DATEV Challenge Roth in Führung geht. In 7:19:19 Stunden hat der gebürtige Nordhesse die Konkurrenz deutlich hinter sich gelassen. Vor allem das mit Spannung erwartete Duell mit Sebastian Kienle, dem Hawaii-Sieger von 2014, hatte Lange am Sonntag frühzeitig für sich entschieden. Hinter Lange lief sein Teamkollege Nils Frommhold (7:30:31) auf Rang zwei, vor dem Bamberger Felix Hentschel (7:31:12).

Bei den Frauen dominierte einmal mehr Anne Haug, die in 7:53:48 Stunden mit über einer halben Stunde Vorsprung vor der Britin Laura Siddall (8:25:24) triumphierte. Rang drei ging an Siddalls Landsfrau Fenella Langridge (8:27:04), die bis kurz vor dem Ziel auf Rang zwei lag. Der Rennbericht folgt ...

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Auf den ersten Blick sieht die Siegerzeit nach einer neuen Weltbestzeit aus. Erst Mitte Juli hatte Jan Frodeno seine in Roth vor fünf Jahren aufgestellte Bestzeit (7:35:39 Stunden) um mehr als sieben Minuten verbessert und ist in 7:27:53 Stunden im Allgäu bei einem Rennen, das ausschließlich auf das Knacken der Weltbestzeit ausgelegt war, ins Ziel gekommen. Und nun war Patrick Lange in Roth noch einmal um mehr als acht Minuten schneller. Aber die Radstrecke im Landkreis Roth war in diesem Jahr aufgrund von Straßenbauarbeiten um mehr als zehn Kilometer kürzer. Deshalb kündigte selbst der Challenge-Veranstalter an, dass er die neue Weltbestzeit nicht zählen lassen wolle, wenngleich es sich bei Patrick Lange um eine "mega Leistung" gehandelt habe. Die Veranstalter betonten zudem, dass die Streckenkürzung noch im erlaubten Toleranzrahmen gelegen habe.

Als Drittschnellster kam Patrick Lange nach 47:28 Minuten hinter Philipp Nothof (startet in Startgruppe 3) aus Neckarsulm (44:48) und dem Australier Nick Kastelein (47:27) aus dem Main-Donau-Kanal an der Lände Hilpoltstein, an der in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie kaum Zuschauer zugelassen waren. Auf dem Rad ließ er dem früheren Radprofi Ruben Zepuntke vom Triathlon Team Düsseldorf das Tempo bestimmen, der die knapp 170 Kilometer durch den Landkreis Roth dominierte. Der spätere Zweite Nils Frommhold und Lange wechselten mit etwas mehr als drei Minuten Abstand. Lange stolperte beim Abstieg vom Rad über das Rad von Frommhold, das an die Helfer übergeben wurde. Nach einem kurzen Smalltalk im Wechselzelt lief Frommhold ganz knapp vor Lange aus der Wechselzone.

 

Patrick Lange: "Ich habe nicht bereut zu starten"

 

Mit großen Schritten setzte Patrick Lange Nils Frommhold ordentlich unter Druck und gab die Geschwindigkeit auf der Laufstrecke vor. Der Abstand von Lange auf Zepuntke schrumpfte Stück für Stück. Bei Kilometer 6,4 kam es schließlich schon zum Führungswechsel. Lange ließ sich anschließend das Rennen nicht mehr nehmen. "Ich habe es nicht bereut zu starten", freute er sich im Ziel, der sich vor kurzem noch massiv über die Verschiebung des Ironman auf Hawaii geärgert hatte, wo er eigentlich hatte starten wollen. "Es war die richtige Entscheidung." Roth könne er jetzt in seiner Bucket-Liste abhaken. "Ich werde jetzt mit meinem Homestay noch das eine oder andere alkoholfreie Bier trinken und vielleicht mit guten Erinnerungen an Roth wiederkommen."

Nils Frommhold, Roth-Sieger aus dem Jahr 2015, konnte zwar bis kurz nach der zweiten Wechselzone mit Patrick Lange gut mithalten, musste den inzwischen in Österreich lebenden Profi dann allerdings ziehen lassen. "Gegen Patrick kann man verlieren", sagte er im Ziel. "Das ist keine Schande." Er habe einfach draufgehalten. "Es war einfach nur ein schöner Tag. Ich habe das bekommen, was ich in letzter Zeit vermisst habe: Wir haben zusammen ein riesengroßes Triathlon-Fest gefeiert. Ich bin zufrieden mit dem zweiten Platz."

 

Überraschung des Tages war Felix Hentschel

 

Für die Überraschung des Tages sorgte allerdings ein anderer: Der Bamberger Felix Hentschel kam mit einer neuen Bestzeit über die Laufstrecke als Dritter ins Ziel. Er hat den Rekord aus dem Jahr 1997 (2:36:49 von Luc Van Lierde) gebrochen und den Marathon in 2:35:40 Stunden absolviert. "Gerechnet habe ich mit so einer Leistung nicht", sagte Hentschel, "erträumt habe ich es mir. Es war am Ende so ein bisschen eine Mischung aus Angst und Hoffnung auf den letzten zwei, drei Kilometern, dass doch noch was passieren könnte." Deshalb sei er auf dem Kopfsteinpflaster vorsichtig gelaufen und auf Nummer sicher gegangen, dass er keinen Krampf bekomme. "Heute war der größte Tag in meiner Triathlon-Karriere: Ich bin vom Rad gegangen und habe gemerkt, dass meine Beine nicht so schlecht sind." Hentschel stoß mit seinem Parforce-Lauf den Stuttgarter Felix Bahlke noch vom Podium, der ebenso als Vierter zu den positiven Überraschungen des Tages zählte.

 

Beendet Sebastian Kienle seine Karriere?

 

Für den Roth-Sieger von 2018 lief es dagegen alles andere als gut: Sebastian Kienle, vor einer Woche noch Zweiter in seinem Match beim Collins Cup in Samorin, war für Patrick Lange diesmal kein ernstzunehmender Gegner. Schon nach dem Schwimmen im Main-Donau-Kanal, bei dem er nicht einmal unter den Top Ten war, musste er auf dem Rad der Spitzengruppe hinterherfahren. Auf der zweiten Radrunde, die in diesem Jahr aufgrund von Bauarbeiten um rund zehn Kilometer verkürzt worden war, entschloss er sich schließlich in etwa bei Kilometer 97 in Heideck auszusteigen. Zwei Rennen innerhalb von zwei Wochen wecken in Roth Erinnerungen an den Start des mehrfachen Siegers Chris McCormack, der eine Woche nach dem Ironman in Frankfurt ebenfalls in Roth gestartet und frühzeitig auf der Radstrecke ausgestiegen war.

Für Kienle war es das dritte Mal, dass er bei einem Triathlon ausgestiegen ist. "Eigentlich war mir schon Ende der ersten Runde klar, dass es sehr, sehr schwierig wird", bilanzierte er nachher. "Ich bin junger Papa geworden, war vier Wochen im Höhentrainingslager. Ich habe mir schon viel Druck gemacht." Es gebe aber Tage, an denen es nicht so laufe. "Als ich Ende der ersten Runde gehört habe, dass ich zehn Minuten Rückstand habe, habe ich mir schon meine Gedanken gemacht. Ich hatte schließlich eine Achillessehnenverletzung und musste das Risiko abwägen: Wenn ich noch einmal in dem Sport eine große Rolle spielen will, muss die Sehne noch etwas halten." Hinzu kam als weiterer Grund für den Ausstieg: "Am Anfang der Radrunde bin ich falsch gefahren und habe schon einmal eine Minute verloren. Ich kenne die Radstrecke hier eigentlich, 2018 habe ich das Rennen gewonnen. Durch die kurzfristige Entscheidung, hier zu starten, hatte ich nicht mehr die Zeit, mir die Strecke noch einmal in Ruhe anzuschauen."

Seine ersten Kommentare nach seinem Ausstieg ließen sogar die Interpretation zu, dass Sebastian Kienle seine Profikarriere komplett beenden wird: "Es kommen die Jungen nach und wollen an meinem Erfolg kratzen. Ich will mich um meine Familie kümmern und wieder auftanken." In einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen relativierte er allerdings: "Das ist keine Entscheidung, die man in einer Sekunde trifft. Zum Glück habe ich ein starkes Team und eine starke Familie. Sonst hätte ich die Entscheidung sicherlich schon getroffen - und die wäre nicht gewesen weiterzumachen." Er lässt damit also offen, ob er 2022 vielleicht doch wieder in Roth startet, wo im Jahr 2010 seine Langdistanz-Karriere auch begonnen hatte.

 

Titelverteidiger Andreas Dreitz nur auf Platz 8

 

Titelverteidiger Andreas Dreitz, der schon beim Schwimmen nur Zehnter geworden ist, ist während des Marathons noch einmal eingebrochen und am Ende nur als Achter ins Ziel im Rother Stadion gekommen. "Zu Beginn der Woche hatte ich Magen-Darm-Probleme", erklärte der Oberfranke nachher. "Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt starten kann." Es sei ja vieles möglich, aber durch diese Voraussetzung keine Bestleistung über acht Stunden. "Das Schwimmen war noch solide", meint er. "Das Radfahren war taktisch geprägt. Hier waren Patrick und Nils einfach besser." Das Laufen sei anfangs noch okay gewesen. "Zwischendrin habe ich richtig gelitten, dann wieder gefangen." Am Ende müsse man aber nichts beschönigen. "Es war heute nicht mein Tag. Ich hoffe, ich darf wiederkommen nach Roth."