Kurzmeldung


Triathlontraining mit Familie: Lieber mal 20 Minuten kürzer auf´s Rad

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 09.04.2014 um 15:09
Triathlon gehört zu den Sportarten mit den höchsten Trainingsumfängen. Auch Hobbytriathleten, gerade wenn sie auf der Ironman-Distanz unterwegs sind, bürden sich oft ein Trainingspensum auf, dass beinahe ebenbürtig mit dem eines Triathlonprofis ist. Doch neben dem Sport heißt es auch noch, in Beruf und/oder Familie den "Mann" beziehungsweise die "Frau" zu stehen. Eine Belastung, die an die Grenzen oder auch darüber hinaus gehen kann. Michael Göhner, Triathlonprofi und Familienvater zweier Kinder, gibt Einblicke, wie er sich in den letzten Jahren auf diese Situation eingestellt hat.

tri2b.com: Wie schwer ist es ein umfangreiches Triathlontraining inklusive der nötigen Regeneration durchzuführen und zugleich die Familie nicht zu vernachlässigen?
Michael Göhner (M.G.): Es ist schon ein riesen Unterschied, ob man jetzt heim kommt und die Familie da ist und man sofort wieder beansprucht wird, oder ob man sich erst mal auf das Sofa setzen kann und für eine Stunde die Beine hochlegt. Aber ich sehe das für mich positiv. Wenn ich mit der Katharina und Max spiele und mit ihnen rausgehe, dann ist das für mich die Regeneration. Das ist zwar nicht die Beine hochlegen, dafür kann man sich da vielleicht mental sogar besser erholen. Entscheidend für das Gelingen ist eine gute Zeiteinteilung. Ohne gutes Zeitmanagement würde es wohl nicht klappen. Insbesondere nach harten Einheiten darf die Zeit zur Regeneration nicht vernachlässigt werden.

tri2b.com: Das tägliche Training ist für Dich als Profi Dein Job. Welchen Tipp würdet Du an Hobbytriathleten weiter geben, die das Training, den Beruf und Familie parallel händeln müssen?
M.G.: Erst mal Hut ab vor jedem Familienvater oder Mutter, die ihren Sport, den Beruf und die Familie verbinden. Mein Tipp wäre, lieber mal 20 Minuten kürzer Rad zufahren, dafür aber qualitativ hochwertiger. Und dann die dabei eingesparte Zeit in regenerative Maßnahmen stecken. Regeneration fängt ja schon beim Dehnen und Gymnastik machen an.

tri2b.com: Genau damit tun sich aber die Hobbyathleten schwer. Oft heißt es runter vom Sattel und dann stehen gleich die nächsten Aufgaben im Job oder der Familie an. Was kann man Deiner Meinung nach machen, um trotzdem das so wichtige Dehnen nicht zu vernachlässigen?
M.G.: Ich kann bewusst Einheiten mit regenerativen Inhalten, die abgekoppelt vom normalen Training sind, empfehlen. Das können zum Beispiel mal zwei Kilometer ganz lockeres Schwimmen sein, 30 Minuten locker joggen, oder ebenso ein bis eineinhalb Stunden ganz ruhiges Radfahren. Oder ich verziehe mich alternativ in den Keller und mach dort allgemeine Athletik mit Dehngymnastik. Beim Joggen ist es so, dass mich bei diesen Regenerationsläufen dann mein Sohn Max schon mit dem Fahrrad begleitet. Das passt dann ganz gut, denn davon haben beide etwas.

tri2b.com: Trotz der Vielfachbelastung wollen viele Triathleten gerne den Profis nacheifern, auch wenn es um die Trainings- und Wettkampfplanung geht. Oftmals ist es so, dass eine eng geplante Wettkampfsaison regelrecht in Stress ausartet. Wie verhält man sich nach einem Langdistanztriathlon richtig?
M.G.: Für mich steht als aller Erstes nach einem Ironman eine gute Verpflegung auf dem Plan. Die Neutralisation des Flüssigkeitshaushaltes ist besonders wichtig. Wenn es sich anbietet, dann kann man beim Rennen die Möglichkeit einer Massage annehmen. Und als Drittes unbedingt auf ausreichend Schlaf achten. Beim Training in den ersten Tage nach einer Langdistanz ist das Körpergefühl ganz, ganz wichtig. Da heißt es nach Gefühl zu trainieren und nicht nach Trainingsplan. Ein Rennen wird einmal so und ein andermal so verkraftet. Dementsprechend muss dann die Trainingsbelastung angepasst werden.

tri2b.com: Nach welchem Zeitraum kannst Du nach einem Ironman wieder qualitativ trainieren?
M.G.: Ein Ironman ist wirklich eine extreme Belastung. Da trainiere ich zwei Wochen extrem ruhig und steige dann wieder ins Grundlagentraining ein. Bei Tempoeinheiten und intensiven Sachen würde ich sehr vorsichtig sein und damit erst wieder vier Wochen nach einem Ironman anfangen. Bei einem Langdistanz-Triathlon ist es auch davon abhängig, ob man gut durchkommt oder sich extrem quälen muss. Wer sich im Rennen grad noch so auf der letzten Rille ins Ziel rettet, der wird auch nachher bei der Regeneration mehr Zeit benötigen.

tri2b.com: Was ist mit diesem Wissen von mehreren Ironman-Starts innerhalb weniger Wochen zu halten?
M.G.: Eine solche Belastung ist meiner Ansicht nach vor allem orthopädisch ein Problem. Die Wissenschaftler sagen nun mal, dass es sechs Wochen dauert, bis der Bewegungsapparat mit Bändern und Sehnen ein Ironman-Rennen verkraftet hat. Man kann sich das ja dann leicht ausrechnen. Wer alle zwei Wochen einen Ironman macht, der wird irgendwann die Rechnung in Form von Verletzungen und Überlastungserscheinungen bekommen. Auch wenn diese dann erst zeitversetzt in der nächsten Saison oder in ein paar Jahren später auftreten. Langfristig ist so eine Belastung nicht machbar.