Cervélo P5X Praxis-Fahrbericht: Der Hingucker auf dem Queen Kaahumanu Highway

von Harald Eggebrecht für tri2b.com |
In der Kona-Raceweek wurde das neue Cervélo P5X erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und zugleich auch sofort kontrovers diskutiert. Logischerweise, denn das P5X bricht mit vielem, was bisher bei Zeitfahrrädern Usus war. Genau dies war aber das Ziel der Cervélo-Ingenieure bei ihrer dreijährigen Entwicklungsarbeit. Sie wollten ein reines Triathlonrad entwickeln, vollkommen abgestimmt auf die Bedürfnisse der Ausdauerdreikämpfer und losgelöst vom stark einschränkenden UCI-Regelwerk. Leichte Anpassbarkeit, durchdachte Anordnung der Trinksysteme/Trinkflaschen, genügend Platz für Ernährung und Ersatzmaterial, sowie einfaches Handling bei der De-/Montage auf Reisen. Herausgekommen ist das P5X, bei dem das fehlende Sitzrohr, die Scheibenbremsen und vor allem die massive Rahmenform im Tretlagerbereich optisch hervorstechen. Wir sind das neue Cervélo Flagschiff der P-Serie in der Raceweek auf dem Queen Kaahumanu Highway Probe gefahren.

Vor einer Probefahrt steht zu allererst die Einstellung.  Die leichte und schnelle Anpassung war auch eines der Hauptanliegen von Cervélo. Sattel und Lenker können in der Tat super schnell und  auch ohne "Schrauberdiplom" angepasst und feinjustiert werden. Die Optik des Cervélo P5X erinnerte uns zu allererst an die Schwingenräder der 90er Jahre, allen voran an das Exklusiv Design Rad, dass später unter anderem unter dem Namen Total Eclipse vertrieben wurde. Ging es bei den damaligen Schwingenrädern vor allem um Dämpfung, die Schwinge federte entsprechend, so ist beim PX5 kein Federweg zu spüren. Laut der Cervélo-Ingenieure kann sich das freie Oberrohr bei entsprechender Belastung um gut einen Millimeter vertikal bewegen. Deutlich mehr nachgiebig ist da die Sattelpolsterung und der Reifen.  Dies können wir auch nach unserem Ausflug auf den Queen K-Highway bestätigen. Nachgeben tut zumindest bei 70 kg Körpergewicht definitiv nichts.

 

 

Rahmenform trotzt dem Seitenwind

 

Die ebenso sofort gestellte Frage, ist die nach der Seitenwindanfälligkeit - verständlicherweise bei so viel Rahmenfläche. Gerade in Kona bei den gefürchteten Mumuku-Winden ist dies Thema Nummer Eins. Cervélo hat bei der Entwicklung  des P5X 180 Stunden im Windkanal verbracht und auch vorab entsprechende Praxistest durchgeführt. Das Fazit der Kanadier: Der Rahmen des P5X ist nicht seitenwindanfälliger wie flächige Zeitfahrahmen in der klassischen Diamantform.  Weit größeren Einfluss hat hier die Wahl des Vorderrades.  Bei unserem Ritt durch die Lavafelder war Lavagöttin Pele relativ gnädig und der Wind blies nur mäßig. Dabei ließ sich das P5X auch im höherem Tempo in den Bergab-Passagen gut in der Aeroposition fahren.  Wie sich das Rad in extremen Windsituationen verhält, konnten wir bei unserer Testfahrt allerdings nicht simulieren.

Der dritte Punkt ist die Seitensteifigkeit. Rahmen mit fehlendem Sitzrohr werden hier oft Schwächen nachgesagt. Im Labor schneidet hier der P5X Rahmen im Bereich des Lenkkopfs  sogar um 25 Prozent besser als das normale P5 ab.  Der Steifigkeit kommen zudem auch die Steckachsen  zu Gute, die die Laufräder deutlich fester in Gabel und Ausfallenden fixieren als die klassischen Schnellspanner. Bei unserem Testride gab es hier, auch bei simulierten harten Antritten im dicken Gang, nix zu bemängeln.

 

Aerodynamik nicht Prio Nr. 1 - trotzdem im Gesamtsetup schneller als klassisches P5

 

Und wie ist es um die Aerodynamik des P5X bestellt? "Schneller als das normale P5 ist es", sagt man bei Cervélo.  Wobei hier das Komplett-Setup gemeint ist, wie man es im Rennen fährt: Das Rad bestückt mit Trinkflaschen und Ersatzmaterial, daraufhin wurde optimiert. Caroline Steffen, langjährige Cervélo-Fahrerin und in Kona vor Ort, attestiert dem PX5 die guten Aeroeigenschaften. "Es fühlt sich schnell an", erklärte uns die Schweizerin und fügt an, dass man die Sitzpositionseinstellungen vom P5 Eins zu Eins übernehmen kann.

 

 

Wie erging es den Cervélo-Profis beim Ironman Hawaii

 

Im Rennen selbst waren letzten Samstag acht  Cervélo-Athleten mit dem neuen P5X unterwegs, wobei es ihnen vom Ausrüster freigestellt wurde, ob sie mit dem neuen Rad oder dem bekannten P5 antreten.  Schnellster P5X-Mann war Frederik van Lierde auf Rang zehn. Knapp geschlagen von Ivan Rana, der noch auf einem klassischen P5 unterwegs war. Bei der Radzeit hatte aber der belgische Hawaii-Sieger von 2013 die Nase vorne.  Bei den Frauen fuhr US-Girl Sarah Piampiano das P5X als Siebte in die Top Ten.

Wir fühlten uns nach gut zwei Stunden Testfahrt auf jeden Fall immer noch sehr wohl auf Cervélos neuem Superbike und hatten das außergewöhnliche Design fast schon vergessen. Wären wir nicht beim finalen Ampelstopp an der Palani Road gleich wieder darauf angesprochen worden. Bei unser Testfahrt waren wir mit der SRAM eTap-Ausführung unterwegs. Demnächst wird das P5X auch mit einer Shimano Ultegra DI2-Austattung zu haben sein.

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Technische Details

Hersteller Cervélo
Modell P5X mit SRAM eTap
Preis 14.999.- EUR (Ultegra DI2 11.999.- EUR)
Website www.cervelo.com
Gabel Cervélo All-Carbon, P5X Gabel
Steuersatz FSA IS2 1-1/8 x 1-1/2"
Lenker Cervélo P5X Aerobar
Sattelstütze Cervélo P5X mit Ritchey Kopf
Sattel ISM PS 1.0
Schaltgriffe Sram RED eTAP Blips and RED eTAP Clics
Schaltung Sram RED eTAP, 11 Speed /11-28
Umwerfer Sram RED eTAP, Speed
Bremsen Trp Hy/Rd mit Sram S-990 Aero-Bremshebel
Bremsscheiben TRP-25 Centerlock 2-Piece Rotor 160mm
Kurbelsatz SRAM RED 52/36
Trettlager CeramicSpeed PF-30, Keramiklager
Laufräder Enve SES 7.8
Reifen Continental GP4000 S II 700 x 25c

Fotoserie: Cervélo P5X - das neue Superbike