Laktose-Intoleranz: Ein überbewertetes Krankheitskonzept?

von Susann Kräftner für tri2b.com | 09.02.2011 um 13:13
Seitdem ich mich mit Biestmilch/Colostrum beschäftige, scheint sich die Diagnose »Laktose-Intoleranz« wie eine Epidemie verbreitet zu haben. Selbstdiagnose und die Diagnose durch Ärzte scheinen - und es tut mir leid das so zu sagen - als eine einfache Ausrede für alle Arten von Magen-Darm-Funktionsstörungen so alltäglich geworden zu sein, dass man misstrauisch werden muss. Wenn Sie sich Zeit nehmen und die neueste Studien zu diesem Thema lesen, erscheinen Zweifel über die Zuverlässigkeit dieser Diagnose mehr als nur berechtigt. Verstehen Sie mich nicht falsch, es gibt keinen Zweifel, dass Menschen an Magen-Darm-Symptomen leiden, lediglich die gegebene Begründung könnte nicht zutreffen.

Das Thema ist von großer Bedeutung für Athleten, die sehr häufig aufgrund von Stress - sei er mechanisch, biochemisch oder mental - an Magen-Darm-Funktionsstörungen leiden. Mein Eindruck ist, dass diese Probleme selten angemessen analysiert und diagnostiziert werden, stattdessen voreilig entweder als Infektionen, Laktose - oder stressinduziert (sprich vegetativ) abgetan werden. Die folgenden Abschnitte können lediglich einen sehr oberflächlichen Einblick in ein komplexes Problem bieten.

Was ist eigentlich Laktose und Laktase? Eine modernere Sicht auf die Intoleranz

Soweit bekannt ist, besitzt Laktose keinen speziellen Nährwert für Erwachsene. Sie ist die wichtigste Energiequelle während des ersten Lebensjahrs und deckt fast die Hälfte des kompletten Energiebedarfs von Säuglingen. Laktose kommt in der Ernährungsindustrie vielfach zur Anwendung. Man findet sie in Süßigkeiten, Konfekten und Wurstwaren. Aufgrund ihrer physiologischen Eigenschaften – Laktose ist aufgrund ihrer Textur ein gutes Bindemittel, das Wasser und Farbe bindet. Zudem ist sie geschmacklos.
Um absorbiert zu werden, muss Laktose hydrolysiert werden. Das geschieht durch Laktase. Laktase kommt reichlich am Anfang des Dünndarms vor. Sie ist an der Spitze der Darmzotte zu finden und ist daher anfälliger für Magen-Darm-Erkrankungen, die Zellschäden verursachen (tiefer in der Zellwand sind weitere Enzyme zu finden, die andere Zucker abbauen). Man spricht von primärem Laktasemangel, wenn die Laktase-Sekretion beim Säugling nach dem Abstillen auf 10% und weniger sinkt. Angeborener Laktasemangel ist extrem selten. Sekundärer Laktasemangel oder schlechte Verdauung kann nach Operationen oder bei beschädigter Darmschleimhaut auftreten (Infektionen, Entzündungserkrankungen). An dieser Stelle kommt Biestmilch ins Spiel. Die kleinstmögliche Menge an Laktose, die Symptome auslösen könnte, ist nicht bekannt, und wäre eine sehr subjektive Empfindung. Durchschnittlich müsste eine Menge von mehreren Dutzend Gramm eingenommen werden, um Symptome hervorzurufen (so werden z.B. beim Laktosetoleranz-Test 50g eingesetzt).

Vergessen Sie nicht, dass Sie Laktose mit vielen Nahrungsmitteln zu sich nehmen!
Biestmilch hat wenig Laktose. Sie beinhaltet nur 5-7% des Laktosegehaltes der Milch. Diejenigen, die Laktose in kleinen bis moderaten Mengen ohne spürbares Unbehagen vertragen, können Biestmilch ohne Probleme nehmen. Dies gilt natürlich nur, wenn man an einer nachgewiesenen Laktose-Intoleranz leidet, die nicht Teil einer funktionellen Darmstörung ist (siehe unten). Unsere jahrelange Erfahrung hat gezeigt, dass in den meisten Fällen die Symptome der Laktose-Intoleranz abnehmen oder verschwinden. Dies kann sehr gut an dem therapeutischen Effekt von Biestmilch auf die Schleimhäute liegen. Biestmilch wirkt entzündungshemmend im Bereich aller Schleimhäute, so auch im Darm. Sie hat auch die Fähigkeit, rein funktionelle Störungen zu regulieren.

Der Darm hat nicht so viele Möglichkeiten, Symptome zu zeigen
Unabhängig von der Ursache gehören ein weicher Stuhlgang, Verstopfung, Durchfall, Bauchkrämpfe, Blähungen, Darmgeräusche, Dyspepsie etc. zu abdominellen Symptomen, ebenso eine Schmerzempfindlichkeit und Störungen der Darmmotilität.
Die Schwelle, an der Menschen mit diesen Symptomen Schmerz oder Unbehagen wahrnehmen, ist niedriger im Vergleich zu gesunden Individuen. Was unter normalen Bedingungen nicht schmerzhaft ist, wird für diese Menschen schmerzhaft. All diese Symptome können durch verschiedene Erkrankungen verursacht werden, angefangen bei Magen-Darm-Infekten bis hin zu funktionellen Störungen, wobei die Mehrheit an Magen-Darm-Funktionsstörungen leidet. Sie sind entweder chronisch oder anfallsartig ohne den Befund von strukturellen oder biochemischen Abnormitäten. Die Verbreitung von funktionellen Darmerkrankungen in der westlichen Gesellschaft ist sehr hoch. Allein 17% leiden am Reizdarmsyndrom. Die Symptome für Laktose-Intoleranz sind sehr ähnlich, wenn nicht sogar gleich.

Neuere Studien haben gezeigt, dass Probanden, die Laktose gut verdauen können, nach der Einnahme von laktosearmer bzw.laktosefreier Milch ebenso über Symptome klagten, wie Probanden die Laktose angeblich nicht verdauen können. Dies lässt darauf schließen, dass viele der bei Laktose-Unverträglichkeit auftretenden Symptome nicht mit der Fähigkeit Laktose zu verdauen in Zusammenhang stehen. Es scheint, dass das subjektive Empfinden einer Laktose-Intoleranz stark an das Vorhandensein einer funktionellen Darmregulationsstörung wie z. B. an ein Reizdarmsyndrom geknüpft ist.

Verbirgt sich hinter der Laktose-Intoleranz eine komplexere ernstere Erkrankung? Einmal anders gedacht
Laktose-Intoleranz ist keine unkomplizierte Diagnose, die allein auf einem messbaren Laktase-Defizit beruht. Ihr liegen möglicherweise komplexere regulatorische Störungen des Darms zugrunde. Zu den physiologischen Faktoren, die die Menge an abgebauter Laktose beeinflussen, gehören Magen-Darm-Transit-Zeit, Darm-Laktase-Aktivität, viszerale Sensitivität und das Vorhandensein von funktionellen Darmerkrankungen und gegebenenfalls die Zusammensetzung der Mikroflora im Dickdarm. Obenauf verändern Faktoren, welche mit dem sensorischen und zentralen Nervensystem zusammenhängen, die Wahrnehmung der Symptome. Um Ihnen eine Idee zu geben, was dies bedeutet: Erwachsene, die häufig über Bauchschmerzen in der Kindheit klagten, scheinen im späteren Leben anfälliger für die Entwicklung funktioneller Magen-Darm-Probleme zu sein.

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